Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 3. Tit. aliis non nocent, qui non consensisse probari pos-sunt 49); es wäre denn, daß die Gesetze selbst die be- sondere Gewohnheit eines Hausvaters in gewissen Fällen zur Norm vorgeschrieben hätten, wie z. B. bey Erklä- rung lezter Willensverordnungen. Es hat auch keinen Zweifel, daß der Richter dasienige, was in einem ge- wissen Falle gemeiniglich und von den Meisten zu gesche- hen pflegt, in Zweifel zum Entscheidungsgrunde anneh- men könne, wenn nicht aus den Umständen zu ersehen ist, daß den Partheyen in dem vorliegenden Falle ein anders gefallen habe 50). Im zweiten Falle aber, wenn alle Einwohner einer gewissen Region zeithero sich nach einer gewissen Regel gerichtet, und solche in der Meinung, daß sie so, und nicht anders, zu handeln verbunden, un- abgeändert beobachtet haben, so wird eine solche Regel endlich durch die Länge der Zeit zur verbindlichen Gewohnheit 51), und diese nimmt, so fern sie vom Gesetz- geber, 49) L. 1. C. inter alios acta etc. L. 74. D. de R. I. 50) Man sehe hier die schon mehrmahlen angeführte Diss. des crell Obs. 3. S. 15. woraus ich nur folgende Stelle anfüh- ren will: Quoties non animo, constituendi regulam, aliquid invaluit, quamvis a multis frequentatum sit, vim con- suetudinis et legis non habebit. Eo pertinent, quae vel non diu satis, vel non ab omnibus, sed a multis duntaxat, neque perpetuo similiter, observata sunt: ut appareat, cuiusque arbitrio permissum esse, an sequi velit exemplum re- liquorum. Neque tamen, quae a plurimis facta sunt, pror- sus negligimus in iudicando. solent enim, quae plerum- que fiunt, quamvis non expressa sint, in dubio praesu- mi; nisi appareat, diversum placuisse. Ita pomponius tradidit L. 3. D. de reb. cred. 51) Sehr richtig sagte daher cicero de Invent. lib. II. cap. 22.
schon zu seinen Zeiten, consuetudinis ins esse putatur id, quod voluntate omnium sine lege vetustas comprobavit. 1. Buch. 3. Tit. aliis non nocent, qui non conſenſiſſe probari poſ-ſunt 49); es waͤre denn, daß die Geſetze ſelbſt die be- ſondere Gewohnheit eines Hausvaters in gewiſſen Faͤllen zur Norm vorgeſchrieben haͤtten, wie z. B. bey Erklaͤ- rung lezter Willensverordnungen. Es hat auch keinen Zweifel, daß der Richter dasienige, was in einem ge- wiſſen Falle gemeiniglich und von den Meiſten zu geſche- hen pflegt, in Zweifel zum Entſcheidungsgrunde anneh- men koͤnne, wenn nicht aus den Umſtaͤnden zu erſehen iſt, daß den Partheyen in dem vorliegenden Falle ein anders gefallen habe 50). Im zweiten Falle aber, wenn alle Einwohner einer gewiſſen Region zeithero ſich nach einer gewiſſen Regel gerichtet, und ſolche in der Meinung, daß ſie ſo, und nicht anders, zu handeln verbunden, un- abgeaͤndert beobachtet haben, ſo wird eine ſolche Regel endlich durch die Laͤnge der Zeit zur verbindlichen Gewohnheit 51), und dieſe nimmt, ſo fern ſie vom Geſetz- geber, 49) L. 1. C. inter alios acta etc. L. 74. D. de R. I. 50) Man ſehe hier die ſchon mehrmahlen angefuͤhrte Diſſ. des crell Obſ. 3. S. 15. woraus ich nur folgende Stelle anfuͤh- ren will: Quoties non animo, constituendi regulam, aliquid invaluit, quamvis a multis frequentatum ſit, vim con- ſuetudinis et legis non habebit. Eo pertinent, quae vel non diu ſatis, vel non ab omnibus, ſed a multis duntaxat, neque perpetuo similiter, obſervata ſunt: ut appareat, cuiusque arbitrio permiſſum eſſe, an ſequi velit exemplum re- liquorum. Neque tamen, quae a plurimis facta ſunt, pror- ſus negligimus in iudicando. solent enim, quae plerum- que fiunt, quamvis non expreſſa ſint, in dubio praesu- mi; niſi appareat, diversum placuiſſe. Ita pomponius tradidit L. 3. D. de reb. cred. 51) Sehr richtig ſagte daher cicero de Invent. lib. II. cap. 22.
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ſondere Gewohnheit eines Hausvaters in gewiſſen Faͤllen
zur Norm vorgeſchrieben haͤtten, wie z. B. bey Erklaͤ-
rung lezter Willensverordnungen. Es hat auch keinen
Zweifel, daß der Richter dasienige, was in einem ge-
wiſſen Falle gemeiniglich und von den Meiſten zu geſche-
hen pflegt, in Zweifel zum Entſcheidungsgrunde anneh-
men koͤnne, wenn nicht aus den Umſtaͤnden zu erſehen
iſt, daß den Partheyen in dem vorliegenden Falle ein
anders gefallen habe 50). Im zweiten Falle aber, wenn
alle Einwohner einer gewiſſen Region zeithero ſich nach
einer gewiſſen Regel gerichtet, und ſolche in der Meinung,
daß ſie ſo, und nicht anders, zu handeln verbunden, un-
abgeaͤndert beobachtet haben, ſo wird eine ſolche Regel
endlich durch die Laͤnge der Zeit zur verbindlichen
Gewohnheit 51), und dieſe nimmt, ſo fern ſie vom Geſetz-
geber,
49) L. 1. C. inter alios acta etc. L. 74. D. de R. I.
50) Man ſehe hier die ſchon mehrmahlen angefuͤhrte Diſſ. des
crell Obſ. 3. S. 15. woraus ich nur folgende Stelle anfuͤh-
ren will: Quoties non animo, constituendi regulam,
aliquid invaluit, quamvis a multis frequentatum ſit, vim con-
ſuetudinis et legis non habebit. Eo pertinent, quae vel non
diu ſatis, vel non ab omnibus, ſed a multis duntaxat,
neque perpetuo similiter, obſervata ſunt: ut appareat,
cuiusque arbitrio permiſſum eſſe, an ſequi velit exemplum re-
liquorum. Neque tamen, quae a plurimis facta ſunt, pror-
ſus negligimus in iudicando. solent enim, quae plerum-
que fiunt, quamvis non expreſſa ſint, in dubio praesu-
mi; niſi appareat, diversum placuiſſe. Ita pomponius
tradidit L. 3. D. de reb. cred.
51) Sehr richtig ſagte daher cicero de Invent. lib. II. cap. 22.
ſchon zu ſeinen Zeiten, consuetudinis ins eſſe putatur id,
quod voluntate omnium ſine lege vetuſtas comprobavit.
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