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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Die Apostel-Kirche ist mit Marmor gantz schön ausgesetzt, und die Decke
von Lanfranco gemahlt. Zwey Altäre von weißem Marmor,
an deren einem das Gemählde von mosaique ist, sind mit Statuen
und bas reliefs treflich versehen, und das sogenannte Tabernacul
auf dem Haupt-Altar ist wegen der pretieusen Steine sehr kostbar.
Andere geringere Kirchen übergehen wir mit Stillschweigen.

Uberhaupt von der Stadt Neapolis
noch etwas zu gedencken, so ist dieselbe groß, volckreich und lebhaft,
das gemeine Volck aber so wild und ungezogen, daß diese Lebhaftigkeit
einem beständigen Tumult ähnlich siehet. Die Häuser sind gröstentheils
hoch und massiv, und haben platte Dächer, welche mit einem Aesterich
übergoßen u. mit Brust-Mauren eingefast sind, daß man darauf
spatzieren gehen kan. Viele Gaßen, sonderl: die von Toledo, sind
breit und mit 4eckten schwartzen Steinen wohl gepflastert, werden
aber durch die vielen Buden von Victualien verstellet, wie denn
auch die häuffigen balcons an denen Häusern, welche zum Theil
wie Käse-Körbe mit Gitterwerck vermacht sind, nicht das beste An-
sehen geben. Unter allen Gebäuden ist das königl: Palais das
moderneste, überhaupt aber, was die Palais anlanget, unserm
Bedüncken nach, Rom der hiesigen Stadt weit vor zu ziehen.
Auf denen Plätzen findet man hin u. wieder sehr schöne Brunnen
von weißem Marmor. Von denen 4 Castellen, welche die
Stadt defendiren, lieget das eine nehml: S. Elmo auf dem Berge,
die übrigen 3 aber nehml: castel novo, castel novo und castel
del carmine liegen unten an der See. Sie sind alle a l'antique
bloß mit starckem Mauerwerck erbauet. Der Hafen soll
bey weitem nicht so gut und sicher seyn, als der zu Gaeta.
Es war auch von auswärtigen Schiffen wenig vorhanden,
und hat das hiesige neue Etablissement derer Juden dem
Commercio noch zur Zeit so viel Vortheil nicht gebracht, als
man gewünschet hätte. Der König ist bey der Nation nicht
beliebt, welches aber wohl gröstentheils von dem unruhigen
und veränderln naturel der Nationselben herrühret. Die ietzige
Kriegs-Macht von Neapolis und Sicilien erstrecket sich auf
etlr 30000 Mann, worunter die Schweitzer Regiementer die
besten sind. Mehrere specialia von der Staats- und Landes-
Verfaßung bleiben guter Ursachen wegen aufs mündliche
ausgesetzt.

Die Apostel-Kirche ist mit Marmor gantz schön ausgesetzt, und die Decke
von Lanfranco gemahlt. Zwey Altäre von weißem Marmor,
an deren einem das Gemählde von mosaique ist, sind mit Statuen
und bas reliefs treflich versehen, und das sogenannte Tabernacul
auf dem Haupt-Altar ist wegen der pretieusen Steine sehr kostbar.
Andere geringere Kirchen übergehen wir mit Stillschweigen.

