Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Görres, Joseph:] [Rezension zu:] Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder gesammelt von L. A. v. Arnim u. C. Brentano. In: Heidelbergische Jahrbücher der Literatur, Fünfte Abtheilung. Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst, Jg. 2 (1809), Bd. 1, Heft 5, S. 222‒237 und Jg. 3 (1810), Bd. 2, Heft 9, S. 30‒52.

Bild:
<< vorherige Seite

Hut wird bös belohnt im Wächter hüt dich bas; Gott grüß euch all ihr Herren singen Mädchen im weißen Nonnenschleyer, und heischen einen Pfennig und einen Heller für das Muttergottesbild; der frommen Magd wird ihr Gesetz ausgelegt; bey den Schleißen aber trollt lustig das Rädchen; das Spinnlied gibt dem Mägdlein gute Lehre, Himmelsmanna; spinn meine liebe Tochter, aber irdisch Brod.

Alle aber, wie sie in die Arbeit sich getheilt, so vereinigen sie sich in Scherz und Freude wieder. Willst du mit zu Weine gehen? singt der Fink im scharfen Weingesang, und freudig jauchzen alle Zechbrüder Dieterlein, dem König der Thoren, zu; auch dem lieben Buhlen Muskateller wird ein Ständchen gebracht; sogar Krätzer aus dem Neckarthale findet warme Seelen, die mit ihm liebäugeln mögen; Maynblümlein bla, wie wird vom bösen Wirth der arme Junge ausgezogen; Hum fauler Lenz findet beym Nachbar gut Gehängniß; das dumme Brüderlein weiß sein ärmlich Gut gar trefflich anzulegen; lallend wollen die Gesellen dort ein Saufklösterlein erbauen; Braunbier wird recensirt; die hochgelobte Buttermilch nach Verdienst gepriesen; und zum Martinsgänslein höflich eingeladen. Und es kommen lustige Musikanten herbey, und mischen gute Fugen ein; und Liebe wird auf Noten gesetzt; und die Liebesnoten abgetanzt im Trümmekentanz und Springel-langen Tanz; des Centauren Tanzlied trabt hurtig wie ein Rößlein daher; in der Braut von Bessa aber wollen die eisern Knechte den Schreiber mit Buchstaben, gezogen mit Schlägen und großen Striemen, beschreiben. Gern läßt die Schnurre sich in munterer Gesellschaft finden; große, wunderbare Staatsactionen in Schnützelputz Häusel; concertirender Dialog, dem Meistbietenden angeschlagen; Räthsel um Räthsel eingetauscht; säuberlich Mägdlein im musikalischen Convivium gar zierlich gefältelt; ein Mägdlein jung, die Lehre vom Gegensatz gut in Versen ausgedrechselt: die Kastanie, kunstgerechte botanische Beschreibung; Kuckuck hat

Hut wird boͤs belohnt im Waͤchter huͤt dich bas; Gott gruͤß euch all ihr Herren singen Maͤdchen im weißen Nonnenschleyer, und heischen einen Pfennig und einen Heller fuͤr das Muttergottesbild; der frommen Magd wird ihr Gesetz ausgelegt; bey den Schleißen aber trollt lustig das Raͤdchen; das Spinnlied gibt dem Maͤgdlein gute Lehre, Himmelsmanna; spinn meine liebe Tochter, aber irdisch Brod.

