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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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248
Nummer 50.
Den 13. November

Dem, derer ankommenden Spanier wegen, gefaßten Entschluß zu Folge,
brachen wir heute mit dem frühesten von Genua auf, und repassireten
eben den Weg, welchen wir auf der Anhero-Reise genommen, bis Novi,
woselbst wir, wegen Mangels derer Pferde bey guter Zeit das Nacht-
quartier aufschlagen musten.

Den 14 November

Passireten wir die Mäyländische, ietzt aber dem König von Sardinien
zugehörige Vestung Tortona, und nachdem wir mit dem Postmeister,
welcher uns die Cambiatur nicht geben wolte, bey dem Gouverneur
vorgestanden, auch eben keinen favorablen Ausspruch erhalten,
gieng unser Weg uber Voghera durch ein Stück des Mayländischen.
Hinter dem Städtgen Broni sind gewiße buschigte hohle Wege,
welche man les vallees de Broni nennet, vor denen wir,
als vor unsichern Orten, in Genua gewarnet worden. Wie uns denn
verschiedene verdächtig aussehende Leute mit Flinten hin und wieder
begegneten. Gott hat uns indeßen vor allem Anstoß bewahret,
und wir haben den Gebrauch der ordentlichen Mittel, nehmlich am Tage
in Italien zu reisen, und das Gewehr in guter Bereitschaft
zu halten, dabey nicht aus der Acht gelaßen, sind also Abends
gantz glücklich zu Piacenza angelanget. Die Fortification der
Stadt ist nicht zum besten unterhalten, auch nicht von Wichtigkeit.
Es lieget ein sehr schönes altes Regiement Kayserliche Cuirassiers hier
im quartier, die aber, dem Verlaut nach, wenn die Spanier ein-
rücken solten, sich nach Mantua retiriren werden. Der Gouverneur
ist der General Walseck, den wir iedoch, unsrer ietzigen Eilfertig-
keit wegen, nicht haben sprechen können.

Den 15 November

Besahen wir, unter Anführung eines sogenannten Antiquarii, fol-
gende hiesige Merckwürdigkeiten

1.) Die Statuen derer beyden Hertzoge von Parma und Piacenza
Alexandri und Rainutii IV, aus dem Hause Farnese. Jener ist der
in der Niederländischen und Frantzösischen Historie so bekante Duc de
Parma
Gouverneur derer Spanischen Niederlande, welcher mit einer
Spanischen armee denen Ligisten und besonders denen Parisern
wieder König Henrichen den IVten zu Hülffe geschicket worden.
Beyde Statuen sind von bronce zu Pferde auf das aller vortrefflichste
durch einen Florentiner gegoßen und stehen auf dem Marckt
Platz auf marmornen postamenten. Solte man an diesen
sonst ungemeinen Stücken etwas aussetzen, so scheinen die
postemente nach proportion der Statuen nicht groß genug zu seyn.

2.) Die große breite Straße, welche zum cours gebraucht wird.

248
Nummer 50.
Den 13. November

Dem, derer ankommenden Spanier wegen, gefaßten Entschluß zu Folge,
brachen wir heute mit dem frühesten von Genua auf, und repassireten
eben den Weg, welchen wir auf der Anhero-Reise genommen, bis Novi,
woselbst wir, wegen Mangels derer Pferde bey guter Zeit das Nacht-
quartier aufschlagen musten.

Den 14 November

Passireten wir die Mäyländische, ietzt aber dem König von Sardinien
zugehörige Vestung Tortona, und nachdem wir mit dem Postmeister,
welcher uns die Cambiatur nicht geben wolte, bey dem Gouverneur
vorgestanden, auch eben keinen favorablen Ausspruch erhalten,
gieng unser Weg uber Voghera durch ein Stück des Mayländischen.
Hinter dem Städtgen Broni sind gewiße buschigte hohle Wege,
welche man les vallees de Broni nennet, vor denen wir,
als vor unsichern Orten, in Genua gewarnet worden. Wie uns denn
verschiedene verdächtig aussehende Leute mit Flinten hin und wieder
begegneten. Gott hat uns indeßen vor allem Anstoß bewahret,
und wir haben den Gebrauch der ordentlichen Mittel, nehmlich am Tage
in Italien zu reisen, und das Gewehr in guter Bereitschaft
zu halten, dabey nicht aus der Acht gelaßen, sind also Abends
gantz glücklich zu Piacenza angelanget. Die Fortification der
Stadt ist nicht zum besten unterhalten, auch nicht von Wichtigkeit.
Es lieget ein sehr schönes altes Regiement Kayserliche Cuirassiers hier
im quartier, die aber, dem Verlaut nach, wenn die Spanier ein-
rücken solten, sich nach Mantua retiriren werden. Der Gouverneur
ist der General Walseck, den wir iedoch, unsrer ietzigen Eilfertig-
keit wegen, nicht haben sprechen können.

