Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

de Legibus, Senatusconsultis et longa consuet.
einer Gewohnheit beruhet, nicht der Ausspruch des Rich-
ters, sondern der Wille des Gesetzgebers sey; welcher
aussergerichtliche Handlungen so gut, als gerichtliche ge-
nehmigen kann. Aus diesen Gründen trete ich also der
Meinung unsers Autors ohne weiteres Bedenken bey, wenn
er diesen Paragraph mit den Worten schließt: ut vero
actus in contradicto iudicio sint obtenti, non neces-
sario requiritur.
Eben dies ist auch die Meinung der
meisten Rechtsgelehrten 13).

§. 87.
Von dem rechtlichen Beweis eines in Zweifel gezogenen
Gewohnheitsrechts.

Wer nun eine Gewohnheit für sich anführt, kann
sich, wenn solche von dem Gegentheil geläugnet worden,
der ihm deshalb auferlegten rechtlichen Begründung der-
selben um so weniger entziehen, je gewisser es ist, daß
Gewohnheitsrechte auf Thatsachen beruhen, die recht-
lich nicht vermuthet werden 14). Es wäre denn, daß
die angezogene Gewohnheit ganz notorisch, das ist,

in
13) S. voet in Comment. ad Dig. h. t. §. 30. de cramer
Observat. iur. univ. T. III. obs. 847. hartleben Spec. XI.
meditat.
9. Eichmann Erklärungen des bürgerlichen Rechts.
1. Th. S. 379 und folgg. Gebrüder Overbeck in den Me-
ditationen über verschiedene Rechtsmaterien. III. Band 183ste
Meditat. u. a. m. Vorzüglich aber verdient hier kemmerich
in Diss. de probatione consuetudinis et observantiae Sect. II.
§. XII. Not.
e.
S. 75. nachgesehen zu werden, wo er die
Meinung derjenigen gründlich widerlegt hat, welche wenig-
stens zur Begründung einer consuetudinis correctivae, actus
in contradictorio iudicio obtentos
für nöthig halten wollen.
14) Cap. 1. de constitut. in 6to.
Glücks Erläut. d. Pand. 1. Th. G g

de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet.
einer Gewohnheit beruhet, nicht der Ausſpruch des Rich-
ters, ſondern der Wille des Geſetzgebers ſey; welcher
auſſergerichtliche Handlungen ſo gut, als gerichtliche ge-
nehmigen kann. Aus dieſen Gruͤnden trete ich alſo der
Meinung unſers Autors ohne weiteres Bedenken bey, wenn
er dieſen Paragraph mit den Worten ſchließt: ut vero
actus in contradicto iudicio ſint obtenti, non neceſ-
ſario requiritur.
Eben dies iſt auch die Meinung der
meiſten Rechtsgelehrten 13).

§. 87.
Von dem rechtlichen Beweis eines in Zweifel gezogenen
Gewohnheitsrechts.

Wer nun eine Gewohnheit fuͤr ſich anfuͤhrt, kann
ſich, wenn ſolche von dem Gegentheil gelaͤugnet worden,
der ihm deshalb auferlegten rechtlichen Begruͤndung der-
ſelben um ſo weniger entziehen, je gewiſſer es iſt, daß
Gewohnheitsrechte auf Thatſachen beruhen, die recht-
lich nicht vermuthet werden 14). Es waͤre denn, daß
die angezogene Gewohnheit ganz notoriſch, das iſt,

in
13) S. voet in Comment. ad Dig. h. t. §. 30. de cramer
Obſervat. iur. univ. T. III. obſ. 847. hartleben Spec. XI.
meditat.
9. Eichmann Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts.
1. Th. S. 379 und folgg. Gebruͤder Overbeck in den Me-
ditationen uͤber verſchiedene Rechtsmaterien. III. Band 183ſte
Meditat. u. a. m. Vorzuͤglich aber verdient hier kemmerich
in Diſſ. de probatione conſuetudinis et obſervantiae Sect. II.
§. XII. Not.
e.
S. 75. nachgeſehen zu werden, wo er die
Meinung derjenigen gruͤndlich widerlegt hat, welche wenig-
ſtens zur Begruͤndung einer conſuetudinis correctivae, actus
in contradictorio iudicio obtentos
fuͤr noͤthig halten wollen.
14) Cap. 1. de conſtitut. in 6to.
Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 1. Th. G g
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0483" n="463"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Legibus, Senatuscon&#x017F;ultis et longa con&#x017F;uet.</hi></fw><lb/>
einer Gewohnheit beruhet, nicht der Aus&#x017F;pruch des Rich-<lb/>
ters, &#x017F;ondern der Wille des Ge&#x017F;etzgebers &#x017F;ey; welcher<lb/>
au&#x017F;&#x017F;ergerichtliche Handlungen &#x017F;o gut, als gerichtliche ge-<lb/>
nehmigen kann. Aus die&#x017F;en Gru&#x0364;nden trete ich al&#x017F;o der<lb/>
Meinung un&#x017F;ers Autors ohne weiteres Bedenken bey, wenn<lb/>
er die&#x017F;en Paragraph mit den Worten &#x017F;chließt: <hi rendition="#aq">ut vero<lb/>
actus in contradicto iudicio &#x017F;int obtenti, non nece&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ario requiritur.</hi> Eben dies i&#x017F;t auch die Meinung der<lb/>
mei&#x017F;ten Rechtsgelehrten <note place="foot" n="13)">S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">voet</hi> in Comment. ad Dig. h. t. §. 30. <hi rendition="#i">de</hi> <hi rendition="#k">cramer</hi><lb/>
Ob&#x017F;ervat. iur. univ. T. III. ob&#x017F;. 847. <hi rendition="#k">hartleben</hi> Spec. XI.<lb/>
meditat.</hi> 9. <hi rendition="#g">Eichmann</hi> Erkla&#x0364;rungen des bu&#x0364;rgerlichen Rechts.<lb/>
1. Th. S. 379 und folgg. Gebru&#x0364;der <hi rendition="#g">Overbeck</hi> in den Me-<lb/>
ditationen u&#x0364;ber ver&#x017F;chiedene Rechtsmaterien. <hi rendition="#aq">III.</hi> Band 183&#x017F;te<lb/>
Meditat. u. a. m. Vorzu&#x0364;glich aber verdient hier <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">kemmerich</hi><lb/>
in Di&#x017F;&#x017F;. de probatione con&#x017F;uetudinis et ob&#x017F;ervantiae <hi rendition="#i">Sect. II.<lb/>
§. XII. Not.</hi> e.</hi> S. 75. nachge&#x017F;ehen zu werden, wo er die<lb/>
Meinung derjenigen gru&#x0364;ndlich widerlegt hat, welche wenig-<lb/>
&#x017F;tens zur Begru&#x0364;ndung einer <hi rendition="#aq">con&#x017F;uetudinis correctivae, actus<lb/>
in contradictorio iudicio obtentos</hi> fu&#x0364;r no&#x0364;thig halten wollen.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 87.<lb/>
Von dem rechtlichen Beweis eines in Zweifel gezogenen<lb/>
Gewohnheitsrechts.</head><lb/>
            <p>Wer nun eine Gewohnheit fu&#x0364;r &#x017F;ich anfu&#x0364;hrt, kann<lb/>
&#x017F;ich, wenn &#x017F;olche von dem Gegentheil gela&#x0364;ugnet worden,<lb/>
der ihm deshalb auferlegten rechtlichen Begru&#x0364;ndung der-<lb/>
&#x017F;elben um &#x017F;o weniger entziehen, je gewi&#x017F;&#x017F;er es i&#x017F;t, daß<lb/>
Gewohnheitsrechte auf <hi rendition="#g">That&#x017F;achen</hi> beruhen, die recht-<lb/>
lich nicht vermuthet werden <note place="foot" n="14)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Cap.</hi> 1. <hi rendition="#i">de con&#x017F;titut. in 6to.</hi></hi></note>. Es wa&#x0364;re denn, daß<lb/>
die angezogene Gewohnheit ganz <hi rendition="#g">notori&#x017F;ch,</hi> das i&#x017F;t,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Glu&#x0364;cks Erla&#x0364;ut. d. Pand. 1. Th. G g</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[463/0483] de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet. einer Gewohnheit beruhet, nicht der Ausſpruch des Rich- ters, ſondern der Wille des Geſetzgebers ſey; welcher auſſergerichtliche Handlungen ſo gut, als gerichtliche ge- nehmigen kann. Aus dieſen Gruͤnden trete ich alſo der Meinung unſers Autors ohne weiteres Bedenken bey, wenn er dieſen Paragraph mit den Worten ſchließt: ut vero actus in contradicto iudicio ſint obtenti, non neceſ- ſario requiritur. Eben dies iſt auch die Meinung der meiſten Rechtsgelehrten 13). §. 87. Von dem rechtlichen Beweis eines in Zweifel gezogenen Gewohnheitsrechts. Wer nun eine Gewohnheit fuͤr ſich anfuͤhrt, kann ſich, wenn ſolche von dem Gegentheil gelaͤugnet worden, der ihm deshalb auferlegten rechtlichen Begruͤndung der- ſelben um ſo weniger entziehen, je gewiſſer es iſt, daß Gewohnheitsrechte auf Thatſachen beruhen, die recht- lich nicht vermuthet werden 14). Es waͤre denn, daß die angezogene Gewohnheit ganz notoriſch, das iſt, in 13) S. voet in Comment. ad Dig. h. t. §. 30. de cramer Obſervat. iur. univ. T. III. obſ. 847. hartleben Spec. XI. meditat. 9. Eichmann Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts. 1. Th. S. 379 und folgg. Gebruͤder Overbeck in den Me- ditationen uͤber verſchiedene Rechtsmaterien. III. Band 183ſte Meditat. u. a. m. Vorzuͤglich aber verdient hier kemmerich in Diſſ. de probatione conſuetudinis et obſervantiae Sect. II. §. XII. Not. e. S. 75. nachgeſehen zu werden, wo er die Meinung derjenigen gruͤndlich widerlegt hat, welche wenig- ſtens zur Begruͤndung einer conſuetudinis correctivae, actus in contradictorio iudicio obtentos fuͤr noͤthig halten wollen. 14) Cap. 1. de conſtitut. in 6to. Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 1. Th. G g

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/483
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/483>, abgerufen am 22.11.2024.