Blumenstaubgefäße nichts anders bey den Blu- men sind, als eine Art von (excernirenden) ausfüh- renden Gefäßen? Woher weiß man ferner, daß die in ihnen befindlichen Staubkügelchen nichts anders wären oder seyn könnten, als ein Excrement oder Auswurf desjenigen Saftes, welcher sonst zur Nahrung der zarten Frucht bestimmt ist? Gewiß diese Meynung stehet auf schwachen Gründen, nach welchen aber, wenn sie dennoch gültig seyn sollten, eben niemand besonders verdacht werden könnte, wenn er das Ovarium auch vor ein vas excretorium florale hielte, und die darinnen befind- liche Saamen gleichfalls vor besondere Blumenex- cremente ausgäbe.
Eine etwas ähnliche Beschaffenheit hat es beynahe mit einer ganz neuerlich bekannt geworde- nen Meynung, da man sich nicht gescheuet, von denen Blumen und Blumentheilen vorzugeben, als wären sie keine solche Partieen, welche natürli- cherweise von den Pflanzen hervorgebracht werden müsten, sondern vielmehr solche, die aus einer feh- lerhaften Eigenschaft der Pflanzen entstünden. Man muß sich billig wundern, daß bey so aufge- klärten Zeiten, da nehmlich der Bau der Blumen zusammt ihren Nutzen, den sie bey der Befruch- tung, bey der Nahrung und der Erhaltung des Saamens haben, bekannter worden ist, wider sol- che Wahrheiten gehandelt wird, welche mehr na- türlich übereinstimmendes enthalten, als daß sie
mit
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Blumenſtaubgefaͤße nichts anders bey den Blu- men ſind, als eine Art von (excernirenden) ausfuͤh- renden Gefaͤßen? Woher weiß man ferner, daß die in ihnen befindlichen Staubkuͤgelchen nichts anders waͤren oder ſeyn koͤnnten, als ein Excrement oder Auswurf desjenigen Saftes, welcher ſonſt zur Nahrung der zarten Frucht beſtimmt iſt? Gewiß dieſe Meynung ſtehet auf ſchwachen Gruͤnden, nach welchen aber, wenn ſie dennoch guͤltig ſeyn ſollten, eben niemand beſonders verdacht werden koͤnnte, wenn er das Ovarium auch vor ein vas excretorium florale hielte, und die darinnen befind- liche Saamen gleichfalls vor beſondere Blumenex- cremente ausgaͤbe.
Eine etwas aͤhnliche Beſchaffenheit hat es beynahe mit einer ganz neuerlich bekannt geworde- nen Meynung, da man ſich nicht geſcheuet, von denen Blumen und Blumentheilen vorzugeben, als waͤren ſie keine ſolche Partieen, welche natuͤrli- cherweiſe von den Pflanzen hervorgebracht werden muͤſten, ſondern vielmehr ſolche, die aus einer feh- lerhaften Eigenſchaft der Pflanzen entſtuͤnden. Man muß ſich billig wundern, daß bey ſo aufge- klaͤrten Zeiten, da nehmlich der Bau der Blumen zuſammt ihren Nutzen, den ſie bey der Befruch- tung, bey der Nahrung und der Erhaltung des Saamens haben, bekannter worden iſt, wider ſol- che Wahrheiten gehandelt wird, welche mehr na- tuͤrlich uͤbereinſtimmendes enthalten, als daß ſie
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[19/0031]
Blumenſtaubgefaͤße nichts anders bey den Blu-
men ſind, als eine Art von (excernirenden) ausfuͤh-
renden Gefaͤßen? Woher weiß man ferner, daß die
in ihnen befindlichen Staubkuͤgelchen nichts anders
waͤren oder ſeyn koͤnnten, als ein Excrement oder
Auswurf desjenigen Saftes, welcher ſonſt zur
Nahrung der zarten Frucht beſtimmt iſt? Gewiß
dieſe Meynung ſtehet auf ſchwachen Gruͤnden,
nach welchen aber, wenn ſie dennoch guͤltig ſeyn
ſollten, eben niemand beſonders verdacht werden
koͤnnte, wenn er das Ovarium auch vor ein vas
excretorium florale hielte, und die darinnen befind-
liche Saamen gleichfalls vor beſondere Blumenex-
cremente ausgaͤbe.
Eine etwas aͤhnliche Beſchaffenheit hat es
beynahe mit einer ganz neuerlich bekannt geworde-
nen Meynung, da man ſich nicht geſcheuet, von
denen Blumen und Blumentheilen vorzugeben,
als waͤren ſie keine ſolche Partieen, welche natuͤrli-
cherweiſe von den Pflanzen hervorgebracht werden
muͤſten, ſondern vielmehr ſolche, die aus einer feh-
lerhaften Eigenſchaft der Pflanzen entſtuͤnden.
Man muß ſich billig wundern, daß bey ſo aufge-
klaͤrten Zeiten, da nehmlich der Bau der Blumen
zuſammt ihren Nutzen, den ſie bey der Befruch-
tung, bey der Nahrung und der Erhaltung des
Saamens haben, bekannter worden iſt, wider ſol-
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/31>, abgerufen am 16.07.2024.
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