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Gizycki, Lily von: Die Bürgerpflicht der Frau. Berlin, 1895.

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Jammern der Sklaven und das Geschrei der Mütter, die von der
Seite ihrer Kinder gerissen wurden.

Ein energischer Angriff mit den Waffen ist gewiß auch für den
Mann ein Zeichen des Mutes, aber jahraus, jahrein inmitten
des Kampfes zu stehen, wie diese Frauen es thaten, während
Haß und Verachtung sie von allen Seiten umgaben, dazu gehört
der Mut eines Märtyrers und der Glaube eines Heiligen.

Aber nicht nur die Sklaven halfen sie befreien, sie bahnten
die Wege zur Befreiung ihres eigenen Geschlechts. "Schwestern,
blutende Füße haben Euch den Pfad geebnet, auf dem Jhr jetzt
emporschreitet", sagte Abby Kelly zu den Frauen, die für
ihre Rechte kämpften. Garrison schritt ihnen auch in diesem
Kampfe voran. Als den weiblichen Delegierten, welche
Amerika im Jahre 1840 zur Anti-Sklaverei-Konferenz nach
London sandte, ihres Geschlechtes wegen Sitz und Stimme
versagt wurde, verzichtete Garrison, ohne den diese Konferenz nie
möglich geworden wäre, auf seinen Sitz und seine Stimme. Er
unterzeichnete die erste Petition für das Frauenstimmrecht. Die
Begründung der Forderung dieses fundamentalen Rechtes, aus
dem alle anderen mit Notwendigkeit hervorgehen, war für die
amerikanischen Frauen nicht schwer. Sie hatten ihre Pflichten
erkannt, die weit über den engen Kreis der Familie hinausgehen,
sie sprachen mit Garrison: "mein Vaterland ist die Welt --
meine Landsleute sind alle Menschen", und sie fühlten sich auf
Schritt und Tritt durch ihre eigene Unfreiheit in der Erfüllung
ihrer Pflichten gehemmt.

Jn der ernsten Überzeugung von der Heiligkeit ihrer Pflichten
forderten sie ihre Rechte.

Was haben sie in ihrem vierzigjährigen Kampfe erreicht?

Die meisten Universitäten der neuen Welt sind den Frauen
geöffnet. Es bestehen 266 höhere Vorbereitungsanstalten nach
Art unserer Gymnasien für Mädchen, 207, wo junge Leute
beiderlei Geschlechts gemeinsam unterrichtet werden. Fast sämt-
liche religiöse Sekten zählen Frauen unter ihren angestellten
Geistlichen. Es kommt häufig vor, daß Ehepaare einander im
Predigen vertreten. Kürzlich machte der Sekretär der Unitarischen

Jammern der Sklaven und das Geschrei der Mütter, die von der
Seite ihrer Kinder gerissen wurden.

Ein energischer Angriff mit den Waffen ist gewiß auch für den
Mann ein Zeichen des Mutes, aber jahraus, jahrein inmitten
des Kampfes zu stehen, wie diese Frauen es thaten, während
Haß und Verachtung sie von allen Seiten umgaben, dazu gehört
der Mut eines Märtyrers und der Glaube eines Heiligen.

Aber nicht nur die Sklaven halfen sie befreien, sie bahnten
die Wege zur Befreiung ihres eigenen Geschlechts. „Schwestern,
blutende Füße haben Euch den Pfad geebnet, auf dem Jhr jetzt
emporschreitet‟, sagte Abby Kelly zu den Frauen, die für
ihre Rechte kämpften. Garrison schritt ihnen auch in diesem
Kampfe voran. Als den weiblichen Delegierten, welche
Amerika im Jahre 1840 zur Anti-Sklaverei-Konferenz nach
London sandte, ihres Geschlechtes wegen Sitz und Stimme
versagt wurde, verzichtete Garrison, ohne den diese Konferenz nie
möglich geworden wäre, auf seinen Sitz und seine Stimme. Er
unterzeichnete die erste Petition für das Frauenstimmrecht. Die
Begründung der Forderung dieses fundamentalen Rechtes, aus
dem alle anderen mit Notwendigkeit hervorgehen, war für die
amerikanischen Frauen nicht schwer. Sie hatten ihre Pflichten
erkannt, die weit über den engen Kreis der Familie hinausgehen,
sie sprachen mit Garrison: „mein Vaterland ist die Welt —
meine Landsleute sind alle Menschen‟, und sie fühlten sich auf
Schritt und Tritt durch ihre eigene Unfreiheit in der Erfüllung
ihrer Pflichten gehemmt.

