Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Iustitia et Iure. cher Gesetze verstehet, welche in dem erklärten Willen desGesetzgebers ihren Grund haben. Sollen nun positive Gesetze verbindlich seyn, so müssen sie denenjenigen, welche denselben gemäß handeln sollen, gehörig bekannt gemacht werden, es geschehe nun solches durch Worte, oder durch Handlungen, woraus die Unterthanen den Wil- len des Oberherrn schliessen können 20). Von dieser Willenserklärung des Gesezgebers hängt also die Gültig- keit positiver Gesetze lediglich ab, und so lang diese nicht auf die gehörige Art geschehen, verbinden solche Gesetze die Unterthanen nicht, auch diejenigen nicht, wel- che schon einige Wissenschaft davon gehabt haben sol- ten 21). Es lässer sich also auch keine Bestrafung we- gen einer Uebertretung derselben, ohne ungerecht zu han- deln, gedenken. Unter der Bekanntmachung ei- nes Gesetzes (Promulgatio legis) verstehet man aber eigentlich dieienige Handlung, dadurch der Gesezgeber seinen Unterthanen seinen Willen ausdrücklich zu erken- nen giebt, den sie als Gesez beobachten sollen 22). Sie kann entweder schriftlich oder mündlich geschehen. Giebt der Gesezgeber durch Handlungen seinen Willen zu er- kennen, indem er eine zur Gewohnheit gewordene Hand- lungsart seiner Unterthanen stillschweigend billiget, so wol- 20) L. 9. Cod. de Legib. 21) voet. in Commentar. ad Pandect. Tit. de Legibus §. 10. und Bern. Aug. gaertner in Medi- tat. pract. sec. ord. Pandectar. Spec. I. (Marb. 1785. 8.) Med. 8. S. 21. 22) Man vergleiche die Schrift über die Bekanntma- chung der Gesetze. Freiburg im Breisgau 1783. 8. und eine andere Schrift eben dieses Inhalts im Maga- zin gemeinintereß. Lektüre III. Quart. 1785. 8. S. 415 - 425. Glücks Erläut. d. Pand. 1. Th. J
de Iuſtitia et Iure. cher Geſetze verſtehet, welche in dem erklaͤrten Willen desGeſetzgebers ihren Grund haben. Sollen nun poſitive Geſetze verbindlich ſeyn, ſo muͤſſen ſie denenjenigen, welche denſelben gemaͤß handeln ſollen, gehoͤrig bekannt gemacht werden, es geſchehe nun ſolches durch Worte, oder durch Handlungen, woraus die Unterthanen den Wil- len des Oberherrn ſchlieſſen koͤnnen 20). Von dieſer Willenserklaͤrung des Geſezgebers haͤngt alſo die Guͤltig- keit poſitiver Geſetze lediglich ab, und ſo lang dieſe nicht auf die gehoͤrige Art geſchehen, verbinden ſolche Geſetze die Unterthanen nicht, auch diejenigen nicht, wel- che ſchon einige Wiſſenſchaft davon gehabt haben ſol- ten 21). Es laͤſſer ſich alſo auch keine Beſtrafung we- gen einer Uebertretung derſelben, ohne ungerecht zu han- deln, gedenken. Unter der Bekanntmachung ei- nes Geſetzes (Promulgatio legis) verſtehet man aber eigentlich dieienige Handlung, dadurch der Geſezgeber ſeinen Unterthanen ſeinen Willen ausdruͤcklich zu erken- nen giebt, den ſie als Geſez beobachten ſollen 22). Sie kann entweder ſchriftlich oder muͤndlich geſchehen. Giebt der Geſezgeber durch Handlungen ſeinen Willen zu er- kennen, indem er eine zur Gewohnheit gewordene Hand- lungsart ſeiner Unterthanen ſtillſchweigend billiget, ſo wol- 20) L. 9. Cod. de Legib. 21) voet. in Commentar. ad Pandect. Tit. de Legibus §. 10. und Bern. Aug. gaertner in Medi- tat. pract. ſec. ord. Pandectar. Spec. I. (Marb. 1785. 8.) Med. 8. S. 21. 22) Man vergleiche die Schrift uͤber die Bekanntma- chung der Geſetze. Freiburg im Breisgau 1783. 8. und eine andere Schrift eben dieſes Inhalts im Maga- zin gemeinintereß. Lektuͤre III. Quart. 1785. 8. S. 415 ‒ 425. Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 1. Th. J
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de Iuſtitia et Iure.
cher Geſetze verſtehet, welche in dem erklaͤrten Willen des
Geſetzgebers ihren Grund haben. Sollen nun poſitive
Geſetze verbindlich ſeyn, ſo muͤſſen ſie denenjenigen,
welche denſelben gemaͤß handeln ſollen, gehoͤrig bekannt
gemacht werden, es geſchehe nun ſolches durch Worte,
oder durch Handlungen, woraus die Unterthanen den Wil-
len des Oberherrn ſchlieſſen koͤnnen 20). Von dieſer
Willenserklaͤrung des Geſezgebers haͤngt alſo die Guͤltig-
keit poſitiver Geſetze lediglich ab, und ſo lang dieſe
nicht auf die gehoͤrige Art geſchehen, verbinden ſolche
Geſetze die Unterthanen nicht, auch diejenigen nicht, wel-
che ſchon einige Wiſſenſchaft davon gehabt haben ſol-
ten 21). Es laͤſſer ſich alſo auch keine Beſtrafung we-
gen einer Uebertretung derſelben, ohne ungerecht zu han-
deln, gedenken. Unter der Bekanntmachung ei-
nes Geſetzes (Promulgatio legis) verſtehet man aber
eigentlich dieienige Handlung, dadurch der Geſezgeber
ſeinen Unterthanen ſeinen Willen ausdruͤcklich zu erken-
nen giebt, den ſie als Geſez beobachten ſollen 22). Sie
kann entweder ſchriftlich oder muͤndlich geſchehen. Giebt
der Geſezgeber durch Handlungen ſeinen Willen zu er-
kennen, indem er eine zur Gewohnheit gewordene Hand-
lungsart ſeiner Unterthanen ſtillſchweigend billiget, ſo
wol-
20) L. 9. Cod. de Legib.
21) voet. in Commentar. ad Pandect. Tit. de
Legibus §. 10. und Bern. Aug. gaertner in Medi-
tat. pract. ſec. ord. Pandectar. Spec. I. (Marb.
1785. 8.) Med. 8. S. 21.
22) Man vergleiche die Schrift uͤber die Bekanntma-
chung der Geſetze. Freiburg im Breisgau 1783. 8.
und eine andere Schrift eben dieſes Inhalts im Maga-
zin gemeinintereß. Lektuͤre III. Quart. 1785.
8. S. 415 ‒ 425.
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