Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Iustitia et Iure. man, finde nur beym Handel und solchen Contractenstatt, in denen die Partheyen einander gegenseitig er- was zu leisten versprochen haben; die geometrische hingegen werde bey Beschwerungen oder gemeinen Lasten der Unterthanen, sodann bey Belohnungen und Bese- tzung der Ehrenstellen, desgleichen bey der Bestrafung der Verbrechen, auch bey der Berechnung im Concurse, wenn die Frage ist, wie viel ein jeder Gläubiger an Unkosten, oder, wenn mehrere Gläubiger derselbigen Gattung vorhanden sind, die kein Vorzugsrecht vor einander haben, wegen nicht hinreichender Concursmasse, an der Forderung sich müssen abgehen lassen, und der- gleichen, angewendet 33). Man sagt ferner, Iustitia distributiva nehme auf die Persohn, Stand und Ver- dienst Rücksicht, die commutativa aber nicht. Allein das Irrige dieser pur - scholastischen, und in unsern Gesetzen nirgends gegründeten Eintheilung zeigt sich so- gleich offenbar, wenn man erwägt, daß unsere Gesetze auch bey dem Handel und Verträgen, die einzelne Bürger mit einander schliessen, nicht nur einen Unter- schied der Persohnen in Ansehung ihres Alters, Ge- schlechts und anderer Verhältnisse, statt finden lassen, sondern auch selbst in Ansehung der versprochenen Prä- stationen überall eine geometrische Proportion beobachtet wissen wollen. Wie verschieden sind nicht die Rechte der Pupillen und Minderjährigen bey den Verträgen und Veräusserungen? -- der Weibspersohnen bey Bürg- schaften? -- der filiorumfamilias beym Darlehnscon- tract, 33) Jo. Ge. Estor Anfangsgründe des gemeinen und Reichs - Processes 3. Theil S. 4. §. 5. Io. Ge. daries Diss. de interpretat. et extensione L. 2. C. de resc. vendit. Trajecti ad Viadr. 1775. §. 24. hofacker Princip. iuris civ. Rom. Germ. P. I. §. 16. T 3
de Iuſtitia et Iure. man, finde nur beym Handel und ſolchen Contractenſtatt, in denen die Partheyen einander gegenſeitig er- was zu leiſten verſprochen haben; die geometriſche hingegen werde bey Beſchwerungen oder gemeinen Laſten der Unterthanen, ſodann bey Belohnungen und Beſe- tzung der Ehrenſtellen, desgleichen bey der Beſtrafung der Verbrechen, auch bey der Berechnung im Concurſe, wenn die Frage iſt, wie viel ein jeder Glaͤubiger an Unkoſten, oder, wenn mehrere Glaͤubiger derſelbigen Gattung vorhanden ſind, die kein Vorzugsrecht vor einander haben, wegen nicht hinreichender Concursmaſſe, an der Forderung ſich muͤſſen abgehen laſſen, und der- gleichen, angewendet 33). Man ſagt ferner, Iuſtitia diſtributiva nehme auf die Perſohn, Stand und Ver- dienſt Ruͤckſicht, die commutativa aber nicht. Allein das Irrige dieſer pur - ſcholaſtiſchen, und in unſern Geſetzen nirgends gegruͤndeten Eintheilung zeigt ſich ſo- gleich offenbar, wenn man erwaͤgt, daß unſere Geſetze auch bey dem Handel und Vertraͤgen, die einzelne Buͤrger mit einander ſchlieſſen, nicht nur einen Unter- ſchied der Perſohnen in Anſehung ihres Alters, Ge- ſchlechts und anderer Verhaͤltniſſe, ſtatt finden laſſen, ſondern auch ſelbſt in Anſehung der verſprochenen Praͤ- ſtationen uͤberall eine geometriſche Proportion beobachtet wiſſen wollen. Wie verſchieden ſind nicht die Rechte der Pupillen und Minderjaͤhrigen bey den Vertraͤgen und Veraͤuſſerungen? — der Weibsperſohnen bey Buͤrg- ſchaften? — der filiorumfamilias beym Darlehnscon- tract, 33) Jo. Ge. Eſtor Anfangsgruͤnde des gemeinen und Reichs - Proceſſes 3. Theil S. 4. §. 5. Io. Ge. daries Diſſ. de interpretat. et extenſione L. 2. C. de reſc. vendit. Trajecti ad Viadr. 1775. §. 24. hofacker Princip. iuris civ. Rom. Germ. P. I. §. 16. T 3
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de Iuſtitia et Iure.
man, finde nur beym Handel und ſolchen Contracten
ſtatt, in denen die Partheyen einander gegenſeitig er-
was zu leiſten verſprochen haben; die geometriſche
hingegen werde bey Beſchwerungen oder gemeinen Laſten
der Unterthanen, ſodann bey Belohnungen und Beſe-
tzung der Ehrenſtellen, desgleichen bey der Beſtrafung
der Verbrechen, auch bey der Berechnung im Concurſe,
wenn die Frage iſt, wie viel ein jeder Glaͤubiger an
Unkoſten, oder, wenn mehrere Glaͤubiger derſelbigen
Gattung vorhanden ſind, die kein Vorzugsrecht vor
einander haben, wegen nicht hinreichender Concursmaſſe,
an der Forderung ſich muͤſſen abgehen laſſen, und der-
gleichen, angewendet 33). Man ſagt ferner, Iuſtitia
diſtributiva nehme auf die Perſohn, Stand und Ver-
dienſt Ruͤckſicht, die commutativa aber nicht. Allein
das Irrige dieſer pur - ſcholaſtiſchen, und in unſern
Geſetzen nirgends gegruͤndeten Eintheilung zeigt ſich ſo-
gleich offenbar, wenn man erwaͤgt, daß unſere Geſetze
auch bey dem Handel und Vertraͤgen, die einzelne
Buͤrger mit einander ſchlieſſen, nicht nur einen Unter-
ſchied der Perſohnen in Anſehung ihres Alters, Ge-
ſchlechts und anderer Verhaͤltniſſe, ſtatt finden laſſen,
ſondern auch ſelbſt in Anſehung der verſprochenen Praͤ-
ſtationen uͤberall eine geometriſche Proportion beobachtet
wiſſen wollen. Wie verſchieden ſind nicht die Rechte
der Pupillen und Minderjaͤhrigen bey den Vertraͤgen
und Veraͤuſſerungen? — der Weibsperſohnen bey Buͤrg-
ſchaften? — der filiorumfamilias beym Darlehnscon-
tract,
33) Jo. Ge. Eſtor Anfangsgruͤnde des gemeinen
und Reichs - Proceſſes 3. Theil S. 4. §. 5. Io.
Ge. daries Diſſ. de interpretat. et extenſione
L. 2. C. de reſc. vendit. Trajecti ad Viadr. 1775. §. 24.
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