auxilio Praetoris opus est; wie Ios.averanius in Interpretat. iuris Lib. I. c. 14. n. 24. et 25. die- ses erklärt hat. Zuletzt scheinen noch
14) die alten Römischen Juristen eine ganz eigene Bedeutung mit dem Wort ius verbunden zu haben, wenn sie sich öfters des Ausdrucks bedienen, daß etwas mehr in facto als in iure bestehe, oder sonst ius und factum einander entgegensetzen. Wir finden solche Re- densarten in verschiedenen Stellen unserer Pandecten, wovon ich einige als Beispiele anführen will. Wenn Herennius Modestinusin L. 10. D. de capite mi- nutis, welches Fragment aus dem achten Buch seiner Differentiarum genommen ist, beweisen will, daß das Vermächtniß der Habitation zwar, wie das Ver- mächtniß jährlicher oder monatlicher Einkünfte, mit dem Tode des Legatars sich endige, aber keines derselben durch etwa erlittene Kapitisdeminution des Legatars ver- lohren werde, sondern, derselben ohngeachtet, noch im- mer fortdauere, so führt er den Grund an: quia tale legatum in facto potius, quam in iure, consistit. PaulusL. 27. §. 2. D. de pactis: drukt sich fast auf die nehmliche Art aus: In stipulationibus ius con- tinetur, in pactis factum versatur. So sagt ferner UlpianL. 41. D. de peculio: Nec servus quicquam debere potest, nec servo potest deberi. Sed cum eo verbo abutimur, factum magis demonstramus, quam ad ius civile referimus obligationem. Man findet in denen Römischen Gesetzbüchern noch mehrere Stellen, in welchen ius und factum einander entgegen. gesetzet werden. Vergleiche L. 48. §. 1. D. de acquir. rer. dominio, L. 38. §. 6. D. de verbor. obligat. u. a. m. Es frägt sich also, in was für einer Bedeu- tung das Wort ius in diesen Stellen der Pandecten von
denen
de Iuſtitia et Iure.
auxilio Praetoris opus eſt; wie Ioſ.averanius in Interpretat. iuris Lib. I. c. 14. n. 24. et 25. die- ſes erklaͤrt hat. Zuletzt ſcheinen noch
14) die alten Roͤmiſchen Juriſten eine ganz eigene Bedeutung mit dem Wort ius verbunden zu haben, wenn ſie ſich oͤfters des Ausdrucks bedienen, daß etwas mehr in facto als in iure beſtehe, oder ſonſt ius und factum einander entgegenſetzen. Wir finden ſolche Re- densarten in verſchiedenen Stellen unſerer Pandecten, wovon ich einige als Beiſpiele anfuͤhren will. Wenn Herennius Modeſtinusin L. 10. D. de capite mi- nutis, welches Fragment aus dem achten Buch ſeiner Differentiarum genommen iſt, beweiſen will, daß das Vermaͤchtniß der Habitation zwar, wie das Ver- maͤchtniß jaͤhrlicher oder monatlicher Einkuͤnfte, mit dem Tode des Legatars ſich endige, aber keines derſelben durch etwa erlittene Kapitisdeminution des Legatars ver- lohren werde, ſondern, derſelben ohngeachtet, noch im- mer fortdauere, ſo fuͤhrt er den Grund an: quia tale legatum in facto potius, quam in iure, conſiſtit. PaulusL. 27. §. 2. D. de pactis: drukt ſich faſt auf die nehmliche Art aus: In ſtipulationibus ius con- tinetur, in pactis factum verſatur. So ſagt ferner UlpianL. 41. D. de peculio: Nec ſervus quicquam debere poteſt, nec ſervo poteſt deberi. Sed cum eo verbo abutimur, factum magis demonſtramus, quam ad ius civile referimus obligationem. Man findet in denen Roͤmiſchen Geſetzbuͤchern noch mehrere Stellen, in welchen ius und factum einander entgegen. geſetzet werden. Vergleiche L. 48. §. 1. D. de acquir. rer. dominio, L. 38. §. 6. D. de verbor. obligat. u. a. m. Es fraͤgt ſich alſo, in was fuͤr einer Bedeu- tung das Wort ius in dieſen Stellen der Pandecten von
denen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0031"n="11"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">de Iuſtitia et Iure.</hi></fw><lb/><hirendition="#aq">auxilio Praetoris opus eſt;</hi> wie <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Ioſ.</hi><hirendition="#k">averanius</hi><lb/><hirendition="#i">in Interpretat. iuris</hi> Lib. I. c. 14. n. 24. et</hi> 25. die-<lb/>ſes erklaͤrt hat. Zuletzt ſcheinen noch</p><lb/><p>14) die alten Roͤmiſchen Juriſten eine ganz eigene<lb/>
Bedeutung mit dem Wort <hirendition="#i"><hirendition="#aq">ius</hi></hi> verbunden zu haben,<lb/>
wenn ſie ſich oͤfters des Ausdrucks bedienen, daß etwas<lb/>
mehr <hirendition="#i"><hirendition="#aq">in facto</hi></hi> als <hirendition="#i"><hirendition="#aq">in iure</hi></hi> beſtehe, oder ſonſt <hirendition="#i"><hirendition="#aq">ius</hi></hi> und<lb/><hirendition="#i"><hirendition="#aq">factum</hi></hi> einander entgegenſetzen. Wir finden ſolche Re-<lb/>
