Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 1. Tit. der Absicht des Kaisers gleichfalls seyn solten, als einzum wissenschaftlichen Unterricht aptirtes Rechtssystem. Der Anfang wird mit Bestimmung der Begriffe von Recht und Gerechtigkeit gemacht. Nam iuri ope- ram daturum, sagt Ulpian gleich zu Anfang dieses Tituls, prius nosse oportet, unde nomen iuris descen- dat. Est autem a iustitia 2) appellatum, nam (ut elegan- allgemeine Grundsätze des Rechts vorausgeschickt, und bey jeder Materie ein richtiger Hauptbegrif angegeben werden sollte, hat neuerlich der Verfasser des Versuchs eines Auszugs der Röm. Gesetze, in den An- merkungen zum I.--IV. Buch der Pandekten S. 97. u. f. richtig bemerkt, und das neue Gesetzbuch für die Preussischen Staaten giebt ein musterhaftes Beyspiel davon. 2) Viele haben den Ulpian wegen dieser Derivation des
Worts ius von Iustitia getadelt, weil nach den Regeln der Grammatiker das Wort ius vielmehr a iubendo, und Iustitia von ius abzuleiten sey. Andere hingegen haben ihn gegen diesen Tadel zu rechtfertigen gesucht. Die verschiedenen Meinungen hier anzuführen, halte ich vor unnöthig. Man sehe raeuard in Variis Lib. I. c. 2. menagius in Amoenitat. iur. civ. c. 39. Gregor. lopez madera in Animadversion. iur. civ. (Colon Agripp. 1594. 8.) cap. 1. van der muelen c. l. ad h. L. 1. u. Ger. noodt in Comment. ad Digesta h. t. Soviel sieht man wohl, daß Ulpian mehr philosophisch als grammatisch verfahren, und den- jenigen Ursprung des Worts ius angeben wollen, wor- aus der Begrif der Sache selbst entstanden. Da er nun ius als eine Wissenschaft betrachtet, welche in der Er- kenntniß dessen, was in jeden gegebenen Fall recht und billig ist, bestehet, und folglich die Handhabung der Ge- rechtigkeit zum Endzweck hat, so läßt sich's in sofern wohl vertheidigen, wenn er ius von iustitia ableiten wol- len. S. Ios. finestres in Hermogeniani ICti iuris 1. Buch. 1. Tit. der Abſicht des Kaiſers gleichfalls ſeyn ſolten, als einzum wiſſenſchaftlichen Unterricht aptirtes Rechtsſyſtem. Der Anfang wird mit Beſtimmung der Begriffe von Recht und Gerechtigkeit gemacht. Nam iuri ope- ram daturum, ſagt Ulpian gleich zu Anfang dieſes Tituls, prius noſſe oportet, unde nomen iuris deſcen- dat. Eſt autem a iustitia 2) appellatum, nam (ut elegan- allgemeine Grundſaͤtze des Rechts vorausgeſchickt, und bey jeder Materie ein richtiger Hauptbegrif angegeben werden ſollte, hat neuerlich der Verfaſſer des Verſuchs eines Auszugs der Roͤm. Geſetze, in den An- merkungen zum I.--IV. Buch der Pandekten S. 97. u. f. richtig bemerkt, und das neue Geſetzbuch fuͤr die Preuſſiſchen Staaten giebt ein muſterhaftes Beyſpiel davon. 2) Viele haben den Ulpian wegen dieſer Derivation des
Worts ius von Iuſtitia getadelt, weil nach den Regeln der Grammatiker das Wort ius vielmehr a iubendo, und Iuſtitia von ius abzuleiten ſey. Andere hingegen haben ihn gegen dieſen Tadel zu rechtfertigen geſucht. Die verſchiedenen Meinungen hier anzufuͤhren, halte ich vor unnoͤthig. Man ſehe raeuard in Variis Lib. I. c. 2. menagius in Amoenitat. iur. civ. c. 39. Gregor. lopez madera in Animadverſion. iur. civ. (Colon Agripp. 1594. 