Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.De divisione rerum et qualitate. ihr von ihrem Ehemanne geschenkten Sache ist gesetztworden. Zwar hat die letztere auch nur einen natür- lichen Besitz. Aber sie besitzt doch die ihr geschenkte Sache wenigstens als die ihrige, wenn gleich das Recht diesen animum possidendi nicht anerkennt, sondern ver- wirft. Allein ein Pächter besitzt die gepachtete Sache blos auf dem Namen seines Verpächters. Der Jurist wollte also so viel sagen: Ea quidem possessio ad hoc Interdictum pertinet, in qua Ius animum possiden- di non curat, quam Ius infirmat, atque idcirco Na- turalem vocat: sed non ea, quae re vera corpore solo constat, et alteri tenetur, licet et haec alibi Naturalis Possessio vocetur 95). Nun werden auch noch verschiedene Gesetzstellen angeführt, in welchen die Na- turalis Possessio in so generellem Verstande von den röm. Rechtsgelehrten genommen wird, daß darunter sowohl derjenige Besitz, der wirklich nur in einer blos physi- schen Detention der Sache bestehet, als bey welchem, vermöge der Gesetze, blos physische Detention fingiret wird, verstanden werden kann. Dahin gehört erstlich das Fragment des Ulpians 96), welcher von der actione ad exhibendum sagt: Sciendum est, adversus possesso- rem hac actione agendum, non solum eum, qui civili- ter, sed et eum, qui naturaliter incumbat possessio- ni. Dann zweytens das Fragment des Julians 97): Quod vulgo respondetur, causam possessionis ne- minem sibi mutare posse, sic accipiendum est, ut possessio non solum civilis, sed etiam naturalis intelli- 95) cuperus pag. 32. 96) L. 3. §. ult. L. 4. D. ad exhibendum. 97) L. 2. §. 1. et 2. D. pro herede. Conf. Westphal Sy- stem des R. R. über die Arten der Sachen §. 534. S. 417. Glücks Erläut. d. Pand. 2. Th. L l
De diviſione rerum et qualitate. ihr von ihrem Ehemanne geſchenkten Sache iſt geſetztworden. Zwar hat die letztere auch nur einen natuͤr- lichen Beſitz. Aber ſie beſitzt doch die ihr geſchenkte Sache wenigſtens als die ihrige, wenn gleich das Recht dieſen animum poſſidendi nicht anerkennt, ſondern ver- wirft. Allein ein Paͤchter beſitzt die gepachtete Sache blos auf dem Namen ſeines Verpaͤchters. Der Juriſt wollte alſo ſo viel ſagen: Ea quidem poſſeſſio ad hoc Interdictum pertinet, in qua Ius animum poſſiden- di non curat, quam Ius infirmat, atque idcirco Na- turalem vocat: ſed non ea, quae re vera corpore ſolo conſtat, et alteri tenetur, licet et haec alibi Naturalis Poſſeſſio vocetur 95). Nun werden auch noch verſchiedene Geſetzſtellen angefuͤhrt, in welchen die Na- turalis Poſſeſſio in ſo generellem Verſtande von den roͤm. Rechtsgelehrten genommen wird, daß darunter ſowohl derjenige Beſitz, der wirklich nur in einer blos phyſi- ſchen Detention der Sache beſtehet, als bey welchem, vermoͤge der Geſetze, blos phyſiſche Detention fingiret wird, verſtanden werden kann. Dahin gehoͤrt erſtlich das Fragment des Ulpians 96), welcher von der actione ad exhibendum ſagt: Sciendum eſt, adverſus poſſeſſo- rem hac actione agendum, non ſolum eum, qui civili- ter, ſed et eum, qui naturaliter incumbat poſſeſſio- ni. Dann zweytens das Fragment des Julians 97): Quod vulgo reſpondetur, cauſam poſſeſſionis ne- minem ſibi mutare poſſe, ſic accipiendum eſt, ut poſſeſſio non ſolum civilis, ſed etiam naturalis intelli- 95) cuperus pag. 32. 96) L. 3. §. ult. L. 4. D. ad exhibendum. 97) L. 2. §. 1. et 2. D. pro herede. Conf. Weſtphal Sy- ſtem des R. R. uͤber die Arten der Sachen §. 534. S. 417. Gluͤcks Erlaͤut. d. Pand. 2. Th. L l
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De diviſione rerum et qualitate.
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worden. Zwar hat die letztere auch nur einen natuͤr-
lichen Beſitz. Aber ſie beſitzt doch die ihr geſchenkte
Sache wenigſtens als die ihrige, wenn gleich das Recht
dieſen animum poſſidendi nicht anerkennt, ſondern ver-
wirft. Allein ein Paͤchter beſitzt die gepachtete Sache
blos auf dem Namen ſeines Verpaͤchters. Der Juriſt
wollte alſo ſo viel ſagen: Ea quidem poſſeſſio ad hoc
Interdictum pertinet, in qua Ius animum poſſiden-
di non curat, quam Ius infirmat, atque idcirco Na-
turalem vocat: ſed non ea, quae re vera corpore
ſolo conſtat, et alteri tenetur, licet et haec alibi
Naturalis Poſſeſſio vocetur 95). Nun werden auch noch
verſchiedene Geſetzſtellen angefuͤhrt, in welchen die Na-
turalis Poſſeſſio in ſo generellem Verſtande von den roͤm.
Rechtsgelehrten genommen wird, daß darunter ſowohl
derjenige Beſitz, der wirklich nur in einer blos phyſi-
ſchen Detention der Sache beſtehet, als bey welchem,
vermoͤge der Geſetze, blos phyſiſche Detention fingiret
wird, verſtanden werden kann. Dahin gehoͤrt erſtlich
das Fragment des Ulpians 96), welcher von der actione
ad exhibendum ſagt: Sciendum eſt, adverſus poſſeſſo-
rem hac actione agendum, non ſolum eum, qui civili-
ter, ſed et eum, qui naturaliter incumbat poſſeſſio-
ni. Dann zweytens das Fragment des Julians 97):
Quod vulgo reſpondetur, cauſam poſſeſſionis ne-
minem ſibi mutare poſſe, ſic accipiendum eſt,
ut poſſeſſio non ſolum civilis, ſed etiam naturalis
intelli-
95) cuperus pag. 32.
96) L. 3. §. ult. L. 4. D. ad exhibendum.
97) L. 2. §. 1. et 2. D. pro herede. Conf. Weſtphal Sy-
ſtem des R. R. uͤber die Arten der Sachen §. 534. S. 417.
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