Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

die Flamme, die hier leuchtend aus einem Brenn¬
punkt strahlt, dort in einer gelinden Wärme durch die
ganze Genossenschaft vertheilt.

Die Gesetzgeber dieser Zeit, nicht geleitet von abge¬
zogenen Systemen, sondern vielmehr getrieben, wie
die Dichter durch Begeisterung, so durch die Fülle ei¬
nes instinktartigen Bildungstriebes, indem sie zu den
Körperschaften, die blos quantitativ auf die Zahl
sich gründen, Freyhof, Zehending, Hundrede, Gau
und Herzogthum, -- und die, wie sie zu den Urfor¬
men der Verfassung gehören, so auch die jetzige Zeit
allein anerkennen will, -- noch die Qualitativen,
auf innere specifische, höhere Differenzen begründet,
in den verschiedenen Ständen fügten, hatten ihre Ver¬
fassungen dadurch aus dem Gebiethe eines bloßen
Chemisms wirklich in den einer höheren Lebenserre¬
gung hinaufgehoben. Statt jenes politischen Brownia¬
nisms, der nur das Verhältniß zweyer Lebensfactoren
anerkennt, die abwechselnd in Sthenie und Asthenie
überwiegen, war nun jene wahrhaft organische Ansicht
der Lebenserscheinungen im Staatskörper eingetreten,
die ihn als aus vielfach verbundnen Systemen zusam¬
mengesetzt, in vielfachen Verrichtungen die einge¬
bornen Kräfte äußernd, und innerlich durch immer
gesteigerte Mittelglieder jeden tieferliegenden Wider¬
streit besänftigend, gefaßt und ausgelegt.

Sie erkannten sehr wohl, daß indem sie die Zahl
dieser Körperschaften in solche Weise noch durch diese
ideale Reihe mehrten, sie neben dem allgemeinen In¬
teresse, das wie das Lebensgefühl dem Ganzen bey¬
wohnt, noch eine Menge besonderer Interessen schufen,

12*

die Flamme, die hier leuchtend aus einem Brenn¬
punkt ſtrahlt, dort in einer gelinden Wärme durch die
ganze Genoſſenſchaft vertheilt.

Die Geſetzgeber dieſer Zeit, nicht geleitet von abge¬
zogenen Syſtemen, ſondern vielmehr getrieben, wie
die Dichter durch Begeiſterung, ſo durch die Fülle ei¬
nes inſtinktartigen Bildungstriebes, indem ſie zu den
Körperſchaften, die blos quantitativ auf die Zahl
ſich gründen, Freyhof, Zehending, Hundrede, Gau
und Herzogthum, — und die, wie ſie zu den Urfor¬
men der Verfaſſung gehören, ſo auch die jetzige Zeit
allein anerkennen will, — noch die Qualitativen,
auf innere ſpecifiſche, höhere Differenzen begründet,
in den verſchiedenen Ständen fügten, hatten ihre Ver¬
faſſungen dadurch aus dem Gebiethe eines bloßen
Chemisms wirklich in den einer höheren Lebenserre¬
gung hinaufgehoben. Statt jenes politiſchen Brownia¬
nisms, der nur das Verhältniß zweyer Lebensfactoren
anerkennt, die abwechſelnd in Sthenie und Aſthenie
überwiegen, war nun jene wahrhaft organiſche Anſicht
der Lebenserſcheinungen im Staatskörper eingetreten,
die ihn als aus vielfach verbundnen Syſtemen zuſam¬
mengeſetzt, in vielfachen Verrichtungen die einge¬
bornen Kräfte äußernd, und innerlich durch immer
geſteigerte Mittelglieder jeden tieferliegenden Wider¬
ſtreit beſänftigend, gefaßt und ausgelegt.

Sie erkannten ſehr wohl, daß indem ſie die Zahl
dieſer Körperſchaften in ſolche Weiſe noch durch dieſe
ideale Reihe mehrten, ſie neben dem allgemeinen In¬
tereſſe, das wie das Lebensgefühl dem Ganzen bey¬
wohnt, noch eine Menge beſonderer Intereſſen ſchufen,

