Ich komme nun auf die andere Hauptgattung der unbeweglichen Sachen, die man res civiliter im- mobiles, seu iuris intellectu tales nennt. Diese unterscheiden sich von der erstern Gattung darin, daß sie solche Sachen sind, welche ihrer Natur nach zwar beweglich sind, aber nach Vorschrift der Gesetze eben so angesehen werden, als wenn sie unbeweglich wären. Un- bewegliche Sachen dieser Art können wir mit Voet25) wieder in einer zwifachen Rücksicht betrachten. Sie wer- den entweder in Ansehung einer jeden rechtlichen Wirkung für unbeweglich gehalten, oder nur in An- sehung einer einzelnen besondern rechtlichen Wirkung. Zur Classe der letztern gehören die mobilia pretiosa der Pupillen und Minorennen, welche in Rücksicht des gesetzlichen Veräusserungsver- bots denen unbeweglichen Gütern solcher Personen gleich geachtet werden 26). Eben so behaupten auch unsere Practiker 27) einstimmig, daß eine ansehnliche Bibliothek, ein complettes Waarenlager, eine Buchhandlung, Apo- theke, wenn auch gleich die darin sich befindende Sachen und Waaren an sich beweglich sind 28), dennoch darum, weil sie nicht leicht und auf einmal von ihrem Orte weg- gebracht und veräussert werden können, den unbewegli- chen Gütern wenigstens in Rücksicht der zu lei- stenden Sicherheit gleichzuachten, dergestalt daß je- ne eben so, als diese, von der Caution pro reconven- tione et expensis befreyen. Hingegen werden beweg-
liche
25)cit. Tract. Cap. 6.
26)L. 22. pr. Cod. de administrat. tut.
27)schilter Exercit. ad Pandect. IV. §. 24. wernher se- lect. observat. for. Tom. 11. P. IX. Obs. 113. berger Elect. Disceptat. For. Tit. XXXIX. pag. 1008.
28)L. 66. D. de Verbor. Significat.
G g 4
De diviſione rerum et qualitate.
Ich komme nun auf die andere Hauptgattung der unbeweglichen Sachen, die man res civiliter im- mobiles, ſeu iuris intellectu tales nennt. Dieſe unterſcheiden ſich von der erſtern Gattung darin, daß ſie ſolche Sachen ſind, welche ihrer Natur nach zwar beweglich ſind, aber nach Vorſchrift der Geſetze eben ſo angeſehen werden, als wenn ſie unbeweglich waͤren. Un- bewegliche Sachen dieſer Art koͤnnen wir mit Voet25) wieder in einer zwifachen Ruͤckſicht betrachten. Sie wer- den entweder in Anſehung einer jeden rechtlichen Wirkung fuͤr unbeweglich gehalten, oder nur in An- ſehung einer einzelnen beſondern rechtlichen Wirkung. Zur Claſſe der letztern gehoͤren die mobilia pretioſa der Pupillen und Minorennen, welche in Ruͤckſicht des geſetzlichen Veraͤuſſerungsver- bots denen unbeweglichen Guͤtern ſolcher Perſonen gleich geachtet werden 26). Eben ſo behaupten auch unſere Practiker 27) einſtimmig, daß eine anſehnliche Bibliothek, ein complettes Waarenlager, eine Buchhandlung, Apo- theke, wenn auch gleich die darin ſich befindende Sachen und Waaren an ſich beweglich ſind 28), dennoch darum, weil ſie nicht leicht und auf einmal von ihrem Orte weg- gebracht und veraͤuſſert werden koͤnnen, den unbewegli- chen Guͤtern wenigſtens in Ruͤckſicht der zu lei- ſtenden Sicherheit gleichzuachten, dergeſtalt daß je- ne eben ſo, als dieſe, von der Caution pro reconven- tione et expenſis befreyen. Hingegen werden beweg-
liche
25)cit. Tract. Cap. 6.
26)L. 22. pr. Cod. de adminiſtrat. tut.
27)schilter Exercit. ad Pandect. IV. §. 24. wernher ſe- lect. obſervat. for. Tom. 11. P. IX. Obſ. 113. berger Elect. Diſceptat. For. Tit. XXXIX. pag. 1008.
28)L. 66. D. de Verbor. Significat.