8.) cap. 1. van der muelen c. l. ad h. L. 1. u. Ger. noodt in Comment. ad Digeſta h. t. Soviel ſieht man wohl, daß Ulpian mehr philoſophiſch als grammatiſch verfahren, und den- jenigen Urſprung des Worts ius angeben wollen, wor- aus der Begrif der Sache ſelbſt entſtanden. Da er nun ius als eine Wiſſenſchaft betrachtet, welche in der Er- kenntniß deſſen, was in jeden gegebenen Fall recht und billig iſt, beſtehet, und folglich die Handhabung der Ge- rechtigkeit zum Endzweck hat, ſo laͤßt ſich’s in ſofern wohl vertheidigen, wenn er ius von iuſtitia ableiten wol- len. S. Ioſ. finestres in Hermogeniani ICti iuris <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0022" n="2"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 1. Tit.</hi></fw><lb/> der Abſicht des Kaiſers gleichfalls ſeyn ſolten, als ein<lb/> zum wiſſenſchaftlichen Unterricht aptirtes Rechtsſyſtem.<lb/> Der Anfang wird mit Beſtimmung der Begriffe von<lb/><hi rendition="#fr">Recht</hi> und <hi rendition="#fr">Gerechtigkeit</hi> gemacht. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Nam iuri ope-<lb/> ram daturum,</hi></hi> ſagt <hi rendition="#fr">Ulpian</hi> gleich zu Anfang dieſes<lb/> Tituls, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">prius noſſe oportet, unde nomen</hi><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">iuris</hi></hi><hi rendition="#i">deſcen-<lb/> dat. Eſt autem a</hi><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">iustitia</hi></hi></hi> <note xml:id="seg2pn_2_1" next="#seg2pn_2_2" place="foot" n="2)">Viele haben den Ulpian wegen dieſer Derivation des<lb/> Worts <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">ius</hi></hi> von <hi rendition="#aq">Iuſtitia</hi> getadelt, weil nach den Regeln<lb/> der Grammatiker das Wort <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">ius</hi></hi> vielmehr <hi rendition="#aq">a iubendo,</hi><lb/> und <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Iuſtitia</hi></hi> von <hi rendition="#aq">ius</hi> abzuleiten ſey. Andere hingegen<lb/> haben ihn gegen dieſen Tadel zu rechtfertigen geſucht.<lb/> Die verſchiedenen Meinungen hier anzufuͤhren, halte ich<lb/> vor unnoͤthig. Man ſehe <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">raeuard</hi><hi rendition="#g">in Variis</hi> Lib. I.<lb/> c. 2. <hi rendition="#k">menagius</hi> <hi rendition="#g">in Amoenitat. iur. civ</hi>. c. 39.<lb/><hi rendition="#i">Gregor.</hi> <hi rendition="#k">lopez madera</hi> <hi rendition="#g">in Animadverſion. iur.<lb/> civ</hi>. (Colon Agripp. 1594. 8.) cap. 1. <hi rendition="#i">van der</hi> <hi rendition="#k">muelen</hi><lb/><hi rendition="#i">c. l. ad h. L. 1.</hi></hi> u. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ger.</hi><hi rendition="#k">noodt</hi><hi rendition="#g">in Comment. ad<lb/> Digeſta</hi> h. t.</hi> Soviel ſieht man wohl, daß Ulpian<lb/> mehr philoſophiſch als grammatiſch verfahren, und den-<lb/> jenigen Urſprung des Worts <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">ius</hi></hi> angeben wollen, wor-<lb/> aus der Begrif der Sache ſelbſt entſtanden. Da er nun<lb/><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">ius</hi></hi> als eine Wiſſenſchaft betrachtet, welche in der Er-<lb/> kenntniß deſſen, was in jeden gegebenen Fall recht und<lb/> billig iſt, beſtehet, und folglich die Handhabung der Ge-<lb/> rechtigkeit zum Endzweck hat, ſo laͤßt ſich’s in ſofern<lb/> wohl vertheidigen, wenn er <hi rendition="#aq">ius</hi> von <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">iuſtitia</hi></hi> ableiten wol-<lb/> len. S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ioſ.