Görres, Joseph von: Teutschland und die Revolution. Koblenz, 1819.den bekannten zwölf Artikeln, worin wenigstens eine Der Streit dauerte nun einzig über die Form noch den bekannten zwölf Artikeln, worin wenigſtens eine Der Streit dauerte nun einzig über die Form noch <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0032" n="24"/> den bekannten zwölf Artikeln, worin wenigſtens eine<lb/> aufrichtige Freyheit geboten war.</p><lb/> <p>Der Streit dauerte nun einzig über die Form noch<lb/> fort, als die Perſon des Regenten wechſelte, und der<lb/> Neue, der die Uſurpation nicht als eignen Erwerb, ſon¬<lb/> dern als eine Erbſchaft nur beſaß, größeres Vertrauen<lb/> gebot. Die zwölf Artikel wurden in eine Conſtitution<lb/> ausgebreitet, und dieſe den Ständen vorgelegt. Aber<lb/> in der Hitze des langwierigen Kampfes waren nun<lb/> ſchon perſönliche Leidenſchaften erwacht, von denen<lb/> der einmal in den Gemüthern wurzelnde Argwohn<lb/> immer neue Nahrung zog; die Stände mißtrauten<lb/> einem Werke das ſich blos auf die Gnade und den<lb/> guten aber ſeiner Natur nach wandelbaren Willen des<lb/> Herrſchers gründen wollte, und verlangten, daß es<lb/> auf den Boden ihrer alten Rechte, Geſchichten und<lb/> Herkömmlichkeiten geſetzt werden ſolle, damit es auf<lb/> dieſer Wurzel durch die Sanktion der ganzen Vergan¬<lb/> genheit dieſelbe, ja noch eine größere Legitimität als<lb/> das Regentengeſchlecht ſelbſt erlange. Der Hof ſeiner<lb/> guten Abſicht diesmal ſich bewußt, war entrüſtet über<lb/> einen Widerſtand, der ihm, da er gegen ſo manches<lb/> Gute gerichtet war, das die Gegenparthey ſelbſt nicht<lb/> abläugnen konnte, gänzlich unvernünftig ſchien; die<lb/> Stände im Bewußtſeyn ihres guten hiſtoriſchen Rechts,<lb/> das ſtärker ſeyn muß, als eine wohlgemeinte Aufwal¬<lb/> lung der Gegenwart, waren ihrerſeits in keine Weiſe<lb/> zum Nachgeben geneigt; da ſie richtig urtheilten, daß<lb/> ſelbſt die Gunſt des Augenblickes zu verſchmähen ſey,<lb/> wenn ſie um den Preis einer ganzen Vergangenheit er¬<lb/> kauft ſeyn wolle; und daß, was im Volke ſchon ein altes<lb/></p> </body> </text> </TEI> [24/0032]
den bekannten zwölf Artikeln, worin wenigſtens eine
aufrichtige Freyheit geboten war.
Der Streit dauerte nun einzig über die Form noch
fort, als die Perſon des Regenten wechſelte, und der
Neue, der die Uſurpation nicht als eignen Erwerb, ſon¬
dern als eine Erbſchaft nur beſaß, größeres Vertrauen
gebot. Die zwölf Artikel wurden in eine Conſtitution
ausgebreitet, und dieſe den Ständen vorgelegt. Aber
in der Hitze des langwierigen Kampfes waren nun
ſchon perſönliche Leidenſchaften erwacht, von denen
der einmal in den Gemüthern wurzelnde Argwohn
immer neue Nahrung zog; die Stände mißtrauten
einem Werke das ſich blos auf die Gnade und den
guten aber ſeiner Natur nach wandelbaren Willen des
Herrſchers gründen wollte, und verlangten, daß es
auf den Boden ihrer alten Rechte, Geſchichten und
Herkömmlichkeiten geſetzt werden ſolle, damit es auf
dieſer Wurzel durch die Sanktion der ganzen Vergan¬
genheit dieſelbe, ja noch eine größere Legitimität als
das Regentengeſchlecht ſelbſt erlange. Der Hof ſeiner
guten Abſicht diesmal ſich bewußt, war entrüſtet über
einen Widerſtand, der ihm, da er gegen ſo manches
Gute gerichtet war, das die Gegenparthey ſelbſt nicht
abläugnen konnte, gänzlich unvernünftig ſchien; die
Stände im Bewußtſeyn ihres guten hiſtoriſchen Rechts,
das ſtärker ſeyn muß, als eine wohlgemeinte Aufwal¬
lung der Gegenwart, waren ihrerſeits in keine Weiſe
zum Nachgeben geneigt; da ſie richtig urtheilten, daß
ſelbſt die Gunſt des Augenblickes zu verſchmähen ſey,
wenn ſie um den Preis einer ganzen Vergangenheit er¬
kauft ſeyn wolle; und daß, was im Volke ſchon ein altes
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