12*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0187" n="179"/>
die Flamme, die hier leuchtend aus einem Brenn¬<lb/>
punkt &#x017F;trahlt, dort in einer gelinden Wärme durch die<lb/>
ganze Geno&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft vertheilt.</p><lb/>
      <p>Die Ge&#x017F;etzgeber die&#x017F;er Zeit, nicht geleitet von abge¬<lb/>
zogenen Sy&#x017F;temen, &#x017F;ondern vielmehr getrieben, wie<lb/>
die Dichter durch Begei&#x017F;terung, &#x017F;o durch die Fülle ei¬<lb/>
nes in&#x017F;tinktartigen Bildungstriebes, indem &#x017F;ie zu den<lb/>
Körper&#x017F;chaften, die blos <hi rendition="#g">quantitativ</hi> auf die Zahl<lb/>
&#x017F;ich gründen, Freyhof, Zehending, Hundrede, Gau<lb/>
und Herzogthum, &#x2014; und die, wie &#x017F;ie zu den Urfor¬<lb/>
men der Verfa&#x017F;&#x017F;ung gehören, &#x017F;o auch die jetzige Zeit<lb/>
allein anerkennen will, &#x2014; noch die <hi rendition="#g">Qualitativen</hi>,<lb/>
auf innere &#x017F;pecifi&#x017F;che, höhere Differenzen begründet,<lb/>
in den ver&#x017F;chiedenen Ständen fügten, hatten ihre Ver¬<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ungen dadurch aus dem Gebiethe eines bloßen<lb/>
Chemisms wirklich in den einer höheren Lebenserre¬<lb/>
gung hinaufgehoben. Statt jenes politi&#x017F;chen Brownia¬<lb/>
nisms, der nur das Verhältniß zweyer Lebensfactoren<lb/>
anerkennt, die abwech&#x017F;elnd in Sthenie und A&#x017F;thenie<lb/>
überwiegen, war nun jene wahrhaft organi&#x017F;che An&#x017F;icht<lb/>
der Lebenser&#x017F;cheinungen im Staatskörper eingetreten,<lb/>
die ihn als aus vielfach verbundnen Sy&#x017F;temen zu&#x017F;am¬<lb/>
menge&#x017F;etzt, in vielfachen Verrichtungen die einge¬<lb/>
bornen Kräfte äußernd, und innerlich durch immer<lb/>
ge&#x017F;teigerte Mittelglieder jeden tieferliegenden Wider¬<lb/>
&#x017F;treit be&#x017F;änftigend, gefaßt und ausgelegt.</p><lb/>
      <p>Sie erkannten &#x017F;ehr wohl, daß indem &#x017F;ie die Zahl<lb/>
die&#x017F;er Körper&#x017F;chaften in &#x017F;olche Wei&#x017F;e noch durch die&#x017F;e<lb/>
ideale Reihe mehrten, &#x017F;ie neben dem allgemeinen In¬<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e, das wie das Lebensgefühl dem Ganzen bey¬<lb/>
wohnt, noch eine Menge be&#x017F;onderer Intere&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chufen,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12*<lb/></fw>
</p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0187] die Flamme, die hier leuchtend aus einem Brenn¬ punkt ſtrahlt, dort in einer gelinden Wärme durch die ganze Genoſſenſchaft vertheilt. Die Geſetzgeber dieſer Zeit, nicht geleitet von abge¬ zogenen Syſtemen, ſondern vielmehr getrieben, wie die Dichter durch Begeiſterung, ſo durch die Fülle ei¬ nes inſtinktartigen Bildungstriebes, indem ſie zu den Körperſchaften, die blos quantitativ auf die Zahl ſich gründen, Freyhof, Zehending, Hundrede, Gau und Herzogthum, — und die, wie ſie zu den Urfor¬ men der Verfaſſung gehören, ſo auch die jetzige Zeit allein anerkennen will, — noch die Qualitativen, auf innere ſpecifiſche, höhere Differenzen begründet, in den verſchiedenen Ständen fügten, hatten ihre Ver¬ faſſungen dadurch aus dem Gebiethe eines bloßen Chemisms wirklich in den einer höheren Lebenserre¬ gung hinaufgehoben. Statt jenes politiſchen Brownia¬ nisms, der nur das Verhältniß zweyer Lebensfactoren anerkennt, die abwechſelnd in Sthenie und Aſthenie überwiegen, war nun jene wahrhaft organiſche Anſicht der Lebenserſcheinungen im Staatskörper eingetreten, die ihn als aus vielfach verbundnen Syſtemen zuſam¬ mengeſetzt, in vielfachen Verrichtungen die einge¬ bornen Kräfte äußernd, und innerlich durch immer geſteigerte Mittelglieder jeden tieferliegenden Wider¬ ſtreit beſänftigend, gefaßt und ausgelegt. Sie erkannten ſehr wohl, daß indem ſie die Zahl dieſer Körperſchaften in ſolche Weiſe noch durch dieſe ideale Reihe mehrten, ſie neben dem allgemeinen In¬ tereſſe, das wie das Lebensgefühl dem Ganzen bey¬ wohnt, noch eine Menge beſonderer Intereſſen ſchufen, 12*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/187
Zitationshilfe: Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_revolution_1819/187>, abgerufen am 04.12.2024.