Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

De divisione rerum et qualitate.
Besitz durch seinen Sohn erwerbe, wenn er gleich den
Sohn selbst weder besitzt noch im eigentlichen Verstande
besitzen kann, weil sonst hieraus die Ungereimtheit ent-
standen wäre, daß ein Vater durch seinen Sohn gar
nichts besitzen könne 73).

5) Daß Sklaven und Filiifamilias dem Pater-
familias, in dessen Gewalt sie sind, selbst durch verübte
Gewaltthätigkeit seinen Besitz nicht rauben können, son-
dern des letztern Besitz rechtlich fortdauere, mithin die
angefangene Usucapion hierdurch nicht unterbrochen werde,
so lange die geraubten oder entwendeten Sachen in der
ersteren Händen sich befinden 74). Der Grund hiervon
ist, weil ein Paterfamilias durch die Personen, die seiner
Gewalt unterworfen sind, den Besitz erwirbt, so kann ihm
folglich durch diese Personen der Besitz nicht entzogen wer-
den 75). Und endlich

6) daß derjenige, welcher in unserer Abwesenheit
sich in den Besitz unserer Sache, mit der Absicht, sich
dieselbige zuzueignen, gesetzt hat, dennoch nach dem Ci-
vilrechte so lange für den Besitzer nicht gehalten werde,
als die Fortdauer unsers vorigen Besitzes rechtlich fingi-
ret wird 76). Denn nach dem Civilrecht gehet unser Be-
sitz erst von der Zeit an verlohren, da wir den neuen Be-

sitzer
73) S. cujacius in Commentar. ad L. 4. D. de acquir. poss.
Operum Tom. VIII.
und Barthol. chesius Interpretat. Iuris
Lib. II. cap.
40.
74) L. 15. D. de acquir. possess. L. 40. princ. D. eodem. et
L. 33. §. 6. D. de Usurpat. et Usucap.
S. Westphal im
angef. Buche §. 441.
75) Dieser Grund, mithin auch das davon abhangende Recht
selbst, hört jedoch auf, wenn solche Personen von der Gewalt
des Paterfamilias entlediget sind: L. 13. §. 8. D. de A. vel
A. Poss.
76) L. 25. §. 2. L. 46. D. eodem.

De diviſione rerum et qualitate.
Beſitz durch ſeinen Sohn erwerbe, wenn er gleich den
Sohn ſelbſt weder beſitzt noch im eigentlichen Verſtande
beſitzen kann, weil ſonſt hieraus die Ungereimtheit ent-
ſtanden waͤre, daß ein Vater durch ſeinen Sohn gar
nichts beſitzen koͤnne 73).

5) Daß Sklaven und Filiifamilias dem Pater-
familias, in deſſen Gewalt ſie ſind, ſelbſt durch veruͤbte
Gewaltthaͤtigkeit ſeinen Beſitz nicht rauben koͤnnen, ſon-
dern des letztern Beſitz rechtlich fortdauere, mithin die
angefangene Uſucapion hierdurch nicht unterbrochen werde,
ſo lange die geraubten oder entwendeten Sachen in der
erſteren Haͤnden ſich befinden 74). Der Grund hiervon
iſt, weil ein Paterfamilias durch die Perſonen, die ſeiner
Gewalt unterworfen ſind, den Beſitz erwirbt, ſo kann ihm
folglich durch dieſe Perſonen der Beſitz nicht entzogen wer-
den 75). Und endlich

6) daß derjenige, welcher in unſerer Abweſenheit
ſich in den Beſitz unſerer Sache, mit der Abſicht, ſich
dieſelbige zuzueignen, geſetzt hat, dennoch nach dem Ci-
vilrechte ſo lange fuͤr den Beſitzer nicht gehalten werde,
als die Fortdauer unſers vorigen Beſitzes rechtlich fingi-
ret wird 76). Denn nach dem Civilrecht gehet unſer Be-
ſitz erſt von der Zeit an verlohren, da wir den neuen Be-

