Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 1. Tit. detineri 91). Auch das Recht in seinem Eigenthum zubauen, ist iuris absolute permissivi 92). Allein zu heirathen, ein Testament zu machen, ist iuris secundum quid permissivi. Daß nun ein solches ius secundum quid permissivum wenigstens in Ansehung der zu beob- achtenden Förmlichkeit zugleich ein ius praeceptivum sey, ist unläugbar. Aus diesen Prämissen wird nun der be- kannte Unterschied inter res iuris s. actus facultatis, und res s. actus merae facultatis sich ohne Schwierig- keit erklären lassen. Die Benennungen kommen zwar in unsern Gesetzen nicht vor, sondern sind eine Erfindung der Rechtsgelehrten, allein die Sache selbst ist doch al- lerdings in den Gesetzen gegründet 93). Res s. actus facultatis s. iuris werden überhaupt diejenigen Hand- lungen genennet, welche die Gesetze erlauben, und die man unterlassen kann, ohne den Gesetzen entgegen zu handeln 94). Es ist übrigens gleichviel, ob man diese Erlaubniß denen Gesetzen unmittelbahr zu verdanken hat, oder ob man darum so zu handeln berechtiget ist, weil man 91) L. 5. C. communi divid. 92) Ern. Christ. westphal de libertate et servitu- tibus praedior. Sect. II. c. I. §. 2. 93) Man pflegt zwar insgemein sich auf L. 2. D. de via pu- blica et itinere publ. zu berufen, jedoch ist die Leseart dieser Gesezstelle annoch einigem Zweifel unterworfen; denn in der Florentinischen Handschrift fehlt das andere non, welches Lael. tavrellvs in seiner Ausgabe zuerst ergänzet hat, wie das bekannte Taurellische Zeichen der dabey befindlichen beiden Sternchen zu erkennen giebt. Daß jedoch dieses non da stehen müsse, zeigt der Context, und die Basilika. T. IV. p. 778. bestärken dieses noch mehr. S. Siegm. Reich. iav- chivs de Negationibus Pandect. Florentin. Cap. I. pag. 4. 94) nettelbladt in System. Elem. Iurisprud. po-
sitiv. general. §. 73. u. 74. 1. Buch. 1. Tit. detineri 91). Auch das Recht in ſeinem Eigenthum zubauen, iſt iuris abſolute permiſſivi 92). Allein zu heirathen, ein Teſtament zu machen, iſt iuris ſecundum quid permiſſivi. Daß nun ein ſolches ius ſecundum quid permiſſivum wenigſtens in Anſehung der zu beob- achtenden Foͤrmlichkeit zugleich ein ius praeceptivum ſey, iſt unlaͤugbar. Aus dieſen Praͤmiſſen wird nun der be- kannte Unterſchied inter res iuris ſ. actus facultatis, und res ſ. actus merae facultatis ſich ohne Schwierig- keit erklaͤren laſſen. Die Benennungen kommen zwar in unſern Geſetzen nicht vor, ſondern ſind eine Erfindung der Rechtsgelehrten, allein die Sache ſelbſt iſt doch al- lerdings in den Geſetzen gegruͤndet 93). Res ſ. actus facultatis ſ. iuris werden uͤberhaupt diejenigen Hand- lungen genennet, welche die Geſetze erlauben, und die man unterlaſſen kann, ohne den Geſetzen entgegen zu handeln 94). Es iſt uͤbrigens gleichviel, ob man dieſe Erlaubniß denen Geſetzen unmittelbahr zu verdanken hat, oder ob man darum ſo zu handeln berechtiget iſt, weil man 91) L. 5. C. communi divid. 92) Ern. Chriſt. westphal de libertate et ſervitu- tibus praedior. Sect. II. c. I. §. 2. 93) Man pflegt zwar insgemein ſich auf L. 2. D. de via pu- blica et itinere publ. zu berufen, jedoch iſt die Leſeart dieſer Geſezſtelle annoch einigem Zweifel unterworfen; denn in der Florentiniſchen Handſchrift fehlt das andere non, welches Lael. tavrellvs in ſeiner Ausgabe zuerſt ergaͤnzet hat, wie das bekannte Taurelliſche Zeichen der dabey befindlichen beiden Sternchen zu erkennen giebt. Daß jedoch dieſes non da ſtehen muͤſſe, zeigt der Context, und die Βασιλικα. T. IV. p. 778. beſtaͤrken dieſes noch mehr. S. Siegm. Reich. iav- chivs de Negationibus Pandect. Florentin. Cap. I. pag. 4. 94) nettelbladt in Syſtem. Elem. Iurisprud. po-
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1. Buch. 1. Tit.
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heirathen, ein Teſtament zu machen, iſt iuris ſecundum
quid permiſſivi. Daß nun ein ſolches ius ſecundum
quid permiſſivum wenigſtens in Anſehung der zu beob-
achtenden Foͤrmlichkeit zugleich ein ius praeceptivum ſey,
iſt unlaͤugbar. Aus dieſen Praͤmiſſen wird nun der be-
kannte Unterſchied inter res iuris ſ. actus facultatis,
und res ſ. actus merae facultatis ſich ohne Schwierig-
keit erklaͤren laſſen. Die Benennungen kommen zwar in
unſern Geſetzen nicht vor, ſondern ſind eine Erfindung
der Rechtsgelehrten, allein die Sache ſelbſt iſt doch al-
lerdings in den Geſetzen gegruͤndet 93). Res ſ. actus
facultatis ſ. iuris werden uͤberhaupt diejenigen Hand-
lungen genennet, welche die Geſetze erlauben, und die
man unterlaſſen kann, ohne den Geſetzen entgegen zu
handeln 94). Es iſt uͤbrigens gleichviel, ob man dieſe
Erlaubniß denen Geſetzen unmittelbahr zu verdanken hat,
oder ob man darum ſo zu handeln berechtiget iſt, weil
man
91) L. 5. C. communi divid.
92) Ern. Chriſt. westphal de libertate et ſervitu-
tibus praedior. Sect. II. c. I. §. 2.
93) Man pflegt zwar insgemein ſich auf L. 2. D. de via pu-
blica et itinere publ. zu berufen, jedoch iſt die Leſeart dieſer
Geſezſtelle annoch einigem Zweifel unterworfen; denn in der
Florentiniſchen Handſchrift fehlt das andere non, welches
Lael. tavrellvs in ſeiner Ausgabe zuerſt ergaͤnzet hat,
wie das bekannte Taurelliſche Zeichen der dabey befindlichen
beiden Sternchen zu erkennen giebt. Daß jedoch dieſes non
da ſtehen muͤſſe, zeigt der Context, und die Βασιλικα. T. IV.
p. 778. beſtaͤrken dieſes noch mehr. S. Siegm. Reich. iav-
chivs de Negationibus Pandect. Florentin.
Cap. I. pag. 4.
94) nettelbladt in Syſtem. Elem. Iurisprud. po-
ſitiv. general. §. 73. u. 74.
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