</hi><hi rendition="#k">finestres</hi><hi rendition="#g">in Hermogeniani ICti</hi></hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">iuris</hi></hi></fw></note> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">appellatum, nam (ut</hi></hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">elegan-</hi></hi></fw><lb/><note xml:id="seg2pn_1_2" prev="#seg2pn_1_1" place="foot" n="1)">allgemeine Grundſaͤtze des Rechts vorausgeſchickt, und<lb/> bey jeder Materie ein richtiger Hauptbegrif angegeben<lb/> werden ſollte, hat neuerlich der Verfaſſer <hi rendition="#g">des Verſuchs<lb/> eines Auszugs der Roͤm. Geſetze</hi>, in den An-<lb/> merkungen zum <hi rendition="#aq">I.--IV.</hi> Buch der <hi rendition="#g">Pandekten</hi> S. 97.<lb/> u. f. richtig bemerkt, und das neue Geſetzbuch fuͤr die<lb/> Preuſſiſchen Staaten giebt ein muſterhaftes Beyſpiel<lb/> davon.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0022]
1. Buch. 1. Tit.
der Abſicht des Kaiſers gleichfalls ſeyn ſolten, als ein
zum wiſſenſchaftlichen Unterricht aptirtes Rechtsſyſtem.
Der Anfang wird mit Beſtimmung der Begriffe von
Recht und Gerechtigkeit gemacht. Nam iuri ope-
ram daturum, ſagt Ulpian gleich zu Anfang dieſes
Tituls, prius noſſe oportet, unde nomen iuris deſcen-
dat. Eſt autem a iustitia 2) appellatum, nam (ut
elegan-
1)
2) Viele haben den Ulpian wegen dieſer Derivation des
Worts ius von Iuſtitia getadelt, weil nach den Regeln
der Grammatiker das Wort ius vielmehr a iubendo,
und Iuſtitia von ius abzuleiten ſey. Andere hingegen
haben ihn gegen dieſen Tadel zu rechtfertigen geſucht.
Die verſchiedenen Meinungen hier anzufuͤhren, halte ich
vor unnoͤthig. Man ſehe raeuard in Variis Lib. I.
c. 2. menagius in Amoenitat. iur. civ. c. 39.
Gregor. lopez madera in Animadverſion. iur.
civ. (Colon Agripp. 1594. 8.) cap. 1. van der muelen
c. l. ad h. L. 1. u. Ger. noodt in Comment. ad
Digeſta h. t. Soviel ſieht man wohl, daß Ulpian
mehr philoſophiſch als grammatiſch verfahren, und den-
jenigen Urſprung des Worts ius angeben wollen, wor-
aus der Begrif der Sache ſelbſt entſtanden. Da er nun
ius als eine Wiſſenſchaft betrachtet, welche in der Er-
kenntniß deſſen, was in jeden gegebenen Fall recht und
billig iſt, beſtehet, und folglich die Handhabung der Ge-
rechtigkeit zum Endzweck hat, ſo laͤßt ſich’s in ſofern
wohl vertheidigen, wenn er ius von iuſtitia ableiten wol-
len. S. Ioſ. finestres in Hermogeniani ICti
iuris
1) allgemeine Grundſaͤtze des Rechts vorausgeſchickt, und
bey jeder Materie ein richtiger Hauptbegrif angegeben
werden ſollte, hat neuerlich der Verfaſſer des Verſuchs
eines Auszugs der Roͤm. Geſetze, in den An-
merkungen zum I.--IV. Buch der Pandekten S. 97.
u. f. richtig bemerkt, und das neue Geſetzbuch fuͤr die
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