Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Buch. 2. Tit.
schen darum, weil sie ihren Sitten und Den-
kungsart ganz entgegen giengen, nicht reci-
pirt worden sind
.

Die Lehre von Erbverträgen giebt uns hier-
von ein sehr treffendes Beyspiel. Nach römischen Rech-
ten gelten sie, einige wenige Fälle ausgenommen, nicht,
man besorgte, vielleicht nicht ohne Grund, sie möchten
den Wunsch nach des andern Tode rege machen, und
wohl gar zu Lebensnachstellungen Anlaß geben 12). Al-
lein bey den Teutschen sind Erbverträge von jeher üblich
gewesen, und als gültig und unwiderruflich angesehen
worden. Ja sie waren, ehe die Teutschen durch Ein-
führung des römischen Rechts die Testamente kennen
lernten, das einzige Mittel, über seine Erbfolge zu dis-
poniren. Diese Grundsätze haben die Teutschen auch
noch nach Einführung des römischen Rechts, alles darin
enthaltenen Verbots ohngeachtet, bis auf den heutigen
Tag aufrecht zu erhalten gewust. Daher die Vorschrif-
ten des römischen Rechts in dieser Materie keine An-
wendung bey uns finden 13). Ob auch die römischen
Gesetze vom Spiel hierher zu rechnen, ist unter denen
Rechtsgelehrten annoch streitig 14). Daher ich zu sei-
ner Zeit (Tit. de aleatoribus) davon handeln werde.

§. 60.
Fünfte Regel.

Auf solche Gegenstände und Rechtshand-
lungen der Teutschen, welche den Römern

ganz
12) L. 2. §. 2. D. de vulg. et pup. subst. L. 27. §. 4. D. ad
SCT. Trebell. L. ult. C. de pactis.
13) Ad. Fr. hebestreit Vindiciae veri valoris pa-
ctor. successor
. Erfordiae
1768.
14) S. Weher Entwicklung der Lehre von der
natürlichen Verbindlichkeit
. 2te Abtheil. §. 65.
Not. 224. S. 227. und folg.

1. Buch. 2. Tit.
ſchen darum, weil ſie ihren Sitten und Den-
kungsart ganz entgegen giengen, nicht reci-
pirt worden ſind
.

Die Lehre von Erbvertraͤgen giebt uns hier-
von ein ſehr treffendes Beyſpiel. Nach roͤmiſchen Rech-
ten gelten ſie, einige wenige Faͤlle ausgenommen, nicht,
man beſorgte, vielleicht nicht ohne Grund, ſie moͤchten
den Wunſch nach des andern Tode rege machen, und
wohl gar zu Lebensnachſtellungen Anlaß geben 12). Al-
lein bey den Teutſchen ſind Erbvertraͤge von jeher uͤblich
geweſen, und als guͤltig und unwiderruflich angeſehen
worden. Ja ſie waren, ehe die Teutſchen durch Ein-
fuͤhrung des roͤmiſchen Rechts die Teſtamente kennen
lernten, das einzige Mittel, uͤber ſeine Erbfolge zu dis-
poniren. Dieſe Grundſaͤtze haben die Teutſchen auch
noch nach Einfuͤhrung des roͤmiſchen Rechts, alles darin
enthaltenen Verbots ohngeachtet, bis auf den heutigen
Tag aufrecht zu erhalten gewuſt. Daher die Vorſchrif-
ten des roͤmiſchen Rechts in dieſer Materie keine An-
wendung bey uns finden 13). Ob auch die roͤmiſchen
Geſetze vom Spiel hierher zu rechnen, iſt unter denen
Rechtsgelehrten annoch ſtreitig 14). Daher ich zu ſei-
ner Zeit (Tit. de aleatoribus) davon handeln werde.

§. 60.
Fuͤnfte Regel.

