Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Buch. 2. Tit.
stamenten, oder von den Wirkungen der römischen
väterlichen Gewalt
, disponirt, so ist ein solches,
wenn es undeutlich und unvollständig ist, allerdings aus
dem römischen Rechte zu erklären. Eben deswegen kann
auch die Vorschrift der Reichsgesetze, welche die Grös-
se rechtmäsiger Zinsen auf 5. pro Cent festsetzen, nicht
mit Ausschliessung derjenigen Fälle verstanden werden,
wo die fremden Rechte Ausnahmen machen, und mehr
als sonst gewöhnliche Zinsen erlauben, als z. B. wenn
der Gläubiger die Gefahr des Capitals trägt, wie bey
Assecuranzen, Bodmerey und Leibrenthen Contract. Denn
die Verordnung der Reichsgesetze ist wirklich unbestimmt
und zweifelhaft, weil sie eigentlich nur von Verzugs-
zinsen
redet.

3) Wenn ein einheimisches Gesez von
solchen Gegenständen redet, die ganz teut-
schen Ursprungs sind, und bey deren Erklä-
rung man das römische Recht sehr übel und
unschicklich anwenden würde, so muß dassel-
be aus einheimischen Grundsätzen, d. i. aus
ächten teutschen Rechten und Gewohnheiten
seine Erläuterung bekommen
72). Dieses folgt
ebenfalls daraus, weil Gesetze aus ihrer Quelle zu er-
klären sind. Man setze z. B. ein Statut oder teut-
ses Partieulargesez, rede von der Gemeinschaft der Gü-
ter unter Ehegatten, oder von der statutarischen Por-
tion derselben, oder von der ehelichen Errungenschaft;
oder vom Wittum, oder der Einkindschaft, u. d. m.

es
72) Man vergleiche hier vorzüglich Io. Ulr. cramer Diss.
de interpretatione statutorum. Marburgi 1739. Cap. II.

§. 8. und des um die Litteratur so verdienstvollen Herrn
D. Joh. Christ. Koppe schönes Program über die
nothwendige Kultur und Erlernung des
teutschen Privatrechts
. Rostok 1789. 4.

1. Buch. 2. Tit.
ſtamenten, oder von den Wirkungen der roͤmiſchen
vaͤterlichen Gewalt
, disponirt, ſo iſt ein ſolches,
wenn es undeutlich und unvollſtaͤndig iſt, allerdings aus
dem roͤmiſchen Rechte zu erklaͤren. Eben deswegen kann
auch die Vorſchrift der Reichsgeſetze, welche die Groͤſ-
ſe rechtmaͤſiger Zinſen auf 5. pro Cent feſtſetzen, nicht
mit Ausſchlieſſung derjenigen Faͤlle verſtanden werden,
wo die fremden Rechte Ausnahmen machen, und mehr
als ſonſt gewoͤhnliche Zinſen erlauben, als z. B. wenn
der Glaͤubiger die Gefahr des Capitals traͤgt, wie bey
Aſſecuranzen, Bodmerey und Leibrenthen Contract. Denn
die Verordnung der Reichsgeſetze iſt wirklich unbeſtimmt
und zweifelhaft, weil ſie eigentlich nur von Verzugs-
zinſen
redet.

3) Wenn ein einheimiſches Geſez von
ſolchen Gegenſtaͤnden redet, die ganz teut-
ſchen Urſprungs ſind, und bey deren Erklaͤ-
rung man das roͤmiſche Recht ſehr uͤbel und
unſchicklich anwenden wuͤrde, ſo muß daſſel-
be aus einheimiſchen Grundſaͤtzen, d. i. aus
aͤchten teutſchen Rechten und Gewohnheiten
ſeine Erlaͤuterung bekommen
72). Dieſes folgt
ebenfalls daraus, weil Geſetze aus ihrer Quelle zu er-
klaͤren ſind. Man ſetze z. B. ein Statut oder teut-
ſes Partieulargeſez, rede von der Gemeinſchaft der Guͤ-
ter unter Ehegatten, oder von der ſtatutariſchen Por-
tion derſelben, oder von der ehelichen Errungenſchaft;
oder vom Wittum, oder der Einkindſchaft, u. d. m.

es
72) Man vergleiche hier vorzuͤglich Io. Ulr. cramer Diſſ.
de interpretatione ſtatutorum. Marburgi 1739. Cap. II.

§. 8. und des um die Litteratur ſo verdienſtvollen Herrn
D. Joh. Chriſt. Koppe ſchoͤnes Program uͤber die
nothwendige Kultur und Erlernung des
teutſchen Privatrechts
. Roſtok 1789. 4.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0402" n="382"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 2. Tit.</hi></fw><lb/><hi rendition="#g">&#x017F;tamenten</hi>, oder von den Wirkungen der <hi rendition="#g">ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
va&#x0364;terlichen Gewalt</hi>, disponirt, &#x017F;o i&#x017F;t ein &#x017F;olches,<lb/>
wenn es undeutlich und unvoll&#x017F;ta&#x0364;ndig i&#x017F;t, allerdings aus<lb/>
dem ro&#x0364;mi&#x017F;chen Rechte zu erkla&#x0364;ren. Eben deswegen kann<lb/>
auch die Vor&#x017F;chrift der Reichsge&#x017F;etze, welche die Gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e rechtma&#x0364;&#x017F;iger Zin&#x017F;en auf 5. <hi rendition="#aq">pro Cent</hi> fe&#x017F;t&#x017F;etzen, nicht<lb/>
mit Aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung derjenigen Fa&#x0364;lle ver&#x017F;tanden werden,<lb/>
wo die fremden Rechte Ausnahmen machen, und mehr<lb/>
als &#x017F;on&#x017F;t gewo&#x0364;hnliche Zin&#x017F;en erlauben, als z. B. wenn<lb/>
der Gla&#x0364;ubiger die Gefahr des Capitals tra&#x0364;gt, wie bey<lb/>
A&#x017F;&#x017F;ecuranzen, Bodmerey und Leibrenthen Contract. Denn<lb/>
die Verordnung der Reichsge&#x017F;etze i&#x017F;t wirklich unbe&#x017F;timmt<lb/>
und zweifelhaft, weil &#x017F;ie eigentlich nur von <hi rendition="#g">Verzugs-<lb/>
zin&#x017F;en</hi> redet.</p><lb/>
              <p>3) <hi rendition="#g">Wenn ein einheimi&#x017F;ches Ge&#x017F;ez von<lb/>
&#x017F;olchen Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden redet, die ganz teut-<lb/>
&#x017F;chen Ur&#x017F;prungs &#x017F;ind, und bey deren Erkla&#x0364;-<lb/>
rung man das ro&#x0364;mi&#x017F;che Recht &#x017F;ehr u&#x0364;bel und<lb/>
un&#x017F;chicklich anwenden wu&#x0364;rde, &#x017F;o muß da&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
be aus einheimi&#x017F;chen Grund&#x017F;a&#x0364;tzen, d. i. aus<lb/>
a&#x0364;chten teut&#x017F;chen Rechten und Gewohnheiten<lb/>
&#x017F;eine Erla&#x0364;uterung bekommen</hi> <note place="foot" n="72)">Man vergleiche hier vorzu&#x0364;glich <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Io. Ulr</hi>. <hi rendition="#k">cramer</hi> Di&#x017F;&#x017F;.<lb/>
de interpretatione &#x017F;tatutorum. <hi rendition="#i">Marburgi</hi> 1739. Cap. II.</hi><lb/>
§. 8. und des um die Litteratur &#x017F;o verdien&#x017F;tvollen Herrn<lb/><hi rendition="#aq">D.</hi> <hi rendition="#fr">Joh. Chri&#x017F;t. Koppe</hi> &#x017F;cho&#x0364;nes Program <hi rendition="#g">u&#x0364;ber die<lb/>
nothwendige Kultur und Erlernung des<lb/>
teut&#x017F;chen Privatrechts</hi>. Ro&#x017F;tok 1789. 4.</note>. Die&#x017F;es folgt<lb/>
ebenfalls daraus, weil Ge&#x017F;etze aus ihrer Quelle zu er-<lb/>
kla&#x0364;ren &#x017F;ind. Man &#x017F;etze z. B. ein Statut oder teut-<lb/>
&#x017F;es Partieularge&#x017F;ez, rede von der Gemein&#x017F;chaft der Gu&#x0364;-<lb/>
ter unter Ehegatten, oder von der &#x017F;tatutari&#x017F;chen Por-<lb/>
tion der&#x017F;elben, oder von der ehelichen Errungen&#x017F;chaft;<lb/>
oder vom Wittum, oder der Einkind&#x017F;chaft, u. d. m.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[382/0402] 1. Buch. 2. Tit. ſtamenten, oder von den Wirkungen der roͤmiſchen vaͤterlichen Gewalt, disponirt, ſo iſt ein ſolches, wenn es undeutlich und unvollſtaͤndig iſt, allerdings aus dem roͤmiſchen Rechte zu erklaͤren. Eben deswegen kann auch die Vorſchrift der Reichsgeſetze, welche die Groͤſ- ſe rechtmaͤſiger Zinſen auf 5. pro Cent feſtſetzen, nicht mit Ausſchlieſſung derjenigen Faͤlle verſtanden werden, wo die fremden Rechte Ausnahmen machen, und mehr als ſonſt gewoͤhnliche Zinſen erlauben, als z. B. wenn der Glaͤubiger die Gefahr des Capitals traͤgt, wie bey Aſſecuranzen, Bodmerey und Leibrenthen Contract. Denn die Verordnung der Reichsgeſetze iſt wirklich unbeſtimmt und zweifelhaft, weil ſie eigentlich nur von Verzugs- zinſen redet. 3) Wenn ein einheimiſches Geſez von ſolchen Gegenſtaͤnden redet, die ganz teut- ſchen Urſprungs ſind, und bey deren Erklaͤ- rung man das roͤmiſche Recht ſehr uͤbel und unſchicklich anwenden wuͤrde, ſo muß daſſel- be aus einheimiſchen Grundſaͤtzen, d. i. aus aͤchten teutſchen Rechten und Gewohnheiten ſeine Erlaͤuterung bekommen 72). Dieſes folgt ebenfalls daraus, weil Geſetze aus ihrer Quelle zu er- klaͤren ſind. Man ſetze z. B. ein Statut oder teut- ſes Partieulargeſez, rede von der Gemeinſchaft der Guͤ- ter unter Ehegatten, oder von der ſtatutariſchen Por- tion derſelben, oder von der ehelichen Errungenſchaft; oder vom Wittum, oder der Einkindſchaft, u. d. m. es 72) Man vergleiche hier vorzuͤglich Io. Ulr. cramer Diſſ. de interpretatione ſtatutorum. Marburgi 1739. Cap. II. §. 8. und des um die Litteratur ſo verdienſtvollen Herrn D. Joh. Chriſt. Koppe ſchoͤnes Program uͤber die nothwendige Kultur und Erlernung des teutſchen Privatrechts. Roſtok 1789. 4.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/402
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/402>, abgerufen am 24.11.2024.