Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Buch. 5. Tit. §. 117.
Gesetz überhaupt etwas verordnet, ohne die Weibsperso-
nen auszunehmen, solches auch mit auf dieselben zu er-
strecken sey 6). So z. B. kommen die den Erben zu Gun-
sten verordnete Rechtswohlthaten allerdings den weibli-
chen Erben so gut als den männlichen zu statten. Ja
wenn auch in einem Gesetz nur des männlichen Geschlechts
vorzüglich wäre gedacht worden, so ist deswegen das weib-
liche nicht gleich für ausgeschlossen anzusehen, wenn nicht
das Gegentheil entweder aus dem Geist und dem Gegen-
stande des Gesetzes, oder aus andern Gesetzen deutlich
erhellet 7). So z. B. hat das zwölftafel Gesetz, welches
dem Paterfamilias das Recht, ein Testament zu machen,
giebt, die Materfamilias 8) gewiß so wenig, als das
weibliche Geschlecht von der Intestat-Erbfolge ausschlies-
sen wollen 9), wenn gleich die Ausdrücke suus heres
agnatus proximus
vorzüglich das männliche Geschlecht
andeuten 10). Dahingegen kann unter dem ausdrücklich

ge-
6) L. 1. D. de Verb. Signif. Verbum hoc: Si quis, tam mascu-
los quam feminas complectitur.
7) L. 195. pr. D. de Verbor. Signif. Pronunciatio sermonis in
sexu masculino ad utrumque sexum plerumque porrigitur.
Die
Anwendung davon wird in L. 116. 163. §. 1. L. 172. L. 201.
D. de Verb. Sign.
und L. 62. D. de legat. 3. gemacht.
8) cicero pro Caecinna cap. 6. ulpianus Fragm. Tit. XX.
§. 15. S. treckel Tr. de origine atque progressu testa-
mentifactionis praesertim apud Rom. Cap. III.
§. 4. S. 60.
9) Dies hat wenigstens D. Io. Christph. duisberg in der ele-
ganten Diss. de principio successionis gentilitiae apud vet. Rom.
Halae
1788. §. 2. gegen die Meinung des Hrn. Prof. Hugo
in Comment. de fundamento successionis ab intestato ex iure
Rom. antiquo et novo. Goett. 1785. §. 4. sq.
sehr gründlich
erwiesen.
10) Daß das zwölftafel Gesetz bey der Erbfolge keinen Unter-
schied des Geschlechts habe machen wollen, bestättigen Pau-
lus

1. Buch. 5. Tit. §. 117.
Geſetz uͤberhaupt etwas verordnet, ohne die Weibsperſo-
nen auszunehmen, ſolches auch mit auf dieſelben zu er-
ſtrecken ſey 6). So z. B. kommen die den Erben zu Gun-
ſten verordnete Rechtswohlthaten allerdings den weibli-
chen Erben ſo gut als den maͤnnlichen zu ſtatten. Ja
wenn auch in einem Geſetz nur des maͤnnlichen Geſchlechts
vorzuͤglich waͤre gedacht worden, ſo iſt deswegen das weib-
liche nicht gleich fuͤr ausgeſchloſſen anzuſehen, wenn nicht
das Gegentheil entweder aus dem Geiſt und dem Gegen-
ſtande des Geſetzes, oder aus andern Geſetzen deutlich
erhellet 7). So z. B. hat das zwoͤlftafel Geſetz, welches
dem Paterfamilias das Recht, ein Teſtament zu machen,
giebt, die Materfamilias 8) gewiß ſo wenig, als das
weibliche Geſchlecht von der Inteſtat-Erbfolge ausſchlieſ-
ſen wollen 9), wenn gleich die Ausdruͤcke ſuus heres
agnatus proximus
vorzuͤglich das maͤnnliche Geſchlecht
andeuten 10). Dahingegen kann unter dem ausdruͤcklich

ge-
6) L. 1. D. de Verb. Signif. Verbum hoc: Si quis, tam maſcu-
los quam feminas complectitur.
7) L. 195. pr. D. de Verbor. Signif. Pronunciatio ſermonis in
ſexu maſculino ad utrumque ſexum plerumque porrigitur.
Die
Anwendung davon wird in L. 116. 163. §. 1. L. 172. L. 201.
