Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].Ducale des Vaticans, woselbst das Fuß-waschen veranstaltet Ducale des Vaticans, woselbst das Fuß-waschen veranstaltet <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0711"/> Ducale des Vaticans, woselbst das Fuß-waschen veranstaltet<lb/> war. Derer armen Priester, denen diese Ehre wiederfähret,<lb/> sind 13. Da sie nun die Apostel vorstellen sollen, und wir<lb/> also wegen der Zahl Erläuterung verlangeten, wurden<lb/> wir berichtet, daß Matthias, der in Judas Stelle kommen, mit<lb/> dabey sey, der 13<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">de</hi></hi> aber einen Engel vorstelle, welcher sich<lb/> zu denen Zwölffen gesellet habe, als Pabst Gregorius M.<lb/> einsmals diese Handlung verrichtet. Weil es gebräuchlich ist,<lb/> daß von diesen 13 Subiectis verschiedene durch die hier<lb/> subsistirenden ministros derer catholischen puissancen no-<lb/> miniret oder vielmehr nur recommandiret werden; so hat der<lb/> Bischof von Gurck wegen der Cron Böhmen dergleichen<lb/> gethan, und ist das Subiectum auch ohne Bedencken ange-<lb/> nommen worden. Als aber der Cardinal Tencin solches er-<lb/> fahren, hat er im Nahmen des Kayers, als Königs von<lb/> Böhmen, eine andre Person benennet und deren admission<lb/> begehret, worüber zwar der Pabst unwillig gewesen, und<lb/> gesaget, es würde ihm doch wohl frey stehen seine Liebes-<lb/> Wercke zu üben an wem er wolle, nichts desto weni-<lb/> ger aber endlich das temperament erfunden, beyde no-<lb/> minatos zu zu laßen, dagegen einer von denen beyden,<lb/> welche der Pästl: Magior domo zu benennen das Recht<lb/> hat, wieder zurück treten müßen. Die uniforme dieser<lb/> sogenannten Apostel ist ein langer Rock von weißem<lb/> Tuch, mit weißer Seide aufgeschlagen, und eine eben<lb/> so beschaffne runde etwas hohe Mütze. Sie faßen rechter<lb/> Hand des Päbstl: Throns an der Wand hinunter auf einem<lb/> erhabenen Gestühle von 2 Absätzen. Die Füße setzten<lb/> sie auf den untersten Absatz, welcher von der Erden<lb/> herauf noch so hoch war, daß das Waschen commode verrichtet<lb/> werden konte. Als der Pabst auf seinem Trage-Seßel<lb/> unter dem Gesang der nebst denen Cardinälen und<lb/> praelaten mit vorher gehenden Capelle vorbey passirete,<lb/> stunden sie auf, und nahmen die Mützen ab. So bald<lb/> sich aber der Pabst auf seinen Thron gesetzet, ließen sie </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0711]
Ducale des Vaticans, woselbst das Fuß-waschen veranstaltet
war. Derer armen Priester, denen diese Ehre wiederfähret,
sind 13. Da sie nun die Apostel vorstellen sollen, und wir
also wegen der Zahl Erläuterung verlangeten, wurden
wir berichtet, daß Matthias, der in Judas Stelle kommen, mit
dabey sey, der 13de aber einen Engel vorstelle, welcher sich
zu denen Zwölffen gesellet habe, als Pabst Gregorius M.
einsmals diese Handlung verrichtet. Weil es gebräuchlich ist,
daß von diesen 13 Subiectis verschiedene durch die hier
subsistirenden ministros derer catholischen puissancen no-
miniret oder vielmehr nur recommandiret werden; so hat der
Bischof von Gurck wegen der Cron Böhmen dergleichen
gethan, und ist das Subiectum auch ohne Bedencken ange-
nommen worden. Als aber der Cardinal Tencin solches er-
fahren, hat er im Nahmen des Kayers, als Königs von
Böhmen, eine andre Person benennet und deren admission
begehret, worüber zwar der Pabst unwillig gewesen, und
gesaget, es würde ihm doch wohl frey stehen seine Liebes-
Wercke zu üben an wem er wolle, nichts desto weni-
ger aber endlich das temperament erfunden, beyde no-
minatos zu zu laßen, dagegen einer von denen beyden,
welche der Pästl: Magior domo zu benennen das Recht
hat, wieder zurück treten müßen. Die uniforme dieser
sogenannten Apostel ist ein langer Rock von weißem
Tuch, mit weißer Seide aufgeschlagen, und eine eben
so beschaffne runde etwas hohe Mütze. Sie faßen rechter
Hand des Päbstl: Throns an der Wand hinunter auf einem
erhabenen Gestühle von 2 Absätzen. Die Füße setzten
sie auf den untersten Absatz, welcher von der Erden
herauf noch so hoch war, daß das Waschen commode verrichtet
werden konte. Als der Pabst auf seinem Trage-Seßel
unter dem Gesang der nebst denen Cardinälen und
praelaten mit vorher gehenden Capelle vorbey passirete,
stunden sie auf, und nahmen die Mützen ab. So bald
sich aber der Pabst auf seinen Thron gesetzet, ließen sie
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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