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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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haben soll. Wie denn auch der Sarg dieser großen Princessin aus
ihrem Begräbniß ex via Lavicana vom Pabst Anastasio IV hieher
transportiret worden. Es ist derselbe 4eckigt und ungemein
groß aus einem Stück |:iedoch den Deckel ausgenommen:| gearbeitet, von rothem
porphyr, mit sehr starcken aber schlecht gearbeiteten bas relief
gezieret. Weil nun solches lauter Reuter, und gar nichts christli-
ches vorstellet, so solte man fast an der avthentic dieses Stücks
zweifeln. Das aller curioseste aber in diesem Creutz-Gange,
sind die Welt beruffnen Stühle, deren man sich seit dem Un-
glücks-Fall der Päbstin Johanna bey denen Wahlen der Päbste
auf die bekante Weise bedienet haben soll. Beyde sind einander
vollkommen gleich von rothem porphyr aus einem Stück ge-
hauen, haben hinten, zu bequemer Anlegung des Rückens,
rund ausgehauene Lehnen, deren eine iedoch abgebrochen ist, die
Sitze aber sind also durchschnitten.

[Abbildung]
Die dispute über besagte Johannam und über diese Stühle ist viel zu
weitläuffig, als daß man sich hier darauf einlaßen könte. Indeßen
haben die Verfechter der gemeinen Meinung wenigstens auch diese
Umstände als ein argument vor sich, daß gedachte Stühle 1) in loco
Sacro stehen, 2) auf einer steineren Erhöhung dergestalt placiret
sind, daß sie zwischen sich den dritten Stuhl in der Mitte haben.
Dieser dritte Stuhl stehet noch eine Stufe höher, und ist von weißem
Marmor, der Sitz deßelben aber nicht durchschnitten. Alle 3 auf
gedachte Weise neben einander stehende Stühle haben ein altväterisch
Säulen-Werck in die Mauer gesetzt hinter sich, welches gleich der
gantzen Erhöhung, darauf sie stehen, mit mosaique bekleidet ist,
und accurat so aussiehet, als sich die Rück-Lehnen derer Thronen
auf denen Sigillis der mittlern Zeit praesentiren. Angezeigte
Umstände nun machen wohl sehr wahrscheinlich, daß dieses Gestühle von
denen Päbsten würcklich gebrauchet worden, und der Augenschein kan
einen leicht auf die Vorstellung führen, daß der Electus zuerst auf
einem derer vorbeschriebenen Neben-Stühle geseßen, und sodann,
wenn er hier abgefertiget gewesen, den mittelsten Stuhl bestiegen
habe. Vielleicht wäre die allerleidlichste, und keinen Theil zu viel
thuende Deutung hiervon folgende, daß nehmlich die beyden Neben-Stühle
ordentliche chaises percees vorstellen sollen, welche dem auf seinem
Thron sitzenden neu erwählten Pabst deswegen auf beyden Seiten gesetzet

haben soll. Wie denn auch der Sarg dieser großen Princessin aus
ihrem Begräbniß ex via Lavicana vom Pabst Anastasio IV hieher
transportiret worden. Es ist derselbe 4eckigt und ungemein
groß aus einem Stück |:iedoch den Deckel ausgenommen:| gearbeitet, von rothem
porphyr, mit sehr starcken aber schlecht gearbeiteten bas relief
gezieret. Weil nun solches lauter Reuter, und gar nichts christli-
ches vorstellet, so solte man fast an der avthentic dieses Stücks
zweifeln. Das aller curioseste aber in diesem Creutz-Gange,
sind die Welt beruffnen Stühle, deren man sich seit dem Un-
glücks-Fall der Päbstin Johanna bey denen Wahlen der Päbste
auf die bekante Weise bedienet haben soll. Beyde sind einander
vollkommen gleich von rothem porphyr aus einem Stück ge-
hauen, haben hinten, zu bequemer Anlegung des Rückens,
rund ausgehauene Lehnen, deren eine iedoch abgebrochen ist, die
Sitze aber sind also durchschnitten.

[Abbildung]
Die dispute über besagte Johannam und über diese Stühle ist viel zu
weitläuffig, als daß man sich hier darauf einlaßen könte. Indeßen
haben die Verfechter der gemeinen Meinung wenigstens auch diese
Umstände als ein argument vor sich, daß gedachte Stühle 1) in loco
Sacro stehen, 2) auf einer steineren Erhöhung dergestalt placiret
sind, daß sie zwischen sich den dritten Stuhl in der Mitte haben.
Dieser dritte Stuhl stehet noch eine Stufe höher, und ist von weißem
Marmor, der Sitz deßelben aber nicht durchschnitten. Alle 3 auf
gedachte Weise neben einander stehende Stühle haben ein altväterisch
Säulen-Werck in die Mauer gesetzt hinter sich, welches gleich der
gantzen Erhöhung, darauf sie stehen, mit mosaique bekleidet ist,
und accurat so aussiehet, als sich die Rück-Lehnen derer Thronen
auf denen Sigillis der mittlern Zeit praesentiren. Angezeigte
Umstände nun machen wohl sehr wahrscheinlich, daß dieses Gestühle von
denen Päbsten würcklich gebrauchet worden, und der Augenschein kan
einen leicht auf die Vorstellung führen, daß der Electus zuerst auf
einem derer vorbeschriebenen Neben-Stühle geseßen, und sodann,
wenn er hier abgefertiget gewesen, den mittelsten Stuhl bestiegen
habe. Vielleicht wäre die allerleidlichste, und keinen Theil zu viel
thuende Deutung hiervon folgende, daß nehmlich die beyden Neben-Stühle
ordentliche chaises percées vorstellen sollen, welche dem auf seinem
Thron sitzenden neu erwählten Pabst deswegen auf beyden Seiten gesetzet

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/587>, abgerufen am 27.11.2024.