Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].327 als ob Canonen unter der Erde gelöset würden; so schloßenunsre Begleiter daraus, daß der Berg in kurtzen wieder Feuer speyen werde. Gedachter Rauch komt nicht nur, wie man sich insgemein einbildet, aus einer Oeffnung allein heraus, sondern die hohen Ufer des tiefen Grabens und die untere Fläche deßelben rauchen an sehr vielen Orten, auch sind die Oeffnungen, durch welche der Rauch hervor gehet, theils kaum sichtbar, theils gantz klein, und soll die allergröste, welche unten an dem obbeschriebenen höheren und spitzeren Theil des Berges ist, nur einen Fuß ins gerierte haben. Weil unsre Führer bedencklich hielten, uns oben auf dem Rande des gantzen Grabens herum zu führen, da man bey dem groben Aschen-Sande keinen gewißen Tritt thun, und also leicht bey denen abrupten Ufern in das precipive hinunter fallen kan; so resolvireten wir bis auf die Helffte in diesen Schmeltz-Ofen hinab zu steigen, folglich zwischen der treibenden Curiositaet, und der allzu scrupu- losen Vorsichtigkeit den Mittel-Weg zu gehen. Die passage zum hinunter steigen, welche der in No 62. erwehnete Marchese Cartigliac zuerst eröffnet hat, ist ziemlich zähe, und dabey grob-sandig und schuttig, man empfindet auch bey Durchwanderung dieses Aschen-Sandes eine, iedoch nicht bren- nende Wärme. An dem Ort, wo wir stehen blieben, war ein Rauch-Loch zwischen etlichen aus dem Schutt hervor stechenden großen Steinen, in deßen Oeffnung eine starcke Faust gantz bequem hinein gestecket werden konnte. Der Rauch schoß nicht mit solcher blasenden Gewalt heraus, roch auch nicht so dämpfend und wiederlich, als in der Solfatara, noch weniger befeuchtete derselbe die Hand oder was man sonst davor hielt, und behaupteten unsre Führer, daß er vor das Kopf-Weh sehr gut sey. Wenigstens haben wir, da der Wind uns in denselben verschiedene mal gleichsam einhüllete, nicht die geringste incommoditaet davon verspühret, obschon in dem Loch selbst die Hitze nicht geringe war, und man die Hand nicht lange darinn laßen konte. Als wir uns mit denen Ohren an diese Oeffnung legeten, höreten wir ein gewaltiges rauschen u. brausen, 327 als ob Canonen unter der Erde gelöset würden; so schloßenunsre Begleiter daraus, daß der Berg in kurtzen wieder Feuer speyen werde. Gedachter Rauch komt nicht nur, wie man sich insgemein einbildet, aus einer Oeffnung allein heraus, sondern die hohen Ufer des tiefen Grabens und die untere Fläche deßelben rauchen an sehr vielen Orten, auch sind die Oeffnungen, durch welche der Rauch hervor gehet, theils kaum sichtbar, theils gantz klein, und soll die allergröste, welche unten an dem obbeschriebenen höheren und spitzeren Theil des Berges ist, nur einen Fuß ins gerierte haben. Weil unsre Führer bedencklich hielten, uns oben auf dem Rande des gantzen Grabens herum zu führen, da man bey dem groben Aschen-Sande keinen gewißen Tritt thun, und also leicht bey denen abrupten Ufern in das precipive hinunter fallen kan; so resolvireten wir bis auf die Helffte in diesen Schmeltz-Ofen hinab zu steigen, folglich zwischen der treibenden Curiositaet, und der allzu scrupu- losen Vorsichtigkeit den Mittel-Weg zu gehen. Die passage zum hinunter steigen, welche der in No 62. erwehnete Marchese Cartigliac zuerst eröffnet hat, ist ziemlich zähe, und dabey grob-sandig und schuttig, man empfindet auch bey Durchwanderung dieses Aschen-Sandes eine, iedoch nicht bren- nende Wärme. An dem Ort, wo wir stehen blieben, war ein Rauch-Loch zwischen etlichen aus dem Schutt hervor stechenden großen Steinen, in deßen Oeffnung eine starcke Faust gantz bequem hinein gestecket werden konnte. Der Rauch schoß nicht mit solcher blasenden Gewalt heraus, roch auch nicht so dämpfend und wiederlich, als in der Solfatara, noch weniger befeuchtete derselbe die Hand oder was man sonst davor hielt, und behaupteten unsre Führer, daß er vor das Kopf-Weh sehr gut sey. Wenigstens haben wir, da der Wind uns in denselben verschiedene mal gleichsam einhüllete, nicht die geringste incommoditaet davon verspühret, obschon in dem Loch selbst die Hitze nicht geringe war, und man die Hand nicht lange darinn laßen konte. 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als ob Canonen unter der Erde gelöset würden; so schloßen
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sich insgemein einbildet, aus einer Oeffnung allein heraus,
sondern die hohen Ufer des tiefen Grabens und die untere
Fläche deßelben rauchen an sehr vielen Orten, auch
sind die Oeffnungen, durch welche der Rauch hervor gehet, theils
kaum sichtbar, theils gantz klein, und soll die allergröste,
welche unten an dem obbeschriebenen höheren und spitzeren
Theil des Berges ist, nur einen Fuß ins gerierte haben.
Weil unsre Führer bedencklich hielten, uns oben auf dem
Rande des gantzen Grabens herum zu führen, da man
bey dem groben Aschen-Sande keinen gewißen Tritt thun,
und also leicht bey denen abrupten Ufern in das precipive
hinunter fallen kan; so resolvireten wir bis auf die
Helffte in diesen Schmeltz-Ofen hinab zu steigen, folglich
zwischen der treibenden Curiositaet, und der allzu scrupu-
losen Vorsichtigkeit den Mittel-Weg zu gehen. Die passage
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und dabey grob-sandig und schuttig, man empfindet auch bey
Durchwanderung dieses Aschen-Sandes eine, iedoch nicht bren-
nende Wärme. An dem Ort, wo wir stehen blieben, war
ein Rauch-Loch zwischen etlichen aus dem Schutt hervor
stechenden großen Steinen, in deßen Oeffnung eine
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Der Rauch schoß nicht mit solcher blasenden Gewalt heraus,
roch auch nicht so dämpfend und wiederlich, als in der
Solfatara, noch weniger befeuchtete derselbe die Hand
oder was man sonst davor hielt, und behaupteten unsre
Führer, daß er vor das Kopf-Weh sehr gut sey. Wenigstens
haben wir, da der Wind uns in denselben verschiedene
mal gleichsam einhüllete, nicht die geringste incommoditaet
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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