Jn der ernsten Überzeugung von der Heiligkeit ihrer Pflichten
forderten sie ihre Rechte.

Was haben sie in ihrem vierzigjährigen Kampfe erreicht?

Die meisten Universitäten der neuen Welt sind den Frauen
geöffnet. Es bestehen 266 höhere Vorbereitungsanstalten nach
Art unserer Gymnasien für Mädchen, 207, wo junge Leute
beiderlei Geschlechts gemeinsam unterrichtet werden. Fast sämt-
liche religiöse Sekten zählen Frauen unter ihren angestellten
Geistlichen. Es kommt häufig vor, daß Ehepaare einander im
Predigen vertreten. Kürzlich machte der Sekretär der Unitarischen

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[8/0009] Jammern der Sklaven und das Geschrei der Mütter, die von der Seite ihrer Kinder gerissen wurden. Ein energischer Angriff mit den Waffen ist gewiß auch für den Mann ein Zeichen des Mutes, aber jahraus, jahrein inmitten des Kampfes zu stehen, wie diese Frauen es thaten, während Haß und Verachtung sie von allen Seiten umgaben, dazu gehört der Mut eines Märtyrers und der Glaube eines Heiligen. Aber nicht nur die Sklaven halfen sie befreien, sie bahnten die Wege zur Befreiung ihres eigenen Geschlechts. „Schwestern, blutende Füße haben Euch den Pfad geebnet, auf dem Jhr jetzt emporschreitet‟, sagte Abby Kelly zu den Frauen, die für ihre Rechte kämpften. Garrison schritt ihnen auch in diesem Kampfe voran. Als den weiblichen Delegierten, welche Amerika im Jahre 1840 zur Anti-Sklaverei-Konferenz nach London sandte, ihres Geschlechtes wegen Sitz und Stimme versagt wurde, verzichtete Garrison, ohne den diese Konferenz nie möglich geworden wäre, auf seinen Sitz und seine Stimme. Er unterzeichnete die erste Petition für das Frauenstimmrecht. Die Begründung der Forderung dieses fundamentalen Rechtes, aus dem alle anderen mit Notwendigkeit hervorgehen, war für die amerikanischen Frauen nicht schwer. Sie hatten ihre Pflichten erkannt, die weit über den engen Kreis der Familie hinausgehen, sie sprachen mit Garrison: „mein Vaterland ist die Welt — meine Landsleute sind alle Menschen‟, und sie fühlten sich auf Schritt und Tritt durch ihre eigene Unfreiheit in der Erfüllung ihrer Pflichten gehemmt. Jn der ernsten Überzeugung von der Heiligkeit ihrer Pflichten forderten sie ihre Rechte. Was haben sie in ihrem vierzigjährigen Kampfe erreicht? Die meisten Universitäten der neuen Welt sind den Frauen geöffnet. Es bestehen 266 höhere Vorbereitungsanstalten nach Art unserer Gymnasien für Mädchen, 207, wo junge Leute beiderlei Geschlechts gemeinsam unterrichtet werden. Fast sämt- liche religiöse Sekten zählen Frauen unter ihren angestellten Geistlichen. Es kommt häufig vor, daß Ehepaare einander im Predigen vertreten. Kürzlich machte der Sekretär der Unitarischen

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Zitationshilfe: Gizycki, Lily von: Die Bürgerpflicht der Frau. Berlin, 1895, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gizycki_buergerpflicht_1895/9>, abgerufen am 21.11.2024.