D. de Verb. Sign.
und L. 62. D. de legat. 3. gemacht.
8) cicero pro Caecinna cap. 6. ulpianus Fragm. Tit. XX.
§. 15. S. treckel Tr. de origine atque progreſſu teſta-
mentifactionis praeſertim apud Rom. Cap. III.
§. 4. S. 60.
9) Dies hat wenigſtens D. Io. Chriſtph. duisberg in der ele-
ganten Diſſ. de principio ſucceſſionis gentilitiae apud vet. Rom.
Halae
1788. §. 2. gegen die Meinung des Hrn. Prof. Hugo
in Comment. de fundamento ſucceſſionis ab inteſtato ex iure
Rom. antiquo et novo. Goett. 1785. §. 4. ſq.
ſehr gruͤndlich
erwieſen.
10) Daß das zwoͤlftafel Geſetz bey der Erbfolge keinen Unter-
ſchied des Geſchlechts habe machen wollen, beſtaͤttigen Pau-
lus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0126" n="112"/><fw place="top" type="header">1. Buch. 5. Tit. §. 117.</fw><lb/>
Ge&#x017F;etz u&#x0364;berhaupt etwas verordnet, ohne die Weibsper&#x017F;o-<lb/>
nen auszunehmen, &#x017F;olches auch mit auf die&#x017F;elben zu er-<lb/>
&#x017F;trecken &#x017F;ey <note place="foot" n="6)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1. <hi rendition="#i">D. de Verb. Signif.</hi> Verbum hoc: <hi rendition="#i">Si quis</hi>, tam ma&#x017F;cu-<lb/>
los quam feminas complectitur.</hi></note>. So z. B. kommen die den Erben zu Gun-<lb/>
&#x017F;ten verordnete Rechtswohlthaten allerdings den weibli-<lb/>
chen Erben &#x017F;o gut als den ma&#x0364;nnlichen zu &#x017F;tatten. Ja<lb/>
wenn auch in einem Ge&#x017F;etz nur des ma&#x0364;nnlichen Ge&#x017F;chlechts<lb/>
vorzu&#x0364;glich wa&#x0364;re gedacht worden, &#x017F;o i&#x017F;t deswegen das weib-<lb/>
liche nicht gleich fu&#x0364;r ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en anzu&#x017F;ehen, wenn nicht<lb/>
das Gegentheil entweder aus dem Gei&#x017F;t und dem Gegen-<lb/>
&#x017F;tande des Ge&#x017F;etzes, oder aus andern Ge&#x017F;etzen deutlich<lb/>
erhellet <note place="foot" n="7)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 195. <hi rendition="#i">pr. D. de Verbor. Signif.</hi> Pronunciatio &#x017F;ermonis in<lb/>
&#x017F;exu ma&#x017F;culino ad utrumque &#x017F;exum <hi rendition="#i">plerumque</hi> porrigitur.</hi> Die<lb/>
Anwendung davon wird in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 116. 163. §. 1. <hi rendition="#i">L.</hi> 172. <hi rendition="#i">L.</hi> 201.<lb/><hi rendition="#i">D. de Verb. Sign.</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 62. <hi rendition="#i">D. de legat.</hi></hi> 3. gemacht.</note>. So z. B. hat das zwo&#x0364;lftafel Ge&#x017F;etz, welches<lb/>
dem <hi rendition="#aq">Paterfamilias</hi> das Recht, ein Te&#x017F;tament zu machen,<lb/>
giebt, die <hi rendition="#aq">Materfamilias</hi> <note place="foot" n="8)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">cicero</hi> pro Caecinna cap. 6. <hi rendition="#k">ulpianus</hi> Fragm. Tit. XX.</hi><lb/>
§. 15. S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">treckel</hi> Tr. de origine atque progre&#x017F;&#x017F;u te&#x017F;ta-<lb/>
mentifactionis prae&#x017F;ertim apud Rom. Cap. III.</hi> §. 4. S. 60.</note> gewiß &#x017F;o wenig, als das<lb/>
weibliche Ge&#x017F;chlecht von der Inte&#x017F;tat-Erbfolge aus&#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wollen <note place="foot" n="9)">Dies hat wenig&#x017F;tens <hi rendition="#aq">D. <hi rendition="#i">Io. Chri&#x017F;tph.</hi> <hi rendition="#k">duisberg</hi></hi> in der ele-<lb/>
