Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Berlin, [1744].Ich will sehn, wie gut du wählest. Diesen Knaben wilst du stikken? Diesen, der nach Küssen schmachtet? Der halbnakkend sich nicht schämet? Doris! dieses bin ich selber. Hat mein Pinsel mich getroffen? Kennst du mich an diesen Zügen? Gut! du solst mich selber stikken. Aber erst must du mich schildern. Höre nur, wir wollen tauschen. Ich will stikken, du solst malen. Hurtig gib mir Gold und Nadel, Diese Rose will ich enden; Denn sie wird in blauer Seide Einst auf deinem Busen blühen. Unterdeß kanst du mich malen, Und sobald du mich gemalet, Solst du das Gemälde stikken. Da! hier hast du meine Farben! Ich will ſehn, wie gut du waͤhleſt. Dieſen Knaben wilſt du ſtikken? Dieſen, der nach Kuͤſſen ſchmachtet? Der halbnakkend ſich nicht ſchaͤmet? Doris! dieſes bin ich ſelber. Hat mein Pinſel mich getroffen? Kennſt du mich an dieſen Zuͤgen? Gut! du ſolſt mich ſelber ſtikken. Aber erſt muſt du mich ſchildern. Hoͤre nur, wir wollen tauſchen. Ich will ſtikken, du ſolſt malen. Hurtig gib mir Gold und Nadel, Dieſe Roſe will ich enden; Denn ſie wird in blauer Seide Einſt auf deinem Buſen bluͤhen. Unterdeß kanſt du mich malen, Und ſobald du mich gemalet, Solſt du das Gemaͤlde ſtikken. Da! hier haſt du meine Farben! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0086" n="74"/> <l>Ich will ſehn, wie gut du waͤhleſt.</l><lb/> <l>Dieſen Knaben wilſt du ſtikken?</l><lb/> <l>Dieſen, der nach Kuͤſſen ſchmachtet?</l><lb/> <l>Der halbnakkend ſich nicht ſchaͤmet?</l><lb/> <l>Doris! dieſes bin ich ſelber.</l><lb/> <l>Hat mein Pinſel mich getroffen?</l><lb/> <l>Kennſt du mich an dieſen Zuͤgen?</l><lb/> <l>Gut! du ſolſt mich ſelber ſtikken.</l><lb/> <l>Aber erſt muſt du mich ſchildern.</l><lb/> <l>Hoͤre nur, wir wollen tauſchen.</l><lb/> <l>Ich will ſtikken, du ſolſt malen.</l><lb/> <l>Hurtig gib mir Gold und Nadel,</l><lb/> <l>Dieſe Roſe will ich enden;</l><lb/> <l>Denn ſie wird in blauer Seide</l><lb/> <l>Einſt auf deinem Buſen bluͤhen.</l><lb/> <l>Unterdeß kanſt du mich malen,</l><lb/> <l>Und ſobald du mich gemalet,</l><lb/> <l>Solſt du das Gemaͤlde ſtikken.</l><lb/> <l>Da! hier haſt du meine Farben!</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [74/0086]
Ich will ſehn, wie gut du waͤhleſt.
Dieſen Knaben wilſt du ſtikken?
Dieſen, der nach Kuͤſſen ſchmachtet?
Der halbnakkend ſich nicht ſchaͤmet?
Doris! dieſes bin ich ſelber.
Hat mein Pinſel mich getroffen?
Kennſt du mich an dieſen Zuͤgen?
Gut! du ſolſt mich ſelber ſtikken.
Aber erſt muſt du mich ſchildern.
Hoͤre nur, wir wollen tauſchen.
Ich will ſtikken, du ſolſt malen.
Hurtig gib mir Gold und Nadel,
Dieſe Roſe will ich enden;
Denn ſie wird in blauer Seide
Einſt auf deinem Buſen bluͤhen.
Unterdeß kanſt du mich malen,
Und ſobald du mich gemalet,
Solſt du das Gemaͤlde ſtikken.
Da! hier haſt du meine Farben!
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