Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

de Statu Hominum.
Ausschnittling des Vaters Testament gebrochen 79). Er
kann die Querel eines pflichtwidrigen Testaments anstel-
len 80); und wird zur mütterlichen Erbschaft gelassen 81).

II) Daß das Kind, nach dem es völlig von
der Mutter abgesondert ist, deutliche Le-
benskennzeichen von sich gebe
. Nur ein Augen-
blick ist hier in Rücksicht auf die wirkliche Erwerbung
der aufbewahrten Rechte entscheidend, wenn auch gleich
das Kind in den Händen der Wehmutter, sobald es nur

aus
79) L. 12. D. de liber. et postum. Quod dicitur filium natum
rumpere testamentum, natum accipe, etsi exsecto ven-
tre
editus sit: nam et hic rumpit testamentum.
Und es kann
dem Kinde nichts benehmen, wenn Paulus in L. 132. §. 1.
D. de Verb. Signif.
sagt: Falsum est, eam peperisse, cui mor-
tuae filius exsectus est.
Denn dieses beziehet sich wieder auf
jene Lex Iulia et Papia, wie die Ueberschrift dieser Stelle
lehrt. Wenn nämlich ein Latinus mit einer Latina ein Kind
gezeugt, und dieses ein Jahr alt worden, so erlangten die El-
tern das ius Quiritium, desgleichen erwarb vermöge eines
der Legi Papiae beygefügten Senatusconsultums eine Freyge-
lassene das ius Quiritium, wenn sie drey Kinder zur Welt ge-
boren hatte. Wie wenn sie nun zwey bey ihren Leben gebo-
ren, das dritte aber ihr nach ihrem Tode aus dem Leibe ge-
schnitten worden, so entstand die Frage, ob sie als römische
Bürgerin verstorben, und also einen Erben nach dem römi-
schen Bürgerrecht hinterlassen hätte? Dies längnet Paulus;
und zwar mit Recht, wenn man bey der strengen Bedeutung
des Worts gebähren stehen bleibt. S. Luc. van de poll
cit. lib. cap.
39. §. 4. S. 243. und heineccius in Comment.
ad Leg. Iul. et Pap. Popp. lib. II. c.
9. Jedoch will es Tha-
deus
piso Soacius variar. Resolut. lib. II. c. 6. n. 12. u.
13.
auch von dem Fall verstehen, wenn einer Frauensperson et-
was unter Bedingung wäre vermacht worden: si pepererit.
80) L. 6. pr. D. de inoff. testam.
81) L. 1. §. 5. D. ad SCtum Tertull. van de poll cit. libro
cap.
39. §. 3.
E 4

de Statu Hominum.
Ausſchnittling des Vaters Teſtament gebrochen 79). Er
kann die Querel eines pflichtwidrigen Teſtaments anſtel-
len 80); und wird zur muͤtterlichen Erbſchaft gelaſſen 81).

II) Daß das Kind, nach dem es voͤllig von
der Mutter abgeſondert iſt, deutliche Le-
benskennzeichen von ſich gebe
. Nur ein Augen-
blick iſt hier in Ruͤckſicht auf die wirkliche Erwerbung
der aufbewahrten Rechte entſcheidend, wenn auch gleich
das Kind in den Haͤnden der Wehmutter, ſobald es nur

