und Sterne erhellten die Nacht, ebenfalls unerreichbar, dem Gränzenlosen angehörig. Dagegen stellt sich das Feuer ihnen zur Seite; erleuchtend, erwärmend, nach sei- nem Vermögen. In Gegenwart dieses Stell- vertreters Gebete zu verrichten, sich vor dem unendlich Empfundenen zu beugen wird an- genehme fromme Pflicht. Reinlicher ist nichts als ein heiterer Sonnