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Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800.

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nen 91). Eine Gemeinheit von solchen Ländereybesitzern, oder
Bauern, die zum Ackerbau und Viehzucht vereiniget ist, wird
ein Dorf 92) genennt. Man theilt zwar in Teutschland die
Dörfer in unmittelbare oder Reichsdörfer, und mit-
telbare Dörfer
ein. Reichsdörfer werden nämlich die-
jenigen Dorfschaften genennt, welche dem Kaiser und Reiche
unmittelbar unterworfen sind, und denen selbst die Rechte der
Landeshoheit, soweit sie solche noch in Ausübung zu bringen
vermögen, zustehen 93). Mittelbare Dörfer hingegen
sind solche, die der Landeshoheit der teutschen Reichsstände, oder
doch der Gewalt anderer Unmittelbaren unterworfen sind 94).
Allein die Einwohner der Reichsdörfer werden nur im uneigent-
lichen Verstande Reichsbauern genennt, in den Reichsge-
setzen aber und in den Actis publicis nie mit diesem Namen be-
legt 95). Sie sind vielmehr Reichsfreye Leute, die von
allen sonst gewöhnlichen Bauerdiensten und Frohnen, wie solche
nur Namen haben mögen, frey sind, da sie weder einen Landes-
noch Guts- und Gerichtsherrn haben, welchem sie dergleichen
Dienste leisten dürften 96).

Die gemeinen Bauern, oder die Bewohner der
mittelbaren Dörfer
in Teutschland, unterscheiden sich nun
insonderheit von den Leibeigenen darinn, daß sie, in Ansehung

ihrer
91) S. Westphal a. a. O. §. 2.
92) fritsch de statu et iure pagorum Germaniae. Westphal
a. a. O. §. 5.
93) S. Ernst Ludw. Wilhelm von Dacheröden Versuch
eines Staatsrechts, Geschichte und Statistik der freyen Reichs-
dörfer in Teutschland. 1. Th. Leipzig 1785. 8. 1. u. 3. Kap.
94) Danz Handbuch des heutigen teutschen Privatrechts. 1.
Band §. 74.
95) Gottl. Aug. Jenichen Abhandlung von den Reichsdör-
fern, und Reichsfreyen Leuten. Leipzig 1768. 4. S. 40.
Dacheröden a. a. O. 1. Kap. S. 43. f.
96) Dacheröden a. a. O. Kap. 3. S. 97.

nen 91). Eine Gemeinheit von ſolchen Laͤndereybeſitzern, oder
Bauern, die zum Ackerbau und Viehzucht vereiniget iſt, wird
ein Dorf 92) genennt. Man theilt zwar in Teutſchland die
Doͤrfer in unmittelbare oder Reichsdoͤrfer, und mit-
telbare Doͤrfer
ein. Reichsdoͤrfer werden naͤmlich die-
jenigen Dorfſchaften genennt, welche dem Kaiſer und Reiche
unmittelbar unterworfen ſind, und denen ſelbſt die Rechte der
Landeshoheit, ſoweit ſie ſolche noch in Ausuͤbung zu bringen
vermoͤgen, zuſtehen 93). Mittelbare Doͤrfer hingegen
ſind ſolche, die der Landeshoheit der teutſchen Reichsſtaͤnde, oder
doch der Gewalt anderer Unmittelbaren unterworfen ſind 94).
Allein die Einwohner der Reichsdoͤrfer werden nur im uneigent-
lichen Verſtande Reichsbauern genennt, in den Reichsge-
ſetzen aber und in den Actis publicis nie mit dieſem Namen be-
legt 95). Sie ſind vielmehr Reichsfreye Leute, die von
allen ſonſt gewoͤhnlichen Bauerdienſten und Frohnen, wie ſolche
nur Namen haben moͤgen, frey ſind, da ſie weder einen Landes-
noch Guts- und Gerichtsherrn haben, welchem ſie dergleichen
Dienſte leiſten duͤrften 96).

