Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.1. Buch. 7. Tit. §. 159. Anastasius diese neue Art der Entlassung nur zum Be-sten abwesender Kinder erfunden habe, mithin dieselbe in dem Fall, wenn die Kinder in Person vor Gericht er- scheinen könnten, nicht habe verstatten wollen. Allein so ist es nicht; sondern Anastasius hatte schon vor je- ner Constitution eine andere Verordnung, die zwar im Codex rep. praelect. nicht befindlich ist, aber von dem Kaiser selbst verschiedenemal in andern seiner Consti- tutionen angeführet wird 49), bekannt gemacht, in wel- cher er einem jeden Vater die Erlaubniß ertheilte, die Emancipation seiner Kinder durch ein fürstliches Rescript zu bewirken, nur sollte das Rescript dem competenten Richter vorgezeigt, und dabey zugleich der zu emancipirenden Kinder Einwilligung zu denen Acten erkläret werden. Weil nun nach derselben das zu eman- cipirende Kind bey der Emancipations-Handlung noth- wendig in Person vor Gericht hat gegenwärtig seyn müs- sen, so hat Anastasius in der Folge durch die L. 5. C. emancipat. liberor 50) auch für Abwesende den Weg erfun- den, daß sie erst nachher vor einem andern Gericht ihre Einwilligung ertheilen könnten 51). Vermöge dieser andern Ana- iudicio vero non praesentes, iuris sui constituere maluerint: supplicationibus porrectis mereri super hoc divinum oracu- lum: hocque apud competentem iudicem, ad cuius iurisdictio- nem actus emancipationis pertinet, insinuare, superque pre- cibus a semet oblatis apud eum deponere. 49) L. 18. Cod. de Collationib. L. 11. Cod. de legitim. heredit. beyde Constitutionen, in welchen Anastasius schon der von ihm eingeführten Emancipation durch fürstliches Rescript Er- wähnung thut, sind älter, als die L. 5. Cod. de emancipat. liberor. wie die Subscription dieser Verordnungen zeigt. 50) Auf diese oder vielleicht auf beyde zugleich beziehet sich Ju- stinian in L. 13. Cod. de legit. hered. et L. ult. C. de emancipat. lib. 51) Man vergleiche scheltinga Diss. I. de emancipationib
Cap. IV. §. 1. 1. Buch. 7. Tit. §. 159. Anaſtaſius dieſe neue Art der Entlaſſung nur zum Be-ſten abweſender Kinder erfunden habe, mithin dieſelbe in dem Fall, wenn die Kinder in Perſon vor Gericht er- ſcheinen koͤnnten, nicht habe verſtatten wollen. Allein ſo iſt es nicht; ſondern Anaſtaſius hatte ſchon vor je- ner Conſtitution eine andere Verordnung, die zwar im Codex rep. praelect. nicht befindlich iſt, aber von dem Kaiſer ſelbſt verſchiedenemal in andern ſeiner Conſti- tutionen angefuͤhret wird 49), bekannt gemacht, in wel- cher er einem jeden Vater die Erlaubniß ertheilte, die Emancipation ſeiner Kinder durch ein fuͤrſtliches Reſcript zu bewirken, nur ſollte das Reſcript dem competenten Richter vorgezeigt, und dabey zugleich der zu emancipirenden Kinder Einwilligung zu denen Acten erklaͤret werden. Weil nun nach derſelben das zu eman- cipirende Kind bey der Emancipations-Handlung noth- wendig in Perſon vor Gericht hat gegenwaͤrtig ſeyn muͤſ- ſen, ſo hat Anaſtaſius in der Folge durch die L. 5. C. emancipat. liberor 50) auch fuͤr Abweſende den Weg erfun- den, daß ſie erſt nachher vor einem andern Gericht ihre Einwilligung ertheilen koͤnnten 51). Vermoͤge dieſer andern Ana- iudicio vero non praeſentes, iuris ſui conſtituere maluerint: ſupplicationibus porrectis mereri ſuper hoc divinum oracu- lum: hocque apud competentem iudicem, ad cuius iurisdictio- nem actus emancipationis pertinet, inſinuare, ſuperque pre- cibus a ſemet oblatis apud eum deponere. 49) L. 18. Cod. de Collationib. L. 11. Cod. de legitim. heredit. beyde Conſtitutionen, in welchen Anaſtaſius ſchon der von ihm eingefuͤhrten Emancipation durch fuͤrſtliches Reſcript Er- waͤhnung thut, ſind aͤlter, als die L. 5. Cod. de emancipat. liberor. wie die Subſcription dieſer Verordnungen zeigt. 50) Auf dieſe oder vielleicht auf beyde zugleich beziehet ſich Ju- ſtinian in L. 13. Cod. de legit. hered. et L. ult. C. de emancipat. lib. 51) Man vergleiche scheltinga Diſſ. I. de emancipationib
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1. Buch. 7. Tit. §. 159.
Anaſtaſius dieſe neue Art der Entlaſſung nur zum Be-
ſten abweſender Kinder erfunden habe, mithin dieſelbe in
dem Fall, wenn die Kinder in Perſon vor Gericht er-
ſcheinen koͤnnten, nicht habe verſtatten wollen. Allein
ſo iſt es nicht; ſondern Anaſtaſius hatte ſchon vor je-
ner Conſtitution eine andere Verordnung, die zwar im
Codex rep. praelect. nicht befindlich iſt, aber von
dem Kaiſer ſelbſt verſchiedenemal in andern ſeiner Conſti-
tutionen angefuͤhret wird 49), bekannt gemacht, in wel-
cher er einem jeden Vater die Erlaubniß ertheilte,
die Emancipation ſeiner Kinder durch ein fuͤrſtliches
Reſcript zu bewirken, nur ſollte das Reſcript dem
competenten Richter vorgezeigt, und dabey zugleich der
zu emancipirenden Kinder Einwilligung zu denen Acten
erklaͤret werden. Weil nun nach derſelben das zu eman-
cipirende Kind bey der Emancipations-Handlung noth-
wendig in Perſon vor Gericht hat gegenwaͤrtig ſeyn muͤſ-
ſen, ſo hat Anaſtaſius in der Folge durch die L. 5. C.
emancipat. liberor 50) auch fuͤr Abweſende den Weg erfun-
den, daß ſie erſt nachher vor einem andern Gericht ihre
Einwilligung ertheilen koͤnnten 51). Vermoͤge dieſer andern
Ana-
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49) L. 18. Cod. de Collationib. L. 11. Cod. de legitim. heredit.
beyde Conſtitutionen, in welchen Anaſtaſius ſchon der von
ihm eingefuͤhrten Emancipation durch fuͤrſtliches Reſcript Er-
waͤhnung thut, ſind aͤlter, als die L. 5. Cod. de emancipat.
liberor. wie die Subſcription dieſer Verordnungen zeigt.
50) Auf dieſe oder vielleicht auf beyde zugleich beziehet ſich Ju-
ſtinian in L. 13. Cod. de legit. hered. et L. ult. C. de
emancipat. lib.
51) Man vergleiche scheltinga Diſſ. I. de emancipationib
Cap. IV. §. 1.
48) iudicio vero non praeſentes, iuris ſui conſtituere maluerint:
ſupplicationibus porrectis mereri ſuper hoc divinum oracu-
lum: hocque apud competentem iudicem, ad cuius iurisdictio-
nem actus emancipationis pertinet, inſinuare, ſuperque pre-
cibus a ſemet oblatis apud eum deponere.
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