Den 15 November

Besahen wir, unter Anführung eines sogenannten Antiquarii, fol-
gende hiesige Merckwürdigkeiten

1.) Die Statuen derer beyden Hertzoge von Parma und Piacenza
Alexandri und Rainutii IV, aus dem Hause Farnese. Jener ist der
in der Niederländischen und Frantzösischen Historie so bekante Duc de
Parma
Gouverneur derer Spanischen Niederlande, welcher mit einer
Spanischen armée denen Ligisten und besonders denen Parisern
wieder König Henrichen den IVten zu Hülffe geschicket worden.
Beyde Statuen sind von bronce zu Pferde auf das aller vortrefflichste
durch einen Florentiner gegoßen und stehen auf dem Marckt
Platz auf marmornen postamenten. Solte man an diesen
sonst ungemeinen Stücken etwas aussetzen, so scheinen die
postemente nach proportion der Statuen nicht groß genug zu seyn.

2.) Die große breite Straße, welche zum cours gebraucht wird.

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[0510] 248 No 50. Den 13. Nov: Dem, derer ankommenden Spanier wegen, gefaßten Entschluß zu Folge, brachen wir heute mit dem frühesten von Genua auf, und repassireten eben den Weg, welchen wir auf der Anhero-Reise genommen, bis Novi, woselbst wir, wegen Mangels derer Pferde bey guter Zeit das Nacht- quartier aufschlagen musten. Den 14 Nov: Passireten wir die Mäyländische, ietzt aber dem König von Sardinien zugehörige Vestung Tortona, und nachdem wir mit dem Postmeister, welcher uns die Cambiatur nicht geben wolte, bey dem Gouverneur vorgestanden, auch eben keinen favorablen Ausspruch erhalten, gieng unser Weg uber Voghera durch ein Stück des Mayländischen. Hinter dem Städtgen Broni sind gewiße buschigte hohle Wege, welche man les vallees de Broni nennet, vor denen wir, als vor unsichern Orten, in Genua gewarnet worden. Wie uns denn verschiedene verdächtig aussehende Leute mit Flinten hin und wieder begegneten. Gott hat uns indeßen vor allem Anstoß bewahret, und wir haben den Gebrauch der ordentl: Mittel, nehml: am Tage in Italien zu reisen, und das Gewehr in guter Bereitschaft zu halten, dabey nicht aus der Acht gelaßen, sind also Abends gantz glückl: zu Piacenza angelanget. Die Fortification der Stadt ist nicht zum besten unterhalten, auch nicht von Wichtigkeit. Es lieget ein sehr schönes altes Regiement Kayserl: Cuirassiers hier im quartier, die aber, dem Verlaut nach, wenn die Spanier ein- rücken solten, sich nach Mantua retiriren werden. Der Gouverneur ist der General Walseck, den wir iedoch, unsrer ietzigen Eilfertig- keit wegen, nicht haben sprechen können. Den 15 Nov: Besahen wir, unter Anführung eines sogenannten Antiquarii, fol- gende hiesige Merckwürdigkeiten 1.) Die Statuen derer beyden Hertzoge von Parma und Piacenza Alexandri und Rainutii IV, aus dem Hause Farnese. Jener ist der in der Niederländischen u. Frantzösischen Historie so bekante Duc de Parma Gouverneur derer Spanischen Niederlande, welcher mit einer Spanischen armée denen Ligisten und besonders denen Parisern wieder König Henrichen den IVten zu Hülffe geschicket worden. Beyde Statuen sind von bronce zu Pferde auf das aller vortrefflichste durch einen Florentiner gegoßen und stehen auf dem Marckt Platz auf marmornen postamenten. Solte man an diesen sonst ungemeinen Stücken etwas aussetzen, so scheinen die postemente nach proportion der Statuen nicht groß genug zu seyn. 2.) Die große breite Straße, welche zum cours gebraucht wird.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/510>, abgerufen am 23.11.2024.