Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.Wenn der Körper ein Kerker ist, Warum nur der Kerker so durstig ist? Seele befindet sich wohl darinnen Und bliebe gern vergnügt bey Sinnen; Nun aber soll eine Flasche Wein Frisch eine nach der andern herein. Seele will's nicht länger tragen, Sie an der Thüre in Stücke schlagen. Wenn der Körper ein Kerker ist, Warum nur der Kerker so durstig ist? Seele befindet sich wohl darinnen Und bliebe gern vergnügt bey Sinnen; Nun aber soll eine Flasche Wein Frisch eine nach der andern herein. Seele will’s nicht länger tragen, Sie an der Thüre in Stücke schlagen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0199" n="189"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <lg type="poem"> <l>Wenn der Körper ein Kerker ist,</l><lb/> <l>Warum nur der Kerker so durstig ist?</l><lb/> <l>Seele befindet sich wohl darinnen</l><lb/> <l>Und bliebe gern vergnügt bey Sinnen;</l><lb/> <l>Nun aber soll eine Flasche Wein</l><lb/> <l>Frisch eine nach der andern herein.</l><lb/> <l>Seele will’s nicht länger tragen,</l><lb/> <l>Sie an der Thüre in Stücke schlagen.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [189/0199]
Wenn der Körper ein Kerker ist,
Warum nur der Kerker so durstig ist?
Seele befindet sich wohl darinnen
Und bliebe gern vergnügt bey Sinnen;
Nun aber soll eine Flasche Wein
Frisch eine nach der andern herein.
Seele will’s nicht länger tragen,
Sie an der Thüre in Stücke schlagen.
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