Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Berlin, [1744].An das Frauenzimmer. Sagt mir doch, geliebte Schönen, Ist euch Amor denn nicht sichtbar? Oder sagt ihrs niemand wieder, Weil er allzu oft erscheinet? O! ihr dürst es nicht verbergen, Wenn er euch gleich oft erscheinet. Kan ein Gott euch Schande bringen? Wenn er euch des Nachts belauschet, Wenn er euch des Tages lokket: O! so sagt es, euch zur Ehre, Freunden oder Gönnern wieder. Dann wird euch ein ieder loben. Oder wolt ihrs mir entdekken: So will ich, ihr solt es schen, Euch einmal den Amor fangen. Dann könt ihr mit goldnen Strikken, Ihn an euer Bette binden, Daß er Wunsch und Klagen höre. Dann
An das Frauenzimmer. Sagt mir doch, geliebte Schoͤnen, Iſt euch Amor denn nicht ſichtbar? Oder ſagt ihrs niemand wieder, Weil er allzu oft erſcheinet? O! ihr duͤrſt es nicht verbergen, Wenn er euch gleich oft erſcheinet. Kan ein Gott euch Schande bringen? Wenn er euch des Nachts belauſchet, Wenn er euch des Tages lokket: O! ſo ſagt es, euch zur Ehre, Freunden oder Goͤnnern wieder. Dann wird euch ein ieder loben. Oder wolt ihrs mir entdekken: So will ich, ihr ſolt es ſchen, Euch einmal den Amor fangen. Dann koͤnt ihr mit goldnen Strikken, Ihn an euer Bette binden, Daß er Wunſch und Klagen hoͤre. Dann
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An das Frauenzimmer.
Sagt mir doch, geliebte Schoͤnen,
Iſt euch Amor denn nicht ſichtbar?
Oder ſagt ihrs niemand wieder,
Weil er allzu oft erſcheinet?
O! ihr duͤrſt es nicht verbergen,
Wenn er euch gleich oft erſcheinet.
Kan ein Gott euch Schande bringen?
Wenn er euch des Nachts belauſchet,
Wenn er euch des Tages lokket:
O! ſo ſagt es, euch zur Ehre,
Freunden oder Goͤnnern wieder.
Dann wird euch ein ieder loben.
Oder wolt ihrs mir entdekken:
So will ich, ihr ſolt es ſchen,
Euch einmal den Amor fangen.
Dann koͤnt ihr mit goldnen Strikken,
Ihn an euer Bette binden,
Daß er Wunſch und Klagen hoͤre.
Dann
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