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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 6. Tit. §. 137. u. 138.
römischen Recht noch übrig geblieben. Denn
in Teutschland hat nie der Vater ein Eigenthum oder
eine richterliche Gewalt über seine Kinder gehabt 23).
Daher können auch keine Folgen davon angenommen
werden. Also kann

1) der Vater nach heutigen Rechten seine neuge-
bohrne Kinder auch in der äussersten Noth und Dürftig-
keit nicht verkaufen.

2) Eben deßwegen kann auch die den Eltern zuste-
hende Klage, wodurch sie die Verabfolgung ihrer Kin-
der von demjenigen verlangen, der sie ihnen vorenthält,
keine eigentliche Vindications-Klage genennt wer-
den.

3) Auch die erdichtete Einheit zwischen Vater und
Kindern ist in Teutschland nicht zu gebrauchen 24). Es
gelten also Verträge zwischen ihnen 25). Zwar wollen
verschiedene heutige Rechtsgelehrten das Gegentheil darum
behaupten, weil das römische Recht hierin durch kein

con-
23) heineccius in Elem. iuris Germ. Lib. I. §. 169. 170. puf-
fendorf
in Observat. iuris univ. Tom. I. Obs.
99. §. 8.
Struben rechtliche Bedenken II. Th. Bed. 68. S. 254. de
selchow Elem. iuris German. privati hodierni.
§. 489.
24) Ge. beyer Delineat. iuris Germ. Lib. I. cap. 26. §. 41.
rothhahn Diss. cit.
§. 9. Westphal teutsches Privatrecht
2. Th. S. 95. Bern. Aug. gaertner in Meditat. practic.
ad Pandect. Specim. I. med.
75.
25) Gottl. Ger. titius in Diss. de contractibus patris et libe-
rorum in potestate eius existentium. Lipsiae 1713. Christ.
Henr.
breuning Diss. an fictio unitatis personae hodie noceat
pacto inter patrem et filium inito? Lipsiae 1771. Christ.
Gottl.
einert Diss. de valore donationum inter parentes et
liberos. Lipsiae
1773.

1. Buch. 6. Tit. §. 137. u. 138.
roͤmiſchen Recht noch uͤbrig geblieben. Denn
in Teutſchland hat nie der Vater ein Eigenthum oder
eine richterliche Gewalt uͤber ſeine Kinder gehabt 23).
Daher koͤnnen auch keine Folgen davon angenommen
werden. Alſo kann

1) der Vater nach heutigen Rechten ſeine neuge-
bohrne Kinder auch in der aͤuſſerſten Noth und Duͤrftig-
keit nicht verkaufen.

2) Eben deßwegen kann auch die den Eltern zuſte-
hende Klage, wodurch ſie die Verabfolgung ihrer Kin-
der von demjenigen verlangen, der ſie ihnen vorenthaͤlt,
keine eigentliche Vindications-Klage genennt wer-
den.

3) Auch die erdichtete Einheit zwiſchen Vater und
Kindern iſt in Teutſchland nicht zu gebrauchen 24). Es
gelten alſo Vertraͤge zwiſchen ihnen 25). Zwar wollen
verſchiedene heutige Rechtsgelehrten das Gegentheil darum
behaupten, weil das roͤmiſche Recht hierin durch kein

con-
23) heineccius in Elem. iuris Germ. Lib. I. §. 169. 170. puf-
fendorf
in Obſervat. iuris univ. Tom. I. Obſ.
99. §. 8.
Struben rechtliche Bedenken II. Th. Bed. 68. S. 254. de
selchow Elem. iuris German. privati hodierni.
§. 489.
24) Ge. beyer Delineat. iuris Germ. Lib. I. cap. 26. §. 41.
rothhahn Diſſ. cit.
§. 9. Weſtphal teutſches Privatrecht
2. Th. S. 95. Bern. Aug. gaertner in Meditat. practic.
ad Pandect. Specim. I. med.
75.
25) Gottl. Ger. titius in Diſſ. de contractibus patris et libe-
rorum in poteſtate eius exiſtentium. Lipſiae 1713. Chriſt.
Henr.
breuning Diſſ. an fictio unitatis perſonae hodie noceat
pacto inter patrem et filium inito? Lipſiae 1771. Chriſt.
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[236/0250] 1. Buch. 6. Tit. §. 137. u. 138. roͤmiſchen Recht noch uͤbrig geblieben. Denn in Teutſchland hat nie der Vater ein Eigenthum oder eine richterliche Gewalt uͤber ſeine Kinder gehabt 23). Daher koͤnnen auch keine Folgen davon angenommen werden. Alſo kann 1) der Vater nach heutigen Rechten ſeine neuge- bohrne Kinder auch in der aͤuſſerſten Noth und Duͤrftig- keit nicht verkaufen. 2) Eben deßwegen kann auch die den Eltern zuſte- hende Klage, wodurch ſie die Verabfolgung ihrer Kin- der von demjenigen verlangen, der ſie ihnen vorenthaͤlt, keine eigentliche Vindications-Klage genennt wer- den. 3) Auch die erdichtete Einheit zwiſchen Vater und Kindern iſt in Teutſchland nicht zu gebrauchen 24). Es gelten alſo Vertraͤge zwiſchen ihnen 25). Zwar wollen verſchiedene heutige Rechtsgelehrten das Gegentheil darum behaupten, weil das roͤmiſche Recht hierin durch kein con- 23) heineccius in Elem. iuris Germ. Lib. I. §. 169. 170. puf- fendorf in Obſervat. iuris univ. Tom. I. Obſ. 99. §. 8. Struben rechtliche Bedenken II. Th. Bed. 68. S. 254. de selchow Elem. iuris German. privati hodierni. §. 489. 24) Ge. beyer Delineat. iuris Germ. Lib. I. cap. 26. §. 41. rothhahn Diſſ. cit. §. 9. Weſtphal teutſches Privatrecht 2. Th. S. 95. Bern. Aug. gaertner in Meditat. practic. ad Pandect. Specim. I. med. 75. 25) Gottl. Ger. titius in Diſſ. de contractibus patris et libe- rorum in poteſtate eius exiſtentium. Lipſiae 1713. Chriſt. Henr. breuning Diſſ. an fictio unitatis perſonae hodie noceat pacto inter patrem et filium inito? Lipſiae 1771. Chriſt. Gottl. einert Diſſ. de valore donationum inter parentes et liberos. Lipſiae 1773.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/250>, abgerufen am 23.11.2024.