Saamengefäßen, wie die Vergrößerungsgläser zei- gen, in denen eine höchst zarte Substanz von ganz besonderer wirksamer Art enthalten ist, deren Un- tersuchung und wahre Bestimmung unsern Sinnen wo nicht ganz, doch zum Theil fast unmöglich, oder wenigstens überaus schwer fällt, und dahero, wie es scheinet, noch lange Zeit, auch wohl größten- theils, verborgen bleiben dürfte. Dieses nur er- wähnte vegetabilische befruchtende Saamenwesen wird in denjenigen kleinen besondern organischen Blumentheilchen erzeuget, ernähret und zu seiner Vollkommenheit gebracht, welche durch ihre erstau- nende Menge den sogenannten Blumenstaub eigent- lich ausmachen, und in ihnen so lange aufbehalten, bis es endlich bey gewisser Gelegenheit und auf ei- nen bestimmten Zeitpunkt mit eben solcher Gewalt und Geschwindigkeit partienweise heraus fähret, als das verdünnte Wasser aus einer erhitzten Dampfkugel.
Angezeigte kleine Saamengefäßgen sind alle- zeit hohl, und sitzen nach einer besondern regelmäßi- gen Ordnung auf überaus kurzen und zarten Fäden an der ganzen innern Fläche der Blumen-Staub- kapseln, (antherarum) dermaßen dicke an einan- der, daß sie dieselbe völlig bedecken. Bey der na- türlichen Eröfnung der antherarum werden sie un- ter der Gestalt eines Rauches oder Staubes, in dem sie plötzlich herausschnellen, mit einiger Gewalt und Geschwindigkeit in großen Partien davon abgeris-
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Saamengefaͤßen, wie die Vergroͤßerungsglaͤſer zei- gen, in denen eine hoͤchſt zarte Subſtanz von ganz beſonderer wirkſamer Art enthalten iſt, deren Un- terſuchung und wahre Beſtimmung unſern Sinnen wo nicht ganz, doch zum Theil faſt unmoͤglich, oder wenigſtens uͤberaus ſchwer faͤllt, und dahero, wie es ſcheinet, noch lange Zeit, auch wohl groͤßten- theils, verborgen bleiben duͤrfte. Dieſes nur er- waͤhnte vegetabiliſche befruchtende Saamenweſen wird in denjenigen kleinen beſondern organiſchen Blumentheilchen erzeuget, ernaͤhret und zu ſeiner Vollkommenheit gebracht, welche durch ihre erſtau- nende Menge den ſogenannten Blumenſtaub eigent- lich ausmachen, und in ihnen ſo lange aufbehalten, bis es endlich bey gewiſſer Gelegenheit und auf ei- nen beſtimmten Zeitpunkt mit eben ſolcher Gewalt und Geſchwindigkeit partienweiſe heraus faͤhret, als das verduͤnnte Waſſer aus einer erhitzten Dampfkugel.
Angezeigte kleine Saamengefaͤßgen ſind alle- zeit hohl, und ſitzen nach einer beſondern regelmaͤßi- gen Ordnung auf uͤberaus kurzen und zarten Faͤden an der ganzen innern Flaͤche der Blumen-Staub- kapſeln, (antherarum) dermaßen dicke an einan- der, daß ſie dieſelbe voͤllig bedecken. Bey der na- tuͤrlichen Eroͤfnung der antherarum werden ſie un- ter der Geſtalt eines Rauches oder Staubes, in dem ſie ploͤtzlich herausſchnellen, mit einiger Gewalt und Geſchwindigkeit in großen Partien davon abgeriſ-
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Saamengefaͤßen, wie die Vergroͤßerungsglaͤſer zei-
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beſonderer wirkſamer Art enthalten iſt, deren Un-
terſuchung und wahre Beſtimmung unſern Sinnen
wo nicht ganz, doch zum Theil faſt unmoͤglich, oder
wenigſtens uͤberaus ſchwer faͤllt, und dahero, wie
es ſcheinet, noch lange Zeit, auch wohl groͤßten-
theils, verborgen bleiben duͤrfte. Dieſes nur er-
waͤhnte vegetabiliſche befruchtende Saamenweſen
wird in denjenigen kleinen beſondern organiſchen
Blumentheilchen erzeuget, ernaͤhret und zu ſeiner
Vollkommenheit gebracht, welche durch ihre erſtau-
nende Menge den ſogenannten Blumenſtaub eigent-
lich ausmachen, und in ihnen ſo lange aufbehalten,
bis es endlich bey gewiſſer Gelegenheit und auf ei-
nen beſtimmten Zeitpunkt mit eben ſolcher Gewalt
und Geſchwindigkeit partienweiſe heraus faͤhret,
als das verduͤnnte Waſſer aus einer erhitzten
Dampfkugel.
Angezeigte kleine Saamengefaͤßgen ſind alle-
zeit hohl, und ſitzen nach einer beſondern regelmaͤßi-
gen Ordnung auf uͤberaus kurzen und zarten Faͤden
an der ganzen innern Flaͤche der Blumen-Staub-
kapſeln, (antherarum) dermaßen dicke an einan-
der, daß ſie dieſelbe voͤllig bedecken. Bey der na-
tuͤrlichen Eroͤfnung der antherarum werden ſie un-
ter der Geſtalt eines Rauches oder Staubes, in dem
ſie ploͤtzlich herausſchnellen, mit einiger Gewalt und
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/14>, abgerufen am 16.07.2024.
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