aus
79) L. 12. D. de liber. et poſtum. Quod dicitur filium natum
rumpere teſtamentum, natum accipe, etſi exſecto ven-
tre
editus ſit: nam et hic rumpit teſtamentum.
Und es kann
dem Kinde nichts benehmen, wenn Paulus in L. 132. §. 1.
D. de Verb. Signif.
ſagt: Falſum eſt, eam peperiſſe, cui mor-
tuae filius exſectus eſt.
Denn dieſes beziehet ſich wieder auf
jene Lex Iulia et Papia, wie die Ueberſchrift dieſer Stelle
lehrt. Wenn naͤmlich ein Latinus mit einer Latina ein Kind
gezeugt, und dieſes ein Jahr alt worden, ſo erlangten die El-
tern das ius Quiritium, desgleichen erwarb vermoͤge eines
der Legi Papiae beygefuͤgten Senatusconſultums eine Freyge-
laſſene das ius Quiritium, wenn ſie drey Kinder zur Welt ge-
boren hatte. Wie wenn ſie nun zwey bey ihren Leben gebo-
ren, das dritte aber ihr nach ihrem Tode aus dem Leibe ge-
ſchnitten worden, ſo entſtand die Frage, ob ſie als roͤmiſche
Buͤrgerin verſtorben, und alſo einen Erben nach dem roͤmi-
ſchen Buͤrgerrecht hinterlaſſen haͤtte? Dies laͤngnet Paulus;
und zwar mit Recht, wenn man bey der ſtrengen Bedeutung
des Worts gebaͤhren ſtehen bleibt. S. Luc. van de poll
cit. lib. cap.
39. §. 4. S. 243. und heineccius in Comment.
ad Leg. Iul. et Pap. Popp. lib. II. c.
9. Jedoch will es Tha-
deus
piso Soacius variar. Reſolut. lib. II. c. 6. n. 12. u.
13.
auch von dem Fall verſtehen, wenn einer Frauensperſon et-
was unter Bedingung waͤre vermacht worden: ſi pepererit.
80) L. 6. pr. D. de inoff. teſtam.
81) L. 1. §. 5. D. ad SCtum Tertull. van de poll cit. libro
cap.
39. §. 3.
E 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0085" n="71"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Statu Hominum.</hi></fw><lb/>
Aus&#x017F;chnittling des Vaters Te&#x017F;tament gebrochen <note place="foot" n="79)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 12. <hi rendition="#i">D. de liber. et po&#x017F;tum</hi>. Quod dicitur filium natum<lb/>
rumpere te&#x017F;tamentum, natum accipe, et&#x017F;i <hi rendition="#g">ex&#x017F;ecto ven-<lb/>
tre</hi> editus &#x017F;it: nam et hic rumpit te&#x017F;tamentum.</hi> Und es kann<lb/>
dem Kinde nichts benehmen, wenn <hi rendition="#g">Paulus</hi> <hi rendition="#aq">in <hi rendition="#i">L.</hi> 132. §. 1.<lb/><hi rendition="#i">D. de Verb. Signif</hi>.</hi> &#x017F;agt: <hi rendition="#aq">Fal&#x017F;um e&#x017F;t, eam peperi&#x017F;&#x017F;e, cui mor-<lb/>
tuae filius ex&#x017F;ectus e&#x017F;t.</hi> Denn die&#x017F;es beziehet &#x017F;ich wieder auf<lb/>
jene <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lex Iulia</hi> et <hi rendition="#i">Papia</hi>,</hi> wie die Ueber&#x017F;chrift die&#x017F;er Stelle<lb/>
lehrt. Wenn na&#x0364;mlich ein <hi rendition="#aq">Latinus</hi> mit einer <hi rendition="#aq">Latina</hi> ein Kind<lb/>
gezeugt, und die&#x017F;es ein Jahr alt worden, &#x017F;o erlangten die El-<lb/>
tern das <hi rendition="#aq">ius Quiritium,</hi> desgleichen erwarb vermo&#x0364;ge eines<lb/>
der <hi rendition="#aq">Legi Papiae</hi> beygefu&#x0364;gten <hi rendition="#aq">Senatuscon&#x017F;ultums</hi> eine Freyge-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;ene das <hi rendition="#aq">ius Quiritium,</hi> wenn &#x017F;ie drey Kinder zur Welt ge-<lb/>
boren hatte. Wie wenn &#x017F;ie nun zwey bey ihren Leben gebo-<lb/>
ren, das dritte aber ihr nach ihrem Tode aus dem Leibe ge-<lb/>
&#x017F;chnitten worden, &#x017F;o ent&#x017F;tand die Frage, ob &#x017F;ie als ro&#x0364;mi&#x017F;che<lb/>
Bu&#x0364;rgerin ver&#x017F;torben, und al&#x017F;o einen Erben nach dem ro&#x0364;mi-<lb/>
&#x017F;chen Bu&#x0364;rgerrecht hinterla&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte? Dies la&#x0364;ngnet <hi rendition="#g">Paulus</hi>;<lb/>
und zwar mit Recht, wenn man bey der &#x017F;trengen Bedeutung<lb/>
des Worts <hi rendition="#g">geba&#x0364;hren</hi> &#x017F;tehen bleibt. S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Luc. van de</hi><hi rendition="#k">poll</hi><lb/>