G g 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0485"n="471"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">De diviſione rerum et qualitate.</hi></fw><lb/><p>Ich komme nun auf die andere Hauptgattung der<lb/>
unbeweglichen Sachen, die man <hirendition="#aq"><hirendition="#g">res civiliter im-<lb/>
mobiles</hi>, ſeu <hirendition="#g">iuris intellectu tales</hi></hi> nennt.<lb/>
Dieſe unterſcheiden ſich von der erſtern Gattung darin,<lb/>
daß ſie ſolche Sachen ſind, welche ihrer Natur nach zwar<lb/>
beweglich ſind, aber nach Vorſchrift der Geſetze eben ſo<lb/>
angeſehen werden, als wenn ſie unbeweglich waͤren. Un-<lb/>
bewegliche Sachen dieſer Art koͤnnen wir mit <hirendition="#fr">Voet</hi><noteplace="foot"n="25)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">cit. Tract.</hi> Cap.</hi> 6.</note><lb/>
wieder in einer zwifachen Ruͤckſicht betrachten. Sie wer-<lb/>
den entweder in Anſehung <hirendition="#g">einer jeden rechtlichen<lb/>
Wirkung</hi> fuͤr unbeweglich gehalten, oder nur in An-<lb/>ſehung <hirendition="#g">einer einzelnen beſondern rechtlichen<lb/>
Wirkung</hi>. Zur Claſſe der letztern gehoͤren die <hirendition="#aq">mobilia<lb/>
pretioſa</hi> der Pupillen und Minorennen, welche <hirendition="#g">in<lb/>
Ruͤckſicht des geſetzlichen Veraͤuſſerungsver-<lb/>
bots</hi> denen unbeweglichen Guͤtern ſolcher Perſonen gleich<lb/>
geachtet werden <noteplace="foot"n="26)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 22. <hirendition="#i">pr. Cod. de adminiſtrat. tut.</hi></hi></note>. Eben ſo behaupten auch unſere<lb/>
Practiker <noteplace="foot"n="27)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">schilter</hi> Exercit. ad Pandect. IV. §. 24. <hirendition="#k">wernher</hi>ſe-<lb/>
lect. obſervat. for. Tom. 11. P. IX. Obſ. 113. <hirendition="#k">berger</hi> Elect.<lb/>
Diſceptat. For. Tit. XXXIX. pag.</hi> 1008.</note> einſtimmig, daß eine anſehnliche Bibliothek,<lb/>
ein complettes Waarenlager, eine Buchhandlung, Apo-<lb/>
theke, wenn auch gleich die darin ſich befindende Sachen<lb/>
und Waaren an ſich beweglich ſind <noteplace="foot"n="28)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 66. <hirendition="#i">D. de Verbor. Significat.</hi></hi></note>, dennoch darum,<lb/>
weil ſie nicht leicht und auf einmal von ihrem Orte weg-<lb/>
gebracht und veraͤuſſert werden koͤnnen, den unbewegli-<lb/>
chen Guͤtern wenigſtens <hirendition="#g">in Ruͤckſicht der zu lei-<lb/>ſtenden Sicherheit</hi> gleichzuachten, dergeſtalt daß je-<lb/>
ne eben ſo, als dieſe, von der Caution <hirendition="#aq">pro reconven-<lb/>
tione et expenſis</hi> befreyen. Hingegen werden beweg-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G g 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">liche</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[471/0485]
De diviſione rerum et qualitate.
Ich komme nun auf die andere Hauptgattung der
unbeweglichen Sachen, die man res civiliter im-
mobiles, ſeu iuris intellectu tales nennt.
Dieſe unterſcheiden ſich von der erſtern Gattung darin,
daß ſie ſolche Sachen ſind, welche ihrer Natur nach zwar
beweglich ſind, aber nach Vorſchrift der Geſetze eben ſo
angeſehen werden, als wenn ſie unbeweglich waͤren. Un-
bewegliche Sachen dieſer Art koͤnnen wir mit Voet 25)
wieder in einer zwifachen Ruͤckſicht betrachten. Sie wer-
den entweder in Anſehung einer jeden rechtlichen
Wirkung fuͤr unbeweglich gehalten, oder nur in An-
ſehung einer einzelnen beſondern rechtlichen
Wirkung. Zur Claſſe der letztern gehoͤren die mobilia
pretioſa der Pupillen und Minorennen, welche in
Ruͤckſicht des geſetzlichen Veraͤuſſerungsver-
bots denen unbeweglichen Guͤtern ſolcher Perſonen gleich
geachtet werden 26). Eben ſo behaupten auch unſere
Practiker 27) einſtimmig, daß eine anſehnliche Bibliothek,
ein complettes Waarenlager, eine Buchhandlung, Apo-
theke, wenn auch gleich die darin ſich befindende Sachen
und Waaren an ſich beweglich ſind 28), dennoch darum,
weil ſie nicht leicht und auf einmal von ihrem Orte weg-
gebracht und veraͤuſſert werden koͤnnen, den unbewegli-
chen Guͤtern wenigſtens in Ruͤckſicht der zu lei-
ſtenden Sicherheit gleichzuachten, dergeſtalt daß je-
ne eben ſo, als dieſe, von der Caution pro reconven-
tione et expenſis befreyen. Hingegen werden beweg-
liche
25) cit. Tract. Cap. 6.
26) L. 22. pr. Cod. de adminiſtrat. tut.
27) schilter Exercit. ad Pandect. IV. §. 24. wernher ſe-
lect. obſervat. for. Tom. 11. P. IX. Obſ. 113. berger Elect.
Diſceptat. For. Tit. XXXIX. pag. 1008.
28) L. 66. D. de Verbor. Significat.
G g 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/485>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.