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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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trefliches antiques Stück vorhanden, welches anderwärts unter denen
Römischen ruinen gefunden und hieher gesetzet worden, nehmlich ein
grau und weißer runder Marmor-Stein, der einer queren
Hand Dicke ist, und 4 starcke Spannen im diameter hat. Auf der
einen Seite dieses Steins ist ein Gesicht mit einem Bart und
Haaren en bas relief zu sehen, welches die gantze Fläche des Steins
einnimmt. Die Augen, die Nasen-Löcher und der Mund sind gantz
durch den Marmor durch gearbeitet und mithin durchsichtig. Die
gemeine Tradition ist, wird auch durch eine auf die Wand ge-
schriebene lateinische Inscription bestärcket, daß die Heiden den
Reinigungs-Eid bey diesem Gesichte abgeleget und die Schwöhrenden
ihre rechte Hand in gedachten Mund gestecket, in der abergläubi-
schen Meinung, daß in dem Fall eines Meineides der Mund
sich zu schließen, und die Hand gleichsam gefangen halten
werde. Es ist aber von diesem Vorgeben in der Römischen Anti-
quitaet keine Spur zu finden, und viel wahrscheinlicher, daß
oft gedachtes Gesichte den Oceanum vorstelle, und der gantze Stein
zu Zeiten der Römer etwan zu Verzierung einer Cloac oder
eines andern Waßerlaufs aufgesetzet gewesen, und daß das
Waßer durch die bemeldten Oeffnungen hindurch gelauffen.
In eben der Vorhalle dieser Kirche, darinn gedachte Antiquitaet
stehet, siehet man auch ein Grabmal von Marmor mit folgen-
den lateinischen Versen:

Vir probus Alsanus, cernens quam cuncta perirent,
Hoc sibi Sarcofagum statuit, ne totus obiret.
Fabrica delectat, pollet quia penitus extra;
Sed monet interius, quia post haec tristia restant.
Daß die Latinität schon gar schlecht sey, fält gleich in die Augen;
die theologie dieses Mannes aber zu beurtheilen, überläst man
denen Lesern.

Die berühmte Begräbniß-Pyramide des Cestii, welcher zu An-
fang der Regierung Kaysers Augusti gestorben. Das corps des
Gebäudes ist von Ziegeln, auswendig aber mit quader-Stücken
von feinem Marmor überzogen, und stehet halb dißeit, und
halb ienseit der Römischen Stadt-Mauren. Von denen 4 Marmor-
Säulen, welche auf denen 4 Ecken gestanden, sind nur noch die
2 innerhalb der Mauer übrig. Das inwendige, welches en fresco
ausgemahlet ist, haben wir nicht besehen können, weil es wegen
des bisherigen starcken Regens voller Waßer war.

Die große Pauli Kirche vor der Stadt, deren vornehmste Zierde in

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trefliches antiques Stück vorhanden, welches anderwärts unter denen
Römischen ruinen gefunden und hieher gesetzet worden, nehmlich ein
grau und weißer runder Marmor-Stein, der einer queren
Hand Dicke ist, und 4 starcke Spannen im diameter hat. Auf der
einen Seite dieses Steins ist ein Gesicht mit einem Bart und
Haaren en bas relief zu sehen, welches die gantze Fläche des Steins
einnimmt. Die Augen, die Nasen-Löcher und der Mund sind gantz
durch den Marmor durch gearbeitet und mithin durchsichtig. Die
gemeine Tradition ist, wird auch durch eine auf die Wand ge-
schriebene lateinische Inscription bestärcket, daß die Heiden den
Reinigungs-Eid bey diesem Gesichte abgeleget und die Schwöhrenden
ihre rechte Hand in gedachten Mund gestecket, in der abergläubi-
schen Meinung, daß in dem Fall eines Meineides der Mund
sich zu schließen, und die Hand gleichsam gefangen halten
werde. Es ist aber von diesem Vorgeben in der Römischen Anti-
quitaet keine Spur zu finden, und viel wahrscheinlicher, daß
oft gedachtes Gesichte den Oceanum vorstelle, und der gantze Stein
zu Zeiten der Römer etwan zu Verzierung einer Cloac oder
eines andern Waßerlaufs aufgesetzet gewesen, und daß das
Waßer durch die bemeldten Oeffnungen hindurch gelauffen.
In eben der Vorhalle dieser Kirche, darinn gedachte Antiquitaet
stehet, siehet man auch ein Grabmal von Marmor mit folgen-
den lateinischen Versen:

