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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Flecken abgelegen ist, wärmten wir uns von außen auf
dem Küchen-Herd, weil kein ander Feuer im Hause war, von
innen aber durch ein Glas-Wein und ein Stück bey uns haben-
den Bologneser-Wurst, und darauf gieng es zu unserm gro-
sen Trost den Schneeberg allmählig hinunter in temperirten
Luft, welche uns auf die in Schnee und Wind zurückgelegten
14 millien gantz erquicklich war. Auf dem Dorf Ponte Centino
gehet das Päbstliche Gebiet an, und waren wir demnach er-
freuet, uns nunmehro vor den Spaniern in vollkommener
Ruhe und Sicherheit zu wißen. Wir passireten das auf
einem hohen Felsen gelegene elende Städtgen Aqua pendente,
in welchem aber nichts destoweniger eine Bischöfliche Residentz
ist, und blieben über Nacht zu Bolsena einem ebenfals
kleinen Städtgen, welches aber an dem ziemlich großen
lac gleiches Nahmens sehr lustig gelegen ist, indem die
diese See gröstentheils umgebende und mit Eich-Wäldern
bewachsene Berge ein angenehmes amphitheatrum formi-
ren. Es sahe hier in unserm Quartier zwar wüste und
windig aus, und wurde in den Eß-Saal das Heu vor die
Pferde oden durch die Decke herüber geworffen; doch hatten
wir gut Feuer und gantz gutes, obwol etwas knap zuge-
schnittenes Eßen. Von gedachtem Lago di Bolsena ist noch
zu gedencken, daß in demselben 2 Insuln liegen, auf
deren eine Nahmens Martana die bekannte Amalasunta,
des Gothischen Königs Theodorici Tochter, relegiret und daselbst
von ihrem Vetter Theodato, den sie zum Mit-Regenten an-
genommen, ums Leben gebracht worden.

Den 30 November

Früh passireten wir das wegen des Weins berühmte Städtgen
Monte Fiascone auf der Höhe, und ferner das in einem
Thal gelegene Viterbo, da wir zwar an jenem Ort die be-
kante Grabschrifft est, est, est, und an diesem die Inscription
das Geschencke der Gräfin Mathildis ihrer Lande an den
Päbstlichen Stuhl betreffend, auch sonst noch einiges zur historia
medi aevi gehoriges hätten in Augenschein nehmen können
und wollen. Weil es aber nur Inscriptiones sind, die man
schon aus Büchern weiß, und wir uns vor einem schlechten
Nacht-Quartier fürchteten; so gieng es so geschwinde als
möglich den hohen [unleserliches Material]Berg hinter der Stadt, auf welchem abermal

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Flecken abgelegen ist, wärmten wir uns von außen auf
dem Küchen-Herd, weil kein ander Feuer im Hause war, von
innen aber durch ein Glas-Wein und ein Stück bey uns haben-
den Bologneser-Wurst, und darauf gieng es zu unserm gro-
sen Trost den Schneeberg allmählig hinunter in temperirten
Luft, welche uns auf die in Schnee und Wind zurückgelegten
14 millien gantz erquicklich war. Auf dem Dorf Ponte Centino
gehet das Päbstliche Gebiet an, und waren wir demnach er-
freuet, uns nunmehro vor den Spaniern in vollkommener
Ruhe und Sicherheit zu wißen. Wir passireten das auf
einem hohen Felsen gelegene elende Städtgen Aqua pendente,
in welchem aber nichts destoweniger eine Bischöfliche Residentz
ist, und blieben über Nacht zu Bolsena einem ebenfals
kleinen Städtgen, welches aber an dem ziemlich großen
lac gleiches Nahmens sehr lustig gelegen ist, indem die
diese See gröstentheils umgebende und mit Eich-Wäldern
bewachsene Berge ein angenehmes amphitheatrum formi-
ren. Es sahe hier in unserm Quartier zwar wüste und
windig aus, und wurde in den Eß-Saal das Heu vor die
Pferde oden durch die Decke herüber geworffen; doch hatten
wir gut Feuer und gantz gutes, obwol etwas knap zuge-
schnittenes Eßen. Von gedachtem Lago di Bolsena ist noch
zu gedencken, daß in demselben 2 Insuln liegen, auf
deren eine Nahmens Martana die bekannte Amalasunta,
des Gothischen Königs Theodorici Tochter, relegiret und daselbst
von ihrem Vetter Theodato, den sie zum Mit-Regenten an-
genommen, ums Leben gebracht worden.