Die gemeinen Bauern, oder die Bewohner der
mittelbaren Doͤrfer
in Teutſchland, unterſcheiden ſich nun
inſonderheit von den Leibeigenen darinn, daß ſie, in Anſehung

ihrer
91) S. Weſtphal a. a. O. §. 2.
92) fritsch de ſtatu et iure pagorum Germaniae. Weſtphal
a. a. O. §. 5.
93) S. Ernſt Ludw. Wilhelm von Dacheroͤden Verſuch
eines Staatsrechts, Geſchichte und Statiſtik der freyen Reichs-
doͤrfer in Teutſchland. 1. Th. Leipzig 1785. 8. 1. u. 3. Kap.
94) Danz Handbuch des heutigen teutſchen Privatrechts. 1.
Band §. 74.
95) Gottl. Aug. Jenichen Abhandlung von den Reichsdoͤr-
fern, und Reichsfreyen Leuten. Leipzig 1768. 4. S. 40.
Dacheroͤden a. a. O. 1. Kap. S. 43. f.
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[45/0051] nen 91). Eine Gemeinheit von ſolchen Laͤndereybeſitzern, oder Bauern, die zum Ackerbau und Viehzucht vereiniget iſt, wird ein Dorf 92) genennt. Man theilt zwar in Teutſchland die Doͤrfer in unmittelbare oder Reichsdoͤrfer, und mit- telbare Doͤrfer ein. Reichsdoͤrfer werden naͤmlich die- jenigen Dorfſchaften genennt, welche dem Kaiſer und Reiche unmittelbar unterworfen ſind, und denen ſelbſt die Rechte der Landeshoheit, ſoweit ſie ſolche noch in Ausuͤbung zu bringen vermoͤgen, zuſtehen 93). Mittelbare Doͤrfer hingegen ſind ſolche, die der Landeshoheit der teutſchen Reichsſtaͤnde, oder doch der Gewalt anderer Unmittelbaren unterworfen ſind 94). Allein die Einwohner der Reichsdoͤrfer werden nur im uneigent- lichen Verſtande Reichsbauern genennt, in den Reichsge- ſetzen aber und in den Actis publicis nie mit dieſem Namen be- legt 95). Sie ſind vielmehr Reichsfreye Leute, die von allen ſonſt gewoͤhnlichen Bauerdienſten und Frohnen, wie ſolche nur Namen haben moͤgen, frey ſind, da ſie weder einen Landes- noch Guts- und Gerichtsherrn haben, welchem ſie dergleichen Dienſte leiſten duͤrften 96). Die gemeinen Bauern, oder die Bewohner der mittelbaren Doͤrfer in Teutſchland, unterſcheiden ſich nun inſonderheit von den Leibeigenen darinn, daß ſie, in Anſehung ihrer 91) S. Weſtphal a. a. O. §. 2. 92) fritsch de ſtatu et iure pagorum Germaniae. Weſtphal a. a. O. §. 5. 93) S. Ernſt Ludw. Wilhelm von Dacheroͤden Verſuch eines Staatsrechts, Geſchichte und Statiſtik der freyen Reichs- doͤrfer in Teutſchland. 1. Th. Leipzig 1785. 8. 1. u. 3. Kap. 94) Danz Handbuch des heutigen teutſchen Privatrechts. 1. Band §. 74. 95) Gottl. Aug. Jenichen Abhandlung von den Reichsdoͤr- fern, und Reichsfreyen Leuten. Leipzig 1768. 4. S. 40. Dacheroͤden a. a. O. 1. Kap. S. 43. f. 96) Dacheroͤden a. a. O. Kap. 3. S. 97.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Berichtigungen und Zusätze zum zweyten Bande des Glückischen Commentars über die Pandecten. Für die Besitzer der ersten Ausgabe. Erlangen, 1800, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02verbesserungen_1800/51>, abgerufen am 21.11.2024.