Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Bd. 2. Berlin, 1745.An die Alten. Väter, stört uns nicht im Tanze! Kommt, und mischt euch in die Reihen, Wenn ihr gleich mit Krükken tanzet! Tanzt, ihr Väter, mit den Töchtern, Geht, ihr Söhne, holt die Mütter, Tragt sie tanzend auf den Armen, Oder laßt die alten Rükken Auf den iungeu Rükken tanzen! Schüttelt Väter, schüttelt Mütter, Daß das kalte Blut erwärme, Daß das Feuer in den Adern, Noch einmal für Wollust brenne, Wie es in der Jugend brannte, Damals, als ihr Söhne wurdet! Väter, fühlt die Freude wieder, Die ihr in der Jugend fühltet, Nehmt die Mütter bei den Hälsen', Herzt und küßt sie, bis sie lachen! Wälzt die Falten von der Stirne, Laßt die Jugend wieder blühen! Was ist besser, als die Jugend? Was ist schöner, als der Früling? An die Alten. Väter, ſtört uns nicht im Tanze! Kommt, und miſcht euch in die Reihen, Wenn ihr gleich mit Krükken tanzet! Tanzt, ihr Väter, mit den Töchtern, Geht, ihr Söhne, holt die Mütter, Tragt ſie tanzend auf den Armen, Oder laßt die alten Rükken Auf den iungeu Rükken tanzen! Schüttelt Väter, ſchüttelt Mütter, Daß das kalte Blut erwärme, Daß das Feuer in den Adern, Noch einmal für Wolluſt brenne, Wie es in der Jugend brannte, Damals, als ihr Söhne wurdet! Väter, fühlt die Freude wieder, Die ihr in der Jugend fühltet, Nehmt die Mütter bei den Hälſen’, Herzt und küßt ſie, bis ſie lachen! Wälzt die Falten von der Stirne, Laßt die Jugend wieder blühen! Was iſt beſſer, als die Jugend? Was iſt ſchöner, als der Früling? <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0037" n="11"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">An die Alten.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">V</hi>äter, ſtört uns nicht im Tanze!</l><lb/> <l>Kommt, und miſcht euch in die Reihen,</l><lb/> <l>Wenn ihr gleich mit Krükken tanzet!</l><lb/> <l>Tanzt, ihr Väter, mit den Töchtern,</l><lb/> <l>Geht, ihr Söhne, holt die Mütter,</l><lb/> <l>Tragt ſie tanzend auf den Armen,</l><lb/> <l>Oder laßt die alten Rükken</l><lb/> <l>Auf den iungeu Rükken tanzen!</l><lb/> <l>Schüttelt Väter, ſchüttelt Mütter,</l><lb/> <l>Daß das kalte Blut erwärme,</l><lb/> <l>Daß das Feuer in den Adern,</l><lb/> <l>Noch einmal für Wolluſt brenne,</l><lb/> <l>Wie es in der Jugend brannte,</l><lb/> <l>Damals, als ihr Söhne wurdet!</l><lb/> <l>Väter, fühlt die Freude wieder,</l><lb/> <l>Die ihr in der Jugend fühltet,</l><lb/> <l>Nehmt die Mütter bei den Hälſen’,</l><lb/> <l>Herzt und küßt ſie, bis ſie lachen!</l><lb/> <l>Wälzt die Falten von der Stirne,</l><lb/> <l>Laßt die Jugend wieder blühen!</l><lb/> <l>Was iſt beſſer, als die Jugend?</l><lb/> <l>Was iſt ſchöner, als der Früling?</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [11/0037]
An die Alten.
Väter, ſtört uns nicht im Tanze!
Kommt, und miſcht euch in die Reihen,
Wenn ihr gleich mit Krükken tanzet!
Tanzt, ihr Väter, mit den Töchtern,
Geht, ihr Söhne, holt die Mütter,
Tragt ſie tanzend auf den Armen,
Oder laßt die alten Rükken
Auf den iungeu Rükken tanzen!
Schüttelt Väter, ſchüttelt Mütter,
Daß das kalte Blut erwärme,
Daß das Feuer in den Adern,
Noch einmal für Wolluſt brenne,
Wie es in der Jugend brannte,
Damals, als ihr Söhne wurdet!
Väter, fühlt die Freude wieder,
Die ihr in der Jugend fühltet,
Nehmt die Mütter bei den Hälſen’,
Herzt und küßt ſie, bis ſie lachen!
Wälzt die Falten von der Stirne,
Laßt die Jugend wieder blühen!
Was iſt beſſer, als die Jugend?
Was iſt ſchöner, als der Früling?
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