Uberhaupt von der Stadt Neapolis
noch etwas zu gedencken, so ist dieselbe groß, volckreich und lebhaft,
das gemeine Volck aber so wild und ungezogen, daß diese Lebhaftigkeit
einem beständigen Tumult ähnlich siehet. Die Häuser sind gröstentheils
hoch und massiv, und haben platte Dächer, welche mit einem Aesterich
übergoßen u. mit Brust-Mauren eingefast sind, daß man darauf
spatzieren gehen kan. Viele Gaßen, sonderl: die von Toledo, sind
breit und mit 4eckten schwartzen Steinen wohl gepflastert, werden
aber durch die vielen Buden von Victualien verstellet, wie denn
auch die häuffigen balcons an denen Häusern, welche zum Theil
wie Käse-Körbe mit Gitterwerck vermacht sind, nicht das beste An-
sehen geben. Unter allen Gebäuden ist das königl: Palais das
moderneste, überhaupt aber, was die Palais anlanget, unserm
Bedüncken nach, Rom der hiesigen Stadt weit vor zu ziehen.
Auf denen Plätzen findet man hin u. wieder sehr schöne Brunnen
von weißem Marmor. Von denen 4 Castellen, welche die
Stadt defendiren, lieget das eine nehml: S. Elmo auf dem Berge,
die übrigen 3 aber nehml: castel novo, castel novo und castel
del carmine liegen unten an der See. Sie sind alle à l'antique
bloß mit starckem Mauerwerck erbauet. Der Hafen soll
bey weitem nicht so gut und sicher seyn, als der zu Gaeta.
Es war auch von auswärtigen Schiffen wenig vorhanden,
und hat das hiesige neue Etablissement derer Juden dem
Commercio noch zur Zeit so viel Vortheil nicht gebracht, als
man gewünschet hätte. Der König ist bey der Nation nicht
beliebt, welches aber wohl gröstentheils von dem unruhigen
und veränderln naturel der Nationselben herrühret. Die ietzige
Kriegs-Macht von Neapolis und Sicilien erstrecket sich auf
etlr 30000 Mann, worunter die Schweitzer Regiementer die
besten sind. Mehrere specialia von der Staats- und Landes-
Verfaßung bleiben guter Ursachen wegen aufs mündliche
ausgesetzt.

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[0677] Die Apostel-Kirche ist mit Marmor gantz schön ausgesetzt, und die Decke von Lanfranco gemahlt. Zwey Altäre von weißem Marmor, an deren einem das Gemählde von mosaique ist, sind mit Statuen und bas reliefs treflich versehen, und das sogenannte Tabernacul auf dem Haupt-Altar ist wegen der pretieusen Steine sehr kostbar. Andere geringere Kirchen übergehen wir mit Stillschweigen. Uberhaupt von der Stadt Neapolis noch etwas zu gedencken, so ist dieselbe groß, volckreich und lebhaft, das gemeine Volck aber so wild und ungezogen, daß diese Lebhaftigkeit einem beständigen Tumult ähnlich siehet. Die Häuser sind gröstentheils hoch und massiv, und haben platte Dächer, welche mit einem Aesterich übergoßen u. mit Brust-Mauren eingefast sind, daß man darauf spatzieren gehen kan. Viele Gaßen, sonderl: die von Toledo, sind breit und mit 4eckten schwartzen Steinen wohl gepflastert, werden aber durch die vielen Buden von Victualien verstellet, wie denn auch die häuffigen balcons an denen Häusern, welche zum Theil wie Käse-Körbe mit Gitterwerck vermacht sind, nicht das beste An- sehen geben. Unter allen Gebäuden ist das königl: Palais das moderneste, überhaupt aber, was die Palais anlanget, unserm Bedüncken nach, Rom der hiesigen Stadt weit vor zu ziehen. Auf denen Plätzen findet man hin u. wieder sehr schöne Brunnen von weißem Marmor. Von denen 4 Castellen, welche die Stadt defendiren, lieget das eine nehml: S. Elmo auf dem Berge, die übrigen 3 aber nehml: castel novo, castel novo und castel del carmine liegen unten an der See. Sie sind alle à l'antique bloß mit starckem Mauerwerck erbauet. Der Hafen soll bey weitem nicht so gut und sicher seyn, als der zu Gaeta. Es war auch von auswärtigen Schiffen wenig vorhanden, und hat das hiesige neue Etablissement derer Juden dem Commercio noch zur Zeit so viel Vortheil nicht gebracht, als man gewünschet hätte. Der König ist bey der Nation nicht beliebt, welches aber wohl gröstentheils von dem unruhigen und veränderln naturel der selben herrühret. Die ietzige Kriegs-Macht von Neapolis und Sicilien erstrecket sich auf etlr 30000 Mann, worunter die Schweitzer Regiementer die besten sind. Mehrere specialia von der Staats- und Landes- Verfaßung bleiben guter Ursachen wegen aufs mündliche ausgesetzt.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/677>, abgerufen am 23.11.2024.