Alle aber, wie sie in die Arbeit sich getheilt, so vereinigen sie sich in Scherz und Freude wieder. Willst du mit zu Weine gehen? singt der Fink im scharfen Weingesang, und freudig jauchzen alle Zechbruͤder Dieterlein, dem Koͤnig der Thoren, zu; auch dem lieben Buhlen Muskateller wird ein Staͤndchen gebracht; sogar Kraͤtzer aus dem Neckarthale findet warme Seelen, die mit ihm liebaͤugeln moͤgen; Maynbluͤmlein bla, wie wird vom boͤsen Wirth der arme Junge ausgezogen; Hum fauler Lenz findet beym Nachbar gut Gehaͤngniß; das dumme Bruͤderlein weiß sein aͤrmlich Gut gar trefflich anzulegen; lallend wollen die Gesellen dort ein Saufkloͤsterlein erbauen; Braunbier wird recensirt; die hochgelobte Buttermilch nach Verdienst gepriesen; und zum Martinsgaͤnslein hoͤflich eingeladen. Und es kommen lustige Musikanten herbey, und mischen gute Fugen ein; und Liebe wird auf Noten gesetzt; und die Liebesnoten abgetanzt im Truͤmmekentanz und Springel-langen Tanz; des Centauren Tanzlied trabt hurtig wie ein Roͤßlein daher; in der Braut von Bessa aber wollen die eisern Knechte den Schreiber mit Buchstaben, gezogen mit Schlaͤgen und großen Striemen, beschreiben. Gern laͤßt die Schnurre sich in munterer Gesellschaft finden; große, wunderbare Staatsactionen in Schnuͤtzelputz Haͤusel; concertirender Dialog, dem Meistbietenden angeschlagen; Raͤthsel um Raͤthsel eingetauscht; saͤuberlich Maͤgdlein im musikalischen Convivium gar zierlich gefaͤltelt; ein Maͤgdlein jung, die Lehre vom Gegensatz gut in Versen ausgedrechselt: die Kastanie, kunstgerechte botanische Beschreibung; Kuckuck hat

