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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Den 13 December

Der nachmittag wurde bey dem Duc de Gesvre zugebracht, woselbst auch
nebst andern Cavaliers und Dames, des Ducs Schwägerin Comtesse
de Trenme zu gegen war. Als von Religious-Veränderungen gesprochen
wurde, declarirte ein gewißer Colonel sehr frey, daß es was höchst
unanst[unleserliches Material]ändiges und niederträchtiges sey, der Religion, in welcher
man gebohren, zu changiren, und daß demnach Catholicken, Luthe-
raner und Calviniste ein iedweder in seiner Religion leben
und sterben müße, si ne vouloit pas faire quelque chose d'in-
digne. Er blieb auch bey dieser seiner Meinung, ohnerachtet die
Mutter des Duc de Gesvre ihm die Grund Regel aller catholischen
Christen zu Gemüthe führete: hors de l'Eglise point de salut.
Man redete auch von einem Bayerischen Manifest, darinn der
Churfürst seine Gerechtsame auf die Oesterreichische Succession
soll vorgestellet haben, welches uns aber bis dato noch nicht zu
Gesicht gekommen. Es fand sich ein von dem Spanischen Am-
bassadeur, Prinzen von Campo Florido abgeschickter Cavalier
ein, welcher wegen eins von seinem Principalen gemie-
teten Hotels etwas anzubringen hatte. Als derselbe weg war,
sagte der Duc de Gesvre, er möchte nicht gerne ein Haus an
die Ambassadorice vermiethen, weil sie Schafe und Schweine
bey sich in der Stube habe. Wir erfuhren auch hier die gestern
geschehene Ankunft des Comte de Bellisle und nahmen endlich
bey eingebrochner Nacht unsern Abschied.

Den 14 December

Unser heutige erste Ausfarth war nach dem Comte de Bellisle, um
vermittelst der Zweybrückischen Recommendation, uns bey ihm zu in-
troduciren. Weil aber derselbe nach Versailles abzureisen auf dem
Punct stund, und die hereingeschickte Königliche Equipage bereits ange-
spannet war, hinterließen wir nur die gewöhnliche Charte, und
nahmen unsern Weg nach der Marquise de Montbrun, um ihr
zu der gestrigen Aderlaße zu gratuliren, welches sie denn
auch sehr obligeant aufnahm und uns einen Brief von ihrem
Herrn verlaß, nach deßen Innhalt er sich noch zu Navarra
bey dem Duc de Bouillon befindet, und wegen des Austretens
der Seine dort dergestalt mit Waßer umgeben ist, daß man
sich aus der untern Etage retiriren und die Küche im Camin
des Eß-Saals aufschlagen müßen. Sie erzehlte abermal ein
Mirackul von Monsieur Paris, da nehmlich ein Mägdgen durch unglückliches

Den 13 December

Der nachmittag wurde bey dem Duc de Gesvre zugebracht, woselbst auch
nebst andern Cavaliers und Dames, des Ducs Schwägerin Comtesse
de Trẽme zu gegen war. Als von Religious-Veränderungen gesprochen
wurde, declarirte ein gewißer Colonel sehr frey, daß es was höchst
unanst[unleserliches Material]ändiges und niederträchtiges sey, der Religion, in welcher
man gebohren, zu changiren, und daß demnach Catholicken, Luthe-
raner und Calviniste ein iedweder in seiner Religion leben
und sterben müße, si ne vouloit pas faire quelque chose d‘in-
digne. Er blieb auch bey dieser seiner Meinung, ohnerachtet die
Mutter des Duc de Gesvre ihm die Grund Regel aller catholischen
Christen zu Gemüthe führete: hors de l’Eglise point de salut.
Man redete auch von einem Bayerischen Manifest, darinn der
Churfürst seine Gerechtsame auf die Oesterreichische Succession
soll vorgestellet haben, welches uns aber bis dato noch nicht zu
Gesicht gekommen. Es fand sich ein von dem Spanischen Am-
bassadeur, Prinzen von Campo Florido abgeschickter Cavalier
ein, welcher wegen eins von seinem Principalen gemie-
teten Hotels etwas anzubringen hatte. Als derselbe weg war,
sagte der Duc de Gesvre, er möchte nicht gerne ein Haus an
die Ambassadorice vermiethen, weil sie Schafe und Schweine
bey sich in der Stube habe. Wir erfuhren auch hier die gestern
geschehene Ankunft des Comte de Bellisle und nahmen endlich
bey eingebrochner Nacht unsern Abschied.