cit. lib. cap.</hi> 39. §. 4. S. 243. und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">heineccius</hi> in Comment.<lb/>
ad Leg. Iul. et Pap. Popp. lib. II. c.</hi> 9. Jedoch will es <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Tha-<lb/>
deus</hi><hi rendition="#k">piso</hi><hi rendition="#i">Soacius</hi> variar. Re&#x017F;olut. lib. II. c. 6. n. 12. u.</hi> 13.<lb/>
auch von dem Fall ver&#x017F;tehen, wenn einer Frauensper&#x017F;on et-<lb/>
was unter Bedingung wa&#x0364;re vermacht worden: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">&#x017F;i pepererit.</hi></hi></note>. Er<lb/>
kann die Querel eines pflichtwidrigen Te&#x017F;taments an&#x017F;tel-<lb/>
len <note place="foot" n="80)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 6. <hi rendition="#i">pr. D. de inoff. te&#x017F;tam.</hi></hi></note>; und wird zur mu&#x0364;tterlichen Erb&#x017F;chaft gela&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="81)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1. §. 5. <hi rendition="#i">D. ad SCtum Tertull. van de</hi> <hi rendition="#k">poll</hi> cit. libro<lb/>
cap.</hi> 39. §. 3.</note>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">II</hi>) <hi rendition="#g">Daß das Kind, nach dem es vo&#x0364;llig von<lb/>
der Mutter abge&#x017F;ondert i&#x017F;t, deutliche Le-<lb/>
benskennzeichen von &#x017F;ich gebe</hi>. Nur ein Augen-<lb/>
blick i&#x017F;t hier in Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf die wirkliche Erwerbung<lb/>
der aufbewahrten Rechte ent&#x017F;cheidend, wenn auch gleich<lb/>
das Kind in den Ha&#x0364;nden der Wehmutter, &#x017F;obald es nur<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 4</fw><fw place="bottom" type="catch">aus</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0085] de Statu Hominum. Ausſchnittling des Vaters Teſtament gebrochen 79). Er kann die Querel eines pflichtwidrigen Teſtaments anſtel- len 80); und wird zur muͤtterlichen Erbſchaft gelaſſen 81). II) Daß das Kind, nach dem es voͤllig von der Mutter abgeſondert iſt, deutliche Le- benskennzeichen von ſich gebe. Nur ein Augen- blick iſt hier in Ruͤckſicht auf die wirkliche Erwerbung der aufbewahrten Rechte entſcheidend, wenn auch gleich das Kind in den Haͤnden der Wehmutter, ſobald es nur aus 79) L. 12. D. de liber. et poſtum. Quod dicitur filium natum rumpere teſtamentum, natum accipe, etſi exſecto ven- tre editus ſit: nam et hic rumpit teſtamentum. Und es kann dem Kinde nichts benehmen, wenn Paulus in L. 132. §. 1. D. de Verb. Signif. ſagt: Falſum eſt, eam peperiſſe, cui mor- tuae filius exſectus eſt. Denn dieſes beziehet ſich wieder auf jene Lex Iulia et Papia, wie die Ueberſchrift dieſer Stelle lehrt. Wenn naͤmlich ein Latinus mit einer Latina ein Kind gezeugt, und dieſes ein Jahr alt worden, ſo erlangten die El- tern das ius Quiritium, desgleichen erwarb vermoͤge eines der Legi Papiae beygefuͤgten Senatusconſultums eine Freyge- laſſene das ius Quiritium, wenn ſie drey Kinder zur Welt ge- boren hatte. Wie wenn ſie nun zwey bey ihren Leben gebo- ren, das dritte aber ihr nach ihrem Tode aus dem Leibe ge- ſchnitten worden, ſo entſtand die Frage, ob ſie als roͤmiſche Buͤrgerin verſtorben, und alſo einen Erben nach dem roͤmi- ſchen Buͤrgerrecht hinterlaſſen haͤtte? Dies laͤngnet Paulus; und zwar mit Recht, wenn man bey der ſtrengen Bedeutung des Worts gebaͤhren ſtehen bleibt. S. Luc. van de poll cit. lib. cap. 39. §. 4. S. 243. und heineccius in Comment. ad Leg. Iul. et Pap. Popp. lib. II. c. 9. Jedoch will es Tha- deus piso Soacius variar. Reſolut. lib. II. c. 6. n. 12. u. 13. auch von dem Fall verſtehen, wenn einer Frauensperſon et- was unter Bedingung waͤre vermacht worden: ſi pepererit. 80) L. 6. pr. D. de inoff. teſtam. 81) L. 1. §. 5. D. ad SCtum Tertull. van de poll cit. libro cap. 39. §. 3. E 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/85
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/85>, abgerufen am 11.05.2024.