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0026" n="38"/>
Hut wird bo&#x0364;s belohnt im <hi rendition="#g">Wa&#x0364;chter  hu&#x0364;t dich bas; Gott gru&#x0364;ß euch all ihr Herren</hi> singen Ma&#x0364;dchen im weißen Nonnenschleyer,  und heischen einen Pfennig und einen Heller fu&#x0364;r das Muttergottesbild; der <hi rendition="#g">frommen Magd</hi> wird ihr Gesetz ausgelegt; bey den Schleißen aber trollt lustig das Ra&#x0364;dchen; das <hi rendition="#g">Spinnlied</hi> gibt dem Ma&#x0364;gdlein gute Lehre, Himmelsmanna; <hi rendition="#g">spinn meine liebe Tochter</hi>,  aber irdisch Brod. </p><lb/>
        <p> Alle aber, wie sie in die Arbeit sich getheilt, so vereinigen sie sich in Scherz  und Freude wieder. Willst du mit zu Weine gehen? singt der Fink im scharfen Weingesang,  und freudig jauchzen alle Zechbru&#x0364;der <hi rendition="#g">Dieterlein</hi>, dem Ko&#x0364;nig der Thoren, zu; auch dem lieben  Buhlen <hi rendition="#g">Muskateller</hi> wird ein Sta&#x0364;ndchen gebracht; sogar Kra&#x0364;tzer aus dem <hi rendition="#g">Neckarthale</hi> findet  warme Seelen, die mit ihm lieba&#x0364;ugeln mo&#x0364;gen; <hi rendition="#g">Maynblu&#x0364;mlein bla</hi>, wie wird vom bo&#x0364;sen Wirth  der arme Junge ausgezogen; <hi rendition="#g">Hum fauler Lenz</hi> findet beym Nachbar gut Geha&#x0364;ngniß; das <hi rendition="#g">dumme  Bru&#x0364;derlein</hi> weiß sein a&#x0364;rmlich Gut gar trefflich anzulegen; lallend wollen die Gesellen  dort ein <hi rendition="#g">Saufklo&#x0364;sterlein</hi> erbauen; <hi rendition="#g">Braunbie</hi>r wird recensirt; die <hi rendition="#g">hochgelobte Buttermilch</hi> nach Verdienst gepriesen; und zum <hi rendition="#g">Martinsga&#x0364;nslein</hi> ho&#x0364;flich eingeladen. Und es kommen  lustige Musikanten herbey, und mischen gute <hi rendition="#g">Fugen</hi> ein; und Liebe wird auf <hi rendition="#g">Noten</hi> gesetzt;  und die Liebesnoten abgetanzt im <hi rendition="#g">Tru&#x0364;mmekentanz</hi> und <hi rendition="#g">Springel-langen Tanz</hi>; des <hi rendition="#g">Centauren  Tanzlied</hi> trabt hurtig wie ein Ro&#x0364;ßlein daher; in der <hi rendition="#g">Braut von Bessa</hi> aber wollen die eisern  Knechte den Schreiber mit Buchstaben, gezogen mit Schla&#x0364;gen und großen Striemen, beschreiben.  Gern la&#x0364;ßt die Schnurre sich in munterer Gesellschaft finden; große, wunderbare Staatsactionen  in <hi rendition="#g">Schnu&#x0364;tzelputz Ha&#x0364;usel</hi>; concertirender Dialog, dem <hi rendition="#g">Meistbietenden</hi> angeschlagen; <hi rendition="#g">Ra&#x0364;thsel um  Ra&#x0364;thsel</hi> eingetauscht; <hi rendition="#g">sa&#x0364;uberlich Ma&#x0364;gdlein</hi> im musikalischen <hi rendition="#aq">Convivium</hi> gar zierlich gefa&#x0364;ltelt; <hi rendition="#g">ein Ma&#x0364;gdlein</hi> jung, die Lehre vom Gegensatz gut in Versen ausgedrechselt: <hi rendition="#g">die Kastanie</hi>,      kunstgerechte botanische Beschreibung; <hi rendition="#g">Kuckuck hat<lb/></hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0026] Hut wird boͤs belohnt im Waͤchter huͤt dich bas; Gott gruͤß euch all ihr Herren singen Maͤdchen im weißen Nonnenschleyer, und heischen einen Pfennig und einen Heller fuͤr das Muttergottesbild; der frommen Magd wird ihr Gesetz ausgelegt; bey den Schleißen aber trollt lustig das Raͤdchen; das Spinnlied gibt dem Maͤgdlein gute Lehre, Himmelsmanna; spinn meine liebe Tochter, aber irdisch Brod. Alle aber, wie sie in die Arbeit sich getheilt, so vereinigen sie sich in Scherz und Freude wieder. Willst du mit zu Weine gehen? singt der Fink im scharfen Weingesang, und freudig jauchzen alle Zechbruͤder Dieterlein, dem Koͤnig der Thoren, zu; auch dem lieben Buhlen Muskateller wird ein Staͤndchen gebracht; sogar Kraͤtzer aus dem Neckarthale findet warme Seelen, die mit ihm liebaͤugeln moͤgen; Maynbluͤmlein bla, wie wird vom boͤsen Wirth der arme Junge ausgezogen; Hum fauler Lenz findet beym Nachbar gut Gehaͤngniß; das dumme Bruͤderlein weiß sein aͤrmlich Gut gar trefflich anzulegen; lallend wollen die Gesellen dort ein Saufkloͤsterlein erbauen; Braunbier wird recensirt; die hochgelobte Buttermilch nach Verdienst gepriesen; und zum Martinsgaͤnslein hoͤflich eingeladen. Und es kommen lustige Musikanten herbey, und mischen gute Fugen ein; und Liebe wird auf Noten gesetzt; und die Liebesnoten abgetanzt im Truͤmmekentanz und Springel-langen Tanz; des Centauren Tanzlied trabt hurtig wie ein Roͤßlein daher; in der Braut von Bessa aber wollen die eisern Knechte den Schreiber mit Buchstaben, gezogen mit Schlaͤgen und großen Striemen, beschreiben. Gern laͤßt die Schnurre sich in munterer Gesellschaft finden; große, wunderbare Staatsactionen in Schnuͤtzelputz Haͤusel; concertirender Dialog, dem Meistbietenden angeschlagen; Raͤthsel um Raͤthsel eingetauscht; saͤuberlich Maͤgdlein im musikalischen Convivium gar zierlich gefaͤltelt; ein Maͤgdlein jung, die Lehre vom Gegensatz gut in Versen ausgedrechselt: die Kastanie, kunstgerechte botanische Beschreibung; Kuckuck hat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Universität Duisburg-Essen, Projekt Lyriktheorie (Dr. Rudolf Brandmeyer): Bereitstellung der Texttranskription. (2018-02-08T18:42:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rudolf Brandmeyer: Herausgeber
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-02-08T18:42:42Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_wunderhorn_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_wunderhorn_1809/26
Zitationshilfe: [Görres, Joseph:] [Rezension zu:] Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder gesammelt von L. A. v. Arnim u. C. Brentano. In: Heidelbergische Jahrbücher der Literatur, Fünfte Abtheilung. Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst, Jg. 2 (1809), Bd. 1, Heft 5, S. 222‒237 und Jg. 3 (1810), Bd. 2, Heft 9, S. 30‒52, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_wunderhorn_1809/26>, abgerufen am 21.11.2024.