Den 14 December

Unser heutige erste Ausfarth war nach dem Comte de Bellisle, um
vermittelst der Zweybrückischen Recommendation, uns bey ihm zu in-
troduciren. Weil aber derselbe nach Versailles abzureisen auf dem
Punct stund, und die hereingeschickte Königliche Equipage bereits ange-
spannet war, hinterließen wir nur die gewöhnliche Charte, und
nahmen unsern Weg nach der Marquise de Montbrun, um ihr
zu der gestrigen Aderlaße zu gratuliren, welches sie denn
auch sehr obligeant aufnahm und uns einen Brief von ihrem
Herrn verlaß, nach deßen Innhalt er sich noch zu Navarra
bey dem Duc de Bouillon befindet, und wegen des Austretens
der Seiné dort dergestalt mit Waßer umgeben ist, daß man
sich aus der untern Etage retiriren und die Küche im Camin
des Eß-Saals aufschlagen müßen. Sie erzehlte abermal ein
Mirackul von Monsieur Paris, da nehmlich ein Mägdgen durch unglückliches

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[0085] Den 13 Debembr: Der nachmittag wurde bey dem Duc de Gesvre zugebracht, woselbst auch nebst andern Cavaliers und Dames, des Ducs Schwägerin Comtesse de Trẽme zu gegen war. Als von Religious-Veränderungen gesprochen wurde, declarirte ein gewißer Colonel sehr frey, daß es was höchst unanständiges und niederträchtiges sey, der Religion, in welcher man gebohren, zu changiren, und daß demnach Catholicken, Luthe- raner und Calviniste ein iedweder in seiner Religion leben und sterben müße, si ne vouloit pas faire quelque chose d‘in- digne. Er blieb auch bey dieser seiner Meinung, ohnerachtet die Mutter des Duc de Gesvre ihm die Grund Regel aller catholischen Christen zu Gemüthe führete: hors de l’Eglise point de salut. Man redete auch von einem Bayerischen Manifest, darinn der Churfürst seine Gerechtsame auf die Oesterreichische Succession soll vorgestellet haben, welches uns aber bis dato noch nicht zu Gesicht gekommen. Es fand sich ein von dem Spanischen Am- bassadeur, Prinzen von Campo Florido abgeschickter Cavalier ein, welcher wegen eins von seinem Principalen gemie- teten Hotels etwas anzubringen hatte. Als derselbe weg war, sagte der Duc de Gesvre, er möchte nicht gerne ein Haus an die Ambassadorice vermiethen, weil sie Schafe und Schweine bey sich in der Stube habe. Wir erfuhren auch hier die gestern geschehene Ankunft des Comte de Bellisle und nahmen endlich bey eingebrochner Nacht unsern Abschied. Den 14 Decembr: Unser heutige erste Ausfarth war nach dem Comte de Bellisle, um vermittelst der Zweybrückischen Recommendation, uns bey ihm zu in- troduciren. Weil aber derselbe nach Versailles abzureisen auf dem Punct stund, und die hereingeschickte Königliche Equipage bereits ange- spannet war, hinterließen wir nur die gewöhnliche Charte, und nahmen unsern Weg nach der Marquise de Montbrun, um ihr zu der gestrigen Aderlaße zu gratuliren, welches sie denn auch sehr obligeant aufnahm und uns einen Brief von ihrem Herrn verlaß, nach deßen Innhalt er sich noch zu Navarra bey dem Duc de Bouillon befindet, und wegen des Austretens der Seiné dort dergestalt mit Waßer umgeben ist, daß man sich aus der untern Etage retiriren und die Küche im Camin des Eß-Saals aufschlagen müßen. Sie erzehlte abermal ein Mirackul von Mr. Paris, da nehmlich ein Mägdgen durch ungllückl:

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/85>, abgerufen am 21.11.2024.