ſitzer
73) S. cujacius in Commentar. ad L. 4. D. de acquir. poſſ.
Operum Tom. VIII.
und Barthol. chesius Interpretat. Iuris
Lib. II. cap.
40.
74) L. 15. D. de acquir. poſſeſſ. L. 40. princ. D. eodem. et
L. 33. §. 6. D. de Uſurpat. et Uſucap.
S. Weſtphal im
angef. Buche §. 441.
75) Dieſer Grund, mithin auch das davon abhangende Recht
ſelbſt, hoͤrt jedoch auf, wenn ſolche Perſonen von der Gewalt
des Paterfamilias entlediget ſind: L. 13. §. 8. D. de A. vel
A. Poſſ.
76) L. 25. §. 2. L. 46. D. eodem.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0561" n="547"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">De divi&#x017F;ione rerum et qualitate.</hi></fw><lb/>
Be&#x017F;itz durch &#x017F;einen Sohn erwerbe, wenn er gleich den<lb/>
Sohn &#x017F;elb&#x017F;t weder be&#x017F;itzt noch im eigentlichen Ver&#x017F;tande<lb/>
be&#x017F;itzen kann, weil &#x017F;on&#x017F;t hieraus die Ungereimtheit ent-<lb/>
&#x017F;tanden wa&#x0364;re, daß ein Vater durch &#x017F;einen Sohn gar<lb/>
nichts be&#x017F;itzen ko&#x0364;nne <note place="foot" n="73)">S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">cujacius</hi> in Commentar. ad L. 4. D. de acquir. po&#x017F;&#x017F;.<lb/><hi rendition="#i">Operum</hi> Tom. VIII.</hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Barthol.</hi><hi rendition="#k">chesius</hi> Interpretat. Iuris<lb/>
Lib. II. cap.</hi> 40.</note>.</p><lb/>
          <p>5) Daß Sklaven und <hi rendition="#aq">Filiifamilias</hi> dem Pater-<lb/>
familias, in de&#x017F;&#x017F;en Gewalt &#x017F;ie &#x017F;ind, &#x017F;elb&#x017F;t durch veru&#x0364;bte<lb/>
Gewalttha&#x0364;tigkeit &#x017F;einen Be&#x017F;itz nicht rauben ko&#x0364;nnen, &#x017F;on-<lb/>
dern des letztern Be&#x017F;itz rechtlich fortdauere, mithin die<lb/>
angefangene U&#x017F;ucapion hierdurch nicht unterbrochen werde,<lb/>
&#x017F;o lange die geraubten oder entwendeten Sachen in der<lb/>
er&#x017F;teren Ha&#x0364;nden &#x017F;ich befinden <note place="foot" n="74)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L. 15. D. de acquir. po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;. L. 40. princ. D. eodem.</hi> et<lb/><hi rendition="#i">L. 33. §. 6. D. de U&#x017F;urpat. et U&#x017F;ucap.</hi></hi> S. <hi rendition="#g">We&#x017F;tphal</hi> im<lb/>
angef. Buche §. 441.</note>. Der Grund hiervon<lb/>
i&#x017F;t, weil ein Paterfamilias durch die Per&#x017F;onen, die &#x017F;einer<lb/>
Gewalt unterworfen &#x017F;ind, den Be&#x017F;itz erwirbt, &#x017F;o kann ihm<lb/>
folglich durch die&#x017F;e Per&#x017F;onen der Be&#x017F;itz nicht entzogen wer-<lb/>
den <note place="foot" n="75)">Die&#x017F;er Grund, mithin auch das davon abhangende Recht<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, ho&#x0364;rt jedoch auf, wenn &#x017F;olche Per&#x017F;onen von der Gewalt<lb/>
des Paterfamilias entlediget &#x017F;ind: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L. 13. §. 8. D. de A. vel<lb/>
A. Po&#x017F;&#x017F;.</hi></hi></note>. Und endlich</p><lb/>
          <p>6) daß derjenige, welcher in un&#x017F;erer Abwe&#x017F;enheit<lb/>
&#x017F;ich in den Be&#x017F;itz un&#x017F;erer Sache, mit der Ab&#x017F;icht, &#x017F;ich<lb/>
die&#x017F;elbige zuzueignen, ge&#x017F;etzt hat, dennoch nach dem Ci-<lb/>
vilrechte &#x017F;o lange fu&#x0364;r den Be&#x017F;itzer nicht gehalten werde,<lb/>
als die Fortdauer un&#x017F;ers vorigen Be&#x017F;itzes rechtlich fingi-<lb/>
ret wird <note place="foot" n="76)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L. 25. §. 2. L. 46. D. eodem.</hi></hi></note>. Denn nach dem Civilrecht gehet un&#x017F;er Be-<lb/>
&#x017F;itz er&#x017F;t von der Zeit an verlohren, da wir den neuen Be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;itzer</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[547/0561] De diviſione rerum et qualitate. Beſitz durch ſeinen Sohn erwerbe, wenn er gleich den Sohn ſelbſt weder beſitzt noch im eigentlichen Verſtande beſitzen kann, weil ſonſt hieraus die Ungereimtheit ent- ſtanden waͤre, daß ein Vater durch ſeinen Sohn gar nichts beſitzen koͤnne 73). 5) Daß Sklaven und Filiifamilias dem Pater- familias, in deſſen Gewalt ſie ſind, ſelbſt durch veruͤbte Gewaltthaͤtigkeit ſeinen Beſitz nicht rauben koͤnnen, ſon- dern des letztern Beſitz rechtlich fortdauere, mithin die angefangene Uſucapion hierdurch nicht unterbrochen werde, ſo lange die geraubten oder entwendeten Sachen in der erſteren Haͤnden ſich befinden 74). Der Grund hiervon iſt, weil ein Paterfamilias durch die Perſonen, die ſeiner Gewalt unterworfen ſind, den Beſitz erwirbt, ſo kann ihm folglich durch dieſe Perſonen der Beſitz nicht entzogen wer- den 75). Und endlich 6) daß derjenige, welcher in unſerer Abweſenheit ſich in den Beſitz unſerer Sache, mit der Abſicht, ſich dieſelbige zuzueignen, geſetzt hat, dennoch nach dem Ci- vilrechte ſo lange fuͤr den Beſitzer nicht gehalten werde, als die Fortdauer unſers vorigen Beſitzes rechtlich fingi- ret wird 76). Denn nach dem Civilrecht gehet unſer Be- ſitz erſt von der Zeit an verlohren, da wir den neuen Be- ſitzer 73) S. cujacius in Commentar. ad L. 4. D. de acquir. poſſ. Operum Tom. VIII. und Barthol. chesius Interpretat. Iuris Lib. II. cap. 40. 74) L. 15. D. de acquir. poſſeſſ. L. 40. princ. D. eodem. et L. 33. §. 6. D. de Uſurpat. et Uſucap. S. Weſtphal im angef. Buche §. 441. 75) Dieſer Grund, mithin auch das davon abhangende Recht ſelbſt, hoͤrt jedoch auf, wenn ſolche Perſonen von der Gewalt des Paterfamilias entlediget ſind: L. 13. §. 8. D. de A. vel A. Poſſ. 76) L. 25. §. 2. L. 46. D. eodem.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/561
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/561>, abgerufen am 10.05.2024.