densarten in verſchiedenen Stellen unſerer Pandecten,<lb/>
wovon ich einige als Beiſpiele anfuͤhren will. Wenn<lb/><hirendition="#fr">Herennius Modeſtinus</hi><hirendition="#aq">in <hirendition="#i">L.</hi> 10. <hirendition="#i">D. de capite mi-<lb/>
nutis,</hi></hi> welches Fragment aus dem achten Buch ſeiner<lb/><hirendition="#g"><hirendition="#aq">Differentiarum</hi></hi> genommen iſt, beweiſen will, daß<lb/>
das Vermaͤchtniß der Habitation zwar, wie das Ver-<lb/>
maͤchtniß jaͤhrlicher oder monatlicher Einkuͤnfte, mit dem<lb/>
Tode des Legatars ſich endige, aber keines derſelben<lb/>
durch etwa erlittene Kapitisdeminution des Legatars ver-<lb/>
lohren werde, ſondern, derſelben ohngeachtet, noch im-<lb/>
mer fortdauere, ſo fuͤhrt er den Grund an: <hirendition="#aq">quia tale<lb/>
legatum <hirendition="#i">in facto</hi> potius, quam <hirendition="#i">in iure,</hi> conſiſtit.</hi><lb/><hirendition="#fr">Paulus</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 27. §. 2. <hirendition="#i">D. de pactis:</hi></hi> drukt ſich faſt<lb/>
auf die nehmliche Art aus: <hirendition="#aq">In ſtipulationibus <hirendition="#i">ius</hi> con-<lb/>
tinetur, in pactis <hirendition="#i">factum</hi> verſatur.</hi> So ſagt ferner<lb/><hirendition="#fr">Ulpian</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 41. <hirendition="#i">D. de peculio:</hi> Nec ſervus quicquam<lb/>
debere poteſt, nec ſervo poteſt deberi. Sed cum<lb/>
eo verbo abutimur, <hirendition="#i">factum</hi> magis demonſtramus,<lb/>
quam ad <hirendition="#i">ius civile</hi> referimus obligationem.</hi> Man<lb/>
findet in denen Roͤmiſchen Geſetzbuͤchern noch mehrere<lb/>
Stellen, in welchen <hirendition="#i"><hirendition="#aq">ius</hi></hi> und <hirendition="#i"><hirendition="#aq">factum</hi></hi> einander entgegen.<lb/>
geſetzet werden. Vergleiche <hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 48. §. 1. <hirendition="#i">D. de acquir.<lb/>
rer. dominio, L.</hi> 38. §. 6. <hirendition="#i">D. de verbor. obligat.</hi></hi><lb/>
u. a. m. Es fraͤgt ſich alſo, in was fuͤr einer Bedeu-<lb/>
tung das Wort <hirendition="#i"><hirendition="#aq">ius</hi></hi> in dieſen Stellen der Pandecten von<lb/><fwplace="bottom"type="catch">denen</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[11/0031]
de Iuſtitia et Iure.
auxilio Praetoris opus eſt; wie Ioſ. averanius
in Interpretat. iuris Lib. I. c. 14. n. 24. et 25. die-
ſes erklaͤrt hat. Zuletzt ſcheinen noch
14) die alten Roͤmiſchen Juriſten eine ganz eigene
Bedeutung mit dem Wort ius verbunden zu haben,
wenn ſie ſich oͤfters des Ausdrucks bedienen, daß etwas
mehr in facto als in iure beſtehe, oder ſonſt ius und
factum einander entgegenſetzen. Wir finden ſolche Re-
densarten in verſchiedenen Stellen unſerer Pandecten,
wovon ich einige als Beiſpiele anfuͤhren will. Wenn
Herennius Modeſtinus in L. 10. D. de capite mi-
nutis, welches Fragment aus dem achten Buch ſeiner
Differentiarum genommen iſt, beweiſen will, daß
das Vermaͤchtniß der Habitation zwar, wie das Ver-
maͤchtniß jaͤhrlicher oder monatlicher Einkuͤnfte, mit dem
Tode des Legatars ſich endige, aber keines derſelben
durch etwa erlittene Kapitisdeminution des Legatars ver-
lohren werde, ſondern, derſelben ohngeachtet, noch im-
mer fortdauere, ſo fuͤhrt er den Grund an: quia tale
legatum in facto potius, quam in iure, conſiſtit.
Paulus L. 27. §. 2. D. de pactis: drukt ſich faſt
auf die nehmliche Art aus: In ſtipulationibus ius con-
tinetur, in pactis factum verſatur. So ſagt ferner
Ulpian L. 41. D. de peculio: Nec ſervus quicquam
debere poteſt, nec ſervo poteſt deberi. Sed cum
eo verbo abutimur, factum magis demonſtramus,
quam ad ius civile referimus obligationem. Man
findet in denen Roͤmiſchen Geſetzbuͤchern noch mehrere
Stellen, in welchen ius und factum einander entgegen.
geſetzet werden. Vergleiche L. 48. §. 1. D. de acquir.
rer. dominio, L. 38. §. 6. D. de verbor. obligat.
u. a. m. Es fraͤgt ſich alſo, in was fuͤr einer Bedeu-
tung das Wort ius in dieſen Stellen der Pandecten von
denen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/31>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.