Auf ſolche Gegenſtaͤnde und Rechtshand-
lungen der Teutſchen, welche den Roͤmern

ganz
12) L. 2. §. 2. D. de vulg. et pup. ſubſt. L. 27. §. 4. D. ad
SCT. Trebell. L. ult. C. de pactis.
13) Ad. Fr. hebestreit Vindiciae veri valoris pa-
ctor. ſucceſſor
. Erfordiae
1768.
14) S. Weher Entwicklung der Lehre von der
natuͤrlichen Verbindlichkeit
. 2te Abtheil. §. 65.
Not. 224. S. 227. und folg.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0376" n="356"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 2. Tit.</hi></fw><lb/><hi rendition="#g">&#x017F;chen darum, weil &#x017F;ie ihren Sitten und Den-<lb/>
kungsart ganz entgegen giengen, nicht reci-<lb/>
pirt worden &#x017F;ind</hi>.</p><lb/>
                <p>Die Lehre von <hi rendition="#g">Erbvertra&#x0364;gen</hi> giebt uns hier-<lb/>
von ein &#x017F;ehr treffendes Bey&#x017F;piel. Nach ro&#x0364;mi&#x017F;chen Rech-<lb/>
ten gelten &#x017F;ie, einige wenige Fa&#x0364;lle ausgenommen, nicht,<lb/>
man be&#x017F;orgte, vielleicht nicht ohne Grund, &#x017F;ie mo&#x0364;chten<lb/>
den Wun&#x017F;ch nach des andern Tode rege machen, und<lb/>
wohl gar zu Lebensnach&#x017F;tellungen Anlaß geben <note place="foot" n="12)"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L. 2. §. 2. D. de vulg. et pup. &#x017F;ub&#x017F;t. L. 27. §. 4. D. ad<lb/>
SCT. Trebell. L. ult. C. de pactis.</hi></hi></note>. Al-<lb/>
lein bey den Teut&#x017F;chen &#x017F;ind Erbvertra&#x0364;ge von jeher u&#x0364;blich<lb/>
gewe&#x017F;en, und als gu&#x0364;ltig und unwiderruflich ange&#x017F;ehen<lb/>
worden. Ja &#x017F;ie waren, ehe die Teut&#x017F;chen durch Ein-<lb/>
fu&#x0364;hrung des ro&#x0364;mi&#x017F;chen Rechts die Te&#x017F;tamente kennen<lb/>
lernten, das einzige Mittel, u&#x0364;ber &#x017F;eine Erbfolge zu dis-<lb/>
poniren. Die&#x017F;e Grund&#x017F;a&#x0364;tze haben die Teut&#x017F;chen auch<lb/>
noch nach Einfu&#x0364;hrung des ro&#x0364;mi&#x017F;chen Rechts, alles darin<lb/>
enthaltenen Verbots ohngeachtet, bis auf den heutigen<lb/>
Tag aufrecht zu erhalten gewu&#x017F;t. Daher die Vor&#x017F;chrif-<lb/>
ten des ro&#x0364;mi&#x017F;chen Rechts in die&#x017F;er Materie keine An-<lb/>
wendung bey uns finden <note place="foot" n="13)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Ad. Fr.</hi><hi rendition="#k">hebestreit</hi><hi rendition="#g">Vindiciae veri valoris pa-<lb/>
ctor. &#x017F;ucce&#x017F;&#x017F;or</hi>. Erfordiae</hi> 1768.</note>. Ob auch die ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Ge&#x017F;etze vom <hi rendition="#g">Spiel</hi> hierher zu rechnen, i&#x017F;t unter denen<lb/>
Rechtsgelehrten annoch &#x017F;treitig <note place="foot" n="14)">S. Weher <hi rendition="#g">Entwicklung der Lehre von der<lb/>
natu&#x0364;rlichen Verbindlichkeit</hi>. 2te Abtheil. §. 65.<lb/>
Not. 224. S. 227. und folg.</note>. Daher ich zu &#x017F;ei-<lb/>
ner Zeit (<hi rendition="#aq">Tit. <hi rendition="#i">de aleatoribus</hi></hi>) davon handeln werde.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 60.<lb/><hi rendition="#g">Fu&#x0364;nfte Regel</hi>.</head><lb/>
                <p> <hi rendition="#g">Auf &#x017F;olche Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde und Rechtshand-<lb/>
lungen der Teut&#x017F;chen, welche den Ro&#x0364;mern</hi><lb/>
                  <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#g">ganz</hi> </fw><lb/>
                </p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[356/0376] 1. Buch. 2. Tit. ſchen darum, weil ſie ihren Sitten und Den- kungsart ganz entgegen giengen, nicht reci- pirt worden ſind. Die Lehre von Erbvertraͤgen giebt uns hier- von ein ſehr treffendes Beyſpiel. Nach roͤmiſchen Rech- ten gelten ſie, einige wenige Faͤlle ausgenommen, nicht, man beſorgte, vielleicht nicht ohne Grund, ſie moͤchten den Wunſch nach des andern Tode rege machen, und wohl gar zu Lebensnachſtellungen Anlaß geben 12). Al- lein bey den Teutſchen ſind Erbvertraͤge von jeher uͤblich geweſen, und als guͤltig und unwiderruflich angeſehen worden. Ja ſie waren, ehe die Teutſchen durch Ein- fuͤhrung des roͤmiſchen Rechts die Teſtamente kennen lernten, das einzige Mittel, uͤber ſeine Erbfolge zu dis- poniren. Dieſe Grundſaͤtze haben die Teutſchen auch noch nach Einfuͤhrung des roͤmiſchen Rechts, alles darin enthaltenen Verbots ohngeachtet, bis auf den heutigen Tag aufrecht zu erhalten gewuſt. Daher die Vorſchrif- ten des roͤmiſchen Rechts in dieſer Materie keine An- wendung bey uns finden 13). Ob auch die roͤmiſchen Geſetze vom Spiel hierher zu rechnen, iſt unter denen Rechtsgelehrten annoch ſtreitig 14). Daher ich zu ſei- ner Zeit (Tit. de aleatoribus) davon handeln werde. §. 60. Fuͤnfte Regel. Auf ſolche Gegenſtaͤnde und Rechtshand- lungen der Teutſchen, welche den Roͤmern ganz 12) L. 2. §. 2. D. de vulg. et pup. ſubſt. L. 27. §. 4. D. ad SCT. Trebell. L. ult. C. de pactis. 13) Ad. Fr. hebestreit Vindiciae veri valoris pa- ctor. ſucceſſor. Erfordiae 1768. 14) S. Weher Entwicklung der Lehre von der natuͤrlichen Verbindlichkeit. 2te Abtheil. §. 65. Not. 224. S. 227. und folg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/376
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/376>, abgerufen am 24.11.2024.