Den 30 November

Früh passireten wir das wegen des Weins berühmte Städtgen
Monte Fiascone auf der Höhe, und ferner das in einem
Thal gelegene Viterbo, da wir zwar an jenem Ort die be-
kante Grabschrifft est, est, est, und an diesem die Inscription
das Geschencke der Gräfin Mathildis ihrer Lande an den
Päbstlichen Stuhl betreffend, auch sonst noch einiges zur historia
medi aevi gehoriges hätten in Augenschein nehmen können
und wollen. Weil es aber nur Inscriptiones sind, die man
schon aus Büchern weiß, und wir uns vor einem schlechten
Nacht-Quartier fürchteten; so gieng es so geschwinde als
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[0544] 265 Flecken abgelegen ist, wärmten wir uns von außen auf dem Küchen-Herd, weil kein ander Feuer im Hause war, von innen aber durch ein Glas-Wein und ein Stück bey uns haben- den Bologneser-Wurst, und darauf gieng es zu unserm gro- sen Trost den Schneeberg allmählig hinunter in temperirten Luft, welche uns auf die in Schnee und Wind zurückgelegten 14 millien gantz erquicklich war. Auf dem Dorf Ponte Centino gehet das Päbstl: Gebiet an, und waren wir demnach er- freuet, uns nunmehro vor den Spaniern in vollkommener Ruhe und Sicherheit zu wißen. Wir passireten das auf einem hohen Felsen gelegene elende Städtgen Aqua pendente, in welchem aber nichts destoweniger eine Bischöfl: Residentz ist, und blieben über Nacht zu Bolsena einem ebenfals kleinen Städtgen, welches aber an dem ziemlich großen lac gleiches Nahmens sehr lustig gelegen ist, indem die diese See gröstentheils umgebende und mit Eich-Wäldern bewachsene Berge ein angenehmes amphitheatrum formi- ren. Es sahe hier in unserm Quartier zwar wüste und windig aus, und wurde in den Eß-Saal das Heu vor die Pferde oden durch die Decke herüber geworffen; doch hatten wir gut Feuer und gantz gutes, obwol etwas knap zuge- schnittenes Eßen. Von gedachtem Lago di Bolsena ist noch zu gedencken, daß in demselben 2 Insuln liegen, auf deren eine Nahmens Martana die bekannte Amalasunta, des Gothischen Königs Theodorici Tochter, relegiret und daselbst von ihrem Vetter Theodato, den sie zum Mit-Regenten an- genommen, ums Leben gebracht worden. Den 30 Novembr: Früh passireten wir das wegen des Weins berühmte Städtgen Monte Fiascone auf der Höhe, und ferner das in einem Thal gelegene Viterbo, da wir zwar an jenem Ort die be- kante Grabschrifft est, est, est, und an diesem die Inscription das Geschencke der Gräfin Mathildis ihrer Lande an den Päbstl: Stuhl betreffend, auch sonst noch einiges zur historia medi aevi gehoriges hätten in Augenschein nehmen können und wollen. Weil es aber nur Inscriptiones sind, die man schon aus Büchern weiß, und wir uns vor einem schlechten Nacht-Quartier fürchteten; so gieng es so geschwinde als möglich den hohen Berg hinter der Stadt, auf welchem abermal

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/544>, abgerufen am 23.11.2024.