ganten <hi rendition="#aq">Di&#x017F;&#x017F;. de principio &#x017F;ucce&#x017F;&#x017F;ionis gentilitiae apud vet. Rom.<lb/>
Halae</hi> 1788. §. 2. gegen die Meinung des Hrn. Prof. <hi rendition="#g">Hugo</hi><lb/><hi rendition="#aq">in Comment. de fundamento &#x017F;ucce&#x017F;&#x017F;ionis ab inte&#x017F;tato ex iure<lb/>
Rom. antiquo et novo. Goett. 1785. §. 4. &#x017F;q.</hi> &#x017F;ehr gru&#x0364;ndlich<lb/>
erwie&#x017F;en.</note>, wenn gleich die Ausdru&#x0364;cke <hi rendition="#aq">&#x017F;uus heres<lb/>
agnatus proximus</hi> vorzu&#x0364;glich das ma&#x0364;nnliche Ge&#x017F;chlecht<lb/>
andeuten <note xml:id="seg2pn_21_1" next="#seg2pn_21_2" place="foot" n="10)">Daß das zwo&#x0364;lftafel Ge&#x017F;etz bey der Erbfolge keinen Unter-<lb/>
&#x017F;chied des Ge&#x017F;chlechts habe machen wollen, be&#x017F;ta&#x0364;ttigen <hi rendition="#g">Pau-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">lus</hi></fw></note>. Dahingegen kann unter dem ausdru&#x0364;cklich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0126] 1. Buch. 5. Tit. §. 117. Geſetz uͤberhaupt etwas verordnet, ohne die Weibsperſo- nen auszunehmen, ſolches auch mit auf dieſelben zu er- ſtrecken ſey 6). So z. B. kommen die den Erben zu Gun- ſten verordnete Rechtswohlthaten allerdings den weibli- chen Erben ſo gut als den maͤnnlichen zu ſtatten. Ja wenn auch in einem Geſetz nur des maͤnnlichen Geſchlechts vorzuͤglich waͤre gedacht worden, ſo iſt deswegen das weib- liche nicht gleich fuͤr ausgeſchloſſen anzuſehen, wenn nicht das Gegentheil entweder aus dem Geiſt und dem Gegen- ſtande des Geſetzes, oder aus andern Geſetzen deutlich erhellet 7). So z. B. hat das zwoͤlftafel Geſetz, welches dem Paterfamilias das Recht, ein Teſtament zu machen, giebt, die Materfamilias 8) gewiß ſo wenig, als das weibliche Geſchlecht von der Inteſtat-Erbfolge ausſchlieſ- ſen wollen 9), wenn gleich die Ausdruͤcke ſuus heres agnatus proximus vorzuͤglich das maͤnnliche Geſchlecht andeuten 10). Dahingegen kann unter dem ausdruͤcklich ge- 6) L. 1. D. de Verb. Signif. Verbum hoc: Si quis, tam maſcu- los quam feminas complectitur. 7) L. 195. pr. D. de Verbor. Signif. Pronunciatio ſermonis in ſexu maſculino ad utrumque ſexum plerumque porrigitur. Die Anwendung davon wird in L. 116. 163. §. 1. L. 172. L. 201. D. de Verb. Sign. und L. 62. D. de legat. 3. gemacht. 8) cicero pro Caecinna cap. 6. ulpianus Fragm. Tit. XX. §. 15. S. treckel Tr. de origine atque progreſſu teſta- mentifactionis praeſertim apud Rom. Cap. III. §. 4. S. 60. 9) Dies hat wenigſtens D. Io. Chriſtph. duisberg in der ele- ganten Diſſ. de principio ſucceſſionis gentilitiae apud vet. Rom. Halae 1788. §. 2. gegen die Meinung des Hrn. Prof. Hugo in Comment. de fundamento ſucceſſionis ab inteſtato ex iure Rom. antiquo et novo. Goett. 1785. §. 4. ſq. ſehr gruͤndlich erwieſen. 10) Daß das zwoͤlftafel Geſetz bey der Erbfolge keinen Unter- ſchied des Geſchlechts habe machen wollen, beſtaͤttigen Pau- lus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/126
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/126>, abgerufen am 12.05.2024.