Vir probus Alsanus, cernens quam cuncta perirent,
Hoc sibi Sarcofagum statuit, ne totus obiret.
Fabrica delectat, pollet quia penitus extra;
Sed monet interius, quia post haec tristia restant.
Daß die Latinität schon gar schlecht sey, fält gleich in die Augen;
die theologie dieses Mannes aber zu beurtheilen, überläst man
denen Lesern.

Die berühmte Begräbniß-Pyramide des Cestii, welcher zu An-
fang der Regierung Kaysers Augusti gestorben. Das corps des
Gebäudes ist von Ziegeln, auswendig aber mit quader-Stücken
von feinem Marmor überzogen, und stehet halb dißeit, und
halb ienseit der Römischen Stadt-Mauren. Von denen 4 Marmor-
Säulen, welche auf denen 4 Ecken gestanden, sind nur noch die
2 innerhalb der Mauer übrig. Das inwendige, welches en fresco
ausgemahlet ist, haben wir nicht besehen können, weil es wegen
des bisherigen starcken Regens voller Waßer war.

Die große Pauli Kirche vor der Stadt, deren vornehmste Zierde in

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[0584] 285 trefliches antiques Stück vorhanden, welches anderwärts unter denen Röml: ruinen gefunden und hieher gesetzet worden, nehmlich ein grau und weißer runder Marmor-Stein, der einer queren Hand Dicke ist, und 4 starcke Spannen im diameter hat. Auf der einen Seite dieses Steins ist ein Gesicht mit einem Bart und Haaren en bas relief zu sehen, welches die gantze Fläche des Steins einnimmt. Die Augen, die Nasen-Löcher und der Mund sind gantz durch den Marmor durch gearbeitet und mithin durchsichtig. Die gemeine Tradition ist, wird auch durch eine auf die Wand ge- schriebene lateinl: Inscription bestärcket, daß die Heiden den Reinigungs-Eid bey diesem Gesichte abgeleget und die Schwöhrenden ihre rechte Hand in gedachten Mund gestecket, in der abergläubi- schen Meinung, daß in dem Fall eines Meineides der Mund sich zu schließen, und die Hand gleichsam gefangen halten werde. Es ist aber von diesem Vorgeben in der Röml: Anti- quitaet keine Spur zu finden, und viel wahrscheinlicher, daß oft gedachtes Gesichte den Oceanum vorstelle, und der gantze Stein zu Zeiten der Römer etwan zu Verzierung einer Cloac oder eines andern Waßerlaufs aufgesetzet gewesen, und daß das Waßer durch die bemeldten Oeffnungen hindurch gelauffen. In eben der Vorhalle dieser Kirche, darinn gedachte Antiquitaet stehet, siehet man auch ein Grabmal von Marmor mit folgen- den lateinischen Versen: Vir probus Alsanus, cernens quam cuncta perirent, Hoc sibi Sarcofagum statuit, ne totus obiret. Fabrica delectat, pollet quia penitus extra; Sed monet interius, quia post haec tristia restant. Daß die Latinität schon gar schlecht sey, fält gleich in die Augen; die theologie dieses Mannes aber zu beurtheilen, überläst man denen Lesern. Die berühmte Begräbniß-Pyramide des Cestii, welcher zu An- fang der Regierung Kaysers Augusti gestorben. Das corps des Gebäudes ist von Ziegeln, auswendig aber mit quader-Stücken von feinem Marmor überzogen, und stehet halb dißeit, und halb ienseit der Röml: Stadt-Mauren. Von denen 4 Marmor- Säulen, welche auf denen 4 Ecken gestanden, sind nur noch die 2 innerhalb der Mauer übrig. Das inwendige, welches en fresco ausgemahlet ist, haben wir nicht besehen können, weil es wegen des bisherigen starcken Regens voller Waßer war. Die große Pauli Kirche vor der Stadt, deren vornehmste Zierde in

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/584>, abgerufen am 26.11.2024.