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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Am sogenannten grünen Donnerstage

begaben wir uns nach dem Vatican, woselbst sich auch der Pabst
mit seinem großen Aufzuge, welchen man publico nennet,
einfand. Diese Art des Aufzugs ist von dem ehemals schon
beschriebenen mezzo publico weiter in nichts unterschieden,
als daß die Anzahl der mit reitenden Praelaten stärcker ist,
und zwey Cardinäle mit dem Pabst, iedoch rückwärst sitzend, in seiner Staats-Carosse fahren.
Die übrigen Cardinäle wohnen dems [unleserliches Material]Aufzuge nicht bey, sondern iedweder
kommt mit seinen 4 bis 5 Kutschen besonders angefahren.
Der Anfang heutiger Function war die Meße in der Capella
Sixtina, der wir aber nicht bey wohneten, sondern uns
währender Zeit, in der sogenannten Sala Regia aufhielten.
Wir wurden mit Verwunderung gewahr, daß die unter
denen in No 60 erwehnten Gemählden zum Theil ausge-
löscht gewesene Schrifften sich völlig wieder hergestellet be-
fanden, das eintzige Bild von der Parisischen Blut-Hochzeit
ausgenommen. Diese renovirte Schrifften unterrichte[unleserliches Material]ten uns,
daß derjenige König, den wir damals vor den großen
Henri IV. gehalten, Kayser Heinrich der IVte sey. Denn so
lautet die unter diesem Bilde stehende Schrifft:

Gregorius VII Henricum IV Imp. male de Ecclesia
merentem, postea Supplicem et poenitentem absolvit.

Weil es ietzund heller war, als bey ehemaliger Besichtigung
dieser Gemählde, so konten wir deren Beschaffenheit ge-
nauer wahrnehmen, bemercketen also, daß der Kayser
dem Pabst den lincken Fuß küße, und auch die Gräfin
Mathildis sich unter denen umstehenden praesentire.
Sie hat einen schwartzen bunt gefütterten Rock an,
die Finger voller Ringe, und ein kleines Thiergen auf
dem Arm, welches mehr einem Eichhörngen, als einem
Hunde ähnlich siehet. Unsre Leser werden hieraus die
in No 60 geschehene Relation zu verbeßern belieben.
Unter dem Bilde, welches Kayser Friedrichs Submission vorstellet,
lautet die Schrifft also:

Alexander Papa III Friderici I. Imp. iram et impetum fugiens
abdidit se Venetiis. Cognitum et a Senatu per honorifice Susceptum,
Ottone Imperatoris filio navali praelio a Venetis victo captoque,
Fridericus pace facta Supplex adorat, fidem et obedientiam pollicitus.
Ita Pontifici sua dignitas Venetae reipublicae beneficio restituta ao 1177.

Am sogenannten grünen Donnerstage

begaben wir uns nach dem Vatican, woselbst sich auch der Pabst
mit seinem großen Aufzuge, welchen man publico nennet,
einfand. Diese Art des Aufzugs ist von dem ehemals schon
beschriebenen mezzo publico weiter in nichts unterschieden,
als daß die Anzahl der mit reitenden Praelaten stärcker ist,
und zwey Cardinäle mit dem Pabst, iedoch rückwärst sitzend, in seiner Staats-Carosse fahren.
Die übrigen Cardinäle wohnen dems [unleserliches Material]Aufzuge nicht bey, sondern iedweder
kommt mit seinen 4 bis 5 Kutschen besonders angefahren.
Der Anfang heutiger Function war die Meße in der Capella
Sixtina, der wir aber nicht bey wohneten, sondern uns
währender Zeit, in der sogenannten Sala Regia aufhielten.
Wir wurden mit Verwunderung gewahr, daß die unter
denen in No 60 erwehnten Gemählden zum Theil ausge-
löscht gewesene Schrifften sich völlig wieder hergestellet be-
fanden, das eintzige Bild von der Parisischen Blut-Hochzeit
ausgenommen. Diese renovirte Schrifften unterrichte[unleserliches Material]ten uns,
daß derjenige König, den wir damals vor den großen
Henri IV. gehalten, Kayser Heinrich der IVte sey. Denn so
lautet die unter diesem Bilde stehende Schrifft:

Gregorius VII Henricum IV Imp. male de Ecclesia
merentem, postea Supplicem et poenitentem absolvit.

Weil es ietzund heller war, als bey ehemaliger Besichtigung
dieser Gemählde, so konten wir deren Beschaffenheit ge-
nauer wahrnehmen, bemercketen also, daß der Kayser
dem Pabst den lincken Fuß küße, und auch die Gräfin
Mathildis sich unter denen umstehenden praesentire.
Sie hat einen schwartzen bunt gefütterten Rock an,
die Finger voller Ringe, und ein kleines Thiergen auf
dem Arm, welches mehr einem Eichhörngen, als einem
Hunde ähnlich siehet. Unsre Leser werden hieraus die
in No 60 geschehene Relation zu verbeßern belieben.
Unter dem Bilde, welches Kayser Friedrichs Submission vorstellet,
lautet die Schrifft also:

Alexander Papa III Friderici I. Imp. iram et impetum fugiens
abdidit se Venetiis. Cognitum et a Senatu per honorifice Susceptum,
Ottone Imperatoris filio navali praelio a Venetis victo captoque,
Fridericus pace facta Supplex adorat, fidem et obedientiam pollicitus.
Ita Pontifici sua dignitas Venetae reipublicae beneficio restituta ao 1177.

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[0707] Am sogenannten grünen Donnerstage begaben wir uns nach dem Vatican, woselbst sich auch der Pabst mit seinem großen Aufzuge, welchen man publico nennet, einfand. Diese Art des Aufzugs ist von dem ehemals schon beschriebenen mezzo publico weiter in nichts unterschieden, als daß die Anzahl der mit reitenden Praelaten stärcker ist, und zwey Cardinäle mit dem Pabst, iedoch rückwärst sitzend, in seiner Staats-Carosse fahren. Die übrigen Cardinäle wohnen dem Aufzuge nicht bey, sondern iedweder kommt mit seinen 4 bis 5 Kutschen besonders angefahren. Der Anfang heutiger Function war die Meße in der Capella Sixtina, der wir aber nicht bey wohneten, sondern uns währender Zeit, in der sogenannten Sala Regia aufhielten. Wir wurden mit Verwunderung gewahr, daß die unter denen in No 60 erwehnten Gemählden zum Theil ausge- löscht gewesene Schrifften sich völlig wieder hergestellet be- fanden, das eintzige Bild von der Parisischen Blut-Hochzeit ausgenommen. Diese renovirte Schrifften unterrichteten uns, daß derjenige König, den wir damals vor den großen Henri IV. gehalten, Kayser Heinrich der IVte sey. Denn so lautet die unter diesem Bilde stehende Schrifft: Gregorius VII Henricum IV Imp. male de Ecclesia merentem, postea Supplicem et poenitentem absolvit. Weil es ietzund heller war, als bey ehemaliger Besichtigung dieser Gemählde, so konten wir deren Beschaffenheit ge- nauer wahrnehmen, bemercketen also, daß der Kayser dem Pabst den lincken Fuß küße, und auch die Gräfin Mathildis sich unter denen umstehenden praesentire. Sie hat einen schwartzen bunt gefütterten Rock an, die Finger voller Ringe, und ein kleines Thiergen auf dem Arm, welches mehr einem Eichhörngen, als einem Hunde ähnlich siehet. Unsre Leser werden hieraus die in No 60 geschehene Relation zu verbeßern belieben. Unter dem Bilde, welches Kayser Friedrichs Submission vorstellet, lautet die Schrifft also: Alexander Papa III Friderici I. Imp. iram et impetum fugiens abdidit se Venetiis. Cognitum et a Senatu per honorifice Susceptum, Ottone Imperatoris filio navali praelio a Venetis victo captoque, Fridericus pace facta Supplex adorat, fidem et obedientiam pollicitus. Ita Pontifici sua dignitas Venetae reipublicae beneficio restituta ao 1177.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/707>, abgerufen am 24.11.2024.