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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 5. Tit. §. 117.
§. 117.
II) Status sexus. III) Status integritatis.

Ein anderer natürlicher Zustand der Menschen ist
der Status sexus, in Ansehung dessen dieselben entweder
männlichen oder weiblichen Geschlechts sind. Ob es
nicht noch eine dritte Menschengattung gebe, nämlich sol-
che, welche beyderley Geschlechts zugleich sind, ist noch
nicht entschieden. Man pflegt sie Zwitter oder Herma-
phroditen
zu nennen. Die Gesetze unserer Pandecten ge-
denken ihrer an verschiedenen Orten. Sie stellen den
Grundsatz fest, daß man die Hermaphroditen zu demje-
nigen Geschlechte rechnen müsse, welchem sie am ähnlich-
sten sind 1). Sind sie also dem überlegenen Geschlechte
nach männlich, so werden sie als Mannspersonen anzuse-
hen seyn. Wären aber die Kennzeichen des weiblichen
Geschlechts, Geburtstheile, Stimme, Brüste, und übriger
körperlicher Bau, bey ihnen herfürstechender, so würde
man sie zu diesem Geschlecht rechnen müssen. Nach Maaß-
gabe jenes Grundsatzes entscheiden nun die Gesetze alle die
sie betreffende Rechtsfragen, wobey es auf den Unterschied
des Geschlechts ankommt. Z. B. ob ein Hermaphrodit

als
1) L. 10. D. h. t. ulpianus lib. I. ad Sabinum. Quaeritur,
Hermaphroditum cui comparamus? et magis puto, eius se-
xus
aestimandum, qui in eo praevalet.
S. Casp. bau-
hinus
de hermaphroditorum monstrosorumque partuum na-
tura. Oppenhem. 1614. Io. Henr. felz Diss. de iure androgi-
norum. Argentor. 1717. Io. Ulr. cramer Probl. de prae-
stantia systematis harmoniae praestabilitae in materia iuris de
Hermaphroditis, qui utroque sexu potentes dicuntur; in eius
Opusc. T. IV. n. VIII. guyot Repertoire de lurisprud.
art. Hermaphrodit.
und Pet. Franc. monet Diss. de iure cir-
ca hermaphroditos, Argentorati.
1788.
1. Buch. 5. Tit. §. 117.
§. 117.
II) Status ſexus. III) Status integritatis.

Ein anderer natuͤrlicher Zuſtand der Menſchen iſt
der Status ſexus, in Anſehung deſſen dieſelben entweder
maͤnnlichen oder weiblichen Geſchlechts ſind. Ob es
nicht noch eine dritte Menſchengattung gebe, naͤmlich ſol-
che, welche beyderley Geſchlechts zugleich ſind, iſt noch
nicht entſchieden. Man pflegt ſie Zwitter oder Herma-
phroditen
zu nennen. Die Geſetze unſerer Pandecten ge-
denken ihrer an verſchiedenen Orten. Sie ſtellen den
Grundſatz feſt, daß man die Hermaphroditen zu demje-
nigen Geſchlechte rechnen muͤſſe, welchem ſie am aͤhnlich-
ſten ſind 1). Sind ſie alſo dem uͤberlegenen Geſchlechte
nach maͤnnlich, ſo werden ſie als Mannsperſonen anzuſe-
hen ſeyn. Waͤren aber die Kennzeichen des weiblichen
Geſchlechts, Geburtstheile, Stimme, Bruͤſte, und uͤbriger
koͤrperlicher Bau, bey ihnen herfuͤrſtechender, ſo wuͤrde
man ſie zu dieſem Geſchlecht rechnen muͤſſen. Nach Maaß-
gabe jenes Grundſatzes entſcheiden nun die Geſetze alle die
ſie betreffende Rechtsfragen, wobey es auf den Unterſchied
des Geſchlechts ankommt. Z. B. ob ein Hermaphrodit

als
1) L. 10. D. h. t. ulpianus lib. I. ad Sabinum. Quaeritur,
Hermaphroditum cui comparamus? et magis puto, eius ſe-
xus
aeſtimandum, qui in eo praevalet.
S. Caſp. bau-
hinus
de hermaphroditorum monſtroſorumque partuum na-
tura. Oppenhem. 1614. Io. Henr. felz Diſſ. de iure androgi-
norum. Argentor. 1717. Io. Ulr. cramer Probl. de prae-
ſtantia ſyſtematis harmoniae praeſtabilitae in materia iuris de
Hermaphroditis, qui utroque ſexu potentes dicuntur; in eius
Opuſc. T. IV. n. VIII. guyot Repertoire de lurisprud.
art. Hermaphrodit.
und Pet. Franc. monet Diſſ. de iure cir-
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1788.
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[110/0124] 1. Buch. 5. Tit. §. 117. §. 117. II) Status ſexus. III) Status integritatis. Ein anderer natuͤrlicher Zuſtand der Menſchen iſt der Status ſexus, in Anſehung deſſen dieſelben entweder maͤnnlichen oder weiblichen Geſchlechts ſind. Ob es nicht noch eine dritte Menſchengattung gebe, naͤmlich ſol- che, welche beyderley Geſchlechts zugleich ſind, iſt noch nicht entſchieden. Man pflegt ſie Zwitter oder Herma- phroditen zu nennen. Die Geſetze unſerer Pandecten ge- denken ihrer an verſchiedenen Orten. Sie ſtellen den Grundſatz feſt, daß man die Hermaphroditen zu demje- nigen Geſchlechte rechnen muͤſſe, welchem ſie am aͤhnlich- ſten ſind 1). Sind ſie alſo dem uͤberlegenen Geſchlechte nach maͤnnlich, ſo werden ſie als Mannsperſonen anzuſe- hen ſeyn. Waͤren aber die Kennzeichen des weiblichen Geſchlechts, Geburtstheile, Stimme, Bruͤſte, und uͤbriger koͤrperlicher Bau, bey ihnen herfuͤrſtechender, ſo wuͤrde man ſie zu dieſem Geſchlecht rechnen muͤſſen. Nach Maaß- gabe jenes Grundſatzes entſcheiden nun die Geſetze alle die ſie betreffende Rechtsfragen, wobey es auf den Unterſchied des Geſchlechts ankommt. Z. B. ob ein Hermaphrodit als 1) L. 10. D. h. t. ulpianus lib. I. ad Sabinum. Quaeritur, Hermaphroditum cui comparamus? et magis puto, eius ſe- xus aeſtimandum, qui in eo praevalet. S. Caſp. bau- hinus de hermaphroditorum monſtroſorumque partuum na- tura. Oppenhem. 1614. Io. Henr. felz Diſſ. de iure androgi- norum. Argentor. 1717. Io. Ulr. cramer Probl. de prae- ſtantia ſyſtematis harmoniae praeſtabilitae in materia iuris de Hermaphroditis, qui utroque ſexu potentes dicuntur; in eius Opuſc. T. IV. n. VIII. guyot Repertoire de lurisprud. art. Hermaphrodit. und Pet. Franc. monet Diſſ. de iure cir- ca hermaphroditos, Argentorati. 1788.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/124>, abgerufen am 23.11.2024.