Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].350 waren vor einen iedweden besonders angerichtet, undstunden einem ieden Platz gegen über auf der Tafel, die warmen aber wurden in großen Schüßeln auf iedwedes Ende der Tafel gesetzt und von einem Praelaten vorge- leget. Zwey antichambren vor diesem Saale sind mit dem bufet angefüllet, und ist in der ersten die Schencke, da iedweder anwesender Cardinal sein massiv silbernes Kästgen hat, in welchem seine gewöhnln Carafinen und Trinck-Gläser hieher gebracht werden; in der andern antichambre aber sind lauter verguldete Lavoirs und dazu gehörige Kannen aufgeputzt, und verguldete Blumen-Töpfe mit allerhand wohl riechenden Gewächsen und Blumen da- zwischen gesetzt. Gegen Abend wurde in der capella Sixtina in Gegen- 350 waren vor einen iedweden besonders angerichtet, undstunden einem ieden Platz gegen über auf der Tafel, die warmen aber wurden in großen Schüßeln auf iedwedes Ende der Tafel gesetzt und von einem Praelaten vorge- leget. Zwey antichambren vor diesem Saale sind mit dem bufet angefüllet, und ist in der ersten die Schencke, da iedweder anwesender Cardinal sein massiv silbernes Kästgen hat, in welchem seine gewöhnln Carafinen und Trinck-Gläser hieher gebracht werden; in der andern antichambre aber sind lauter verguldete Lavoirs und dazu gehörige Kannen aufgeputzt, und verguldete Blumen-Töpfe mit allerhand wohl riechenden Gewächsen und Blumen da- zwischen gesetzt. Gegen Abend wurde in der capella Sixtina in Gegen- <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0714"/><fw type="folNum" place="top">350</fw><lb/> waren vor einen iedweden besonders angerichtet, und<lb/> stunden einem ieden Platz gegen über auf der Tafel, die<lb/> warmen aber wurden in großen Schüßeln auf iedwedes<lb/> Ende der Tafel gesetzt und von einem Praelaten vorge-<lb/> leget. Zwey antichambren vor diesem Saale sind mit dem<lb/> bufet angefüllet, und ist in der ersten die Schencke, da<lb/> iedweder anwesender Cardinal sein massiv silbernes<lb/> Kästgen hat, in welchem seine gewöhnl<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">n</hi></hi> Carafinen und<lb/> Trinck-Gläser hieher gebracht werden; in der andern <add place="superlinear">antichambre</add><lb/> aber sind lauter verguldete Lavoirs und dazu gehörige<lb/> Kannen aufgeputzt, und verguldete Blumen-Töpfe mit<lb/> allerhand wohl riechenden Gewächsen und Blumen da-<lb/> zwischen gesetzt.</p><lb/> <p> Gegen Abend wurde in der capella Sixtina in Gegen-<lb/> wart des Pabsts und der Cardinäle ein abermaliges miserere<lb/> gesungen, welches von dem gestrigen weiter in nichts,<lb/> als in denen melodeien unterschieden war. Wir wohneten<lb/> demselben in der Loge derer Engl: Printzen mit bey. Es<lb/> wird dergl: Loge, so oft der König oder seine Kinder einer<lb/> Päbstl: Kirchen-Function beywohnen wollen, von der Camera<lb/> apostolica aufgerichtet, und werden die Printzen von<lb/> 2 Päbstl<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">n</hi></hi> Cavaliers iedesmal nicht nur empfangen, sondern<lb/> es bleiben auch dieselben, wie zur Aufwartung, in-<lb/> wendig an der Thür stehen, und begleiten sodann, nach<lb/> geendeter Function, dieselben wieder zur Capelle hinaus.<lb/> Die Loge ist von Bretern, in und auswendig aber mit<lb/> rothem Damast überzogen, und stehet dichte vor dem Gitter,<lb/> welches den innern Theil der Capelle von dem Uber-<lb/> rest abscheidet, so, daß dieses Gitter denen in der Loge<lb/> stehenden gleichsam wie zur Fenster Oeffnung dienen<lb/> muß. Nachdem über dieser Function der Abend ein-<lb/> gebrochen, stiegen wir, iedoch ohne die Printzen, in die<lb/> Peters Kirche hinunter, woselbst die in derselben vorhandenen <metamark><lb/> B.</metamark><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0714]
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waren vor einen iedweden besonders angerichtet, und
stunden einem ieden Platz gegen über auf der Tafel, die
warmen aber wurden in großen Schüßeln auf iedwedes
Ende der Tafel gesetzt und von einem Praelaten vorge-
leget. Zwey antichambren vor diesem Saale sind mit dem
bufet angefüllet, und ist in der ersten die Schencke, da
iedweder anwesender Cardinal sein massiv silbernes
Kästgen hat, in welchem seine gewöhnln Carafinen und
Trinck-Gläser hieher gebracht werden; in der andern antichambre
aber sind lauter verguldete Lavoirs und dazu gehörige
Kannen aufgeputzt, und verguldete Blumen-Töpfe mit
allerhand wohl riechenden Gewächsen und Blumen da-
zwischen gesetzt.
Gegen Abend wurde in der capella Sixtina in Gegen-
wart des Pabsts und der Cardinäle ein abermaliges miserere
gesungen, welches von dem gestrigen weiter in nichts,
als in denen melodeien unterschieden war. Wir wohneten
demselben in der Loge derer Engl: Printzen mit bey. Es
wird dergl: Loge, so oft der König oder seine Kinder einer
Päbstl: Kirchen-Function beywohnen wollen, von der Camera
apostolica aufgerichtet, und werden die Printzen von
2 Päbstln Cavaliers iedesmal nicht nur empfangen, sondern
es bleiben auch dieselben, wie zur Aufwartung, in-
wendig an der Thür stehen, und begleiten sodann, nach
geendeter Function, dieselben wieder zur Capelle hinaus.
Die Loge ist von Bretern, in und auswendig aber mit
rothem Damast überzogen, und stehet dichte vor dem Gitter,
welches den innern Theil der Capelle von dem Uber-
rest abscheidet, so, daß dieses Gitter denen in der Loge
stehenden gleichsam wie zur Fenster Oeffnung dienen
muß. Nachdem über dieser Function der Abend ein-
gebrochen, stiegen wir, iedoch ohne die Printzen, in die
Peters Kirche hinunter, woselbst die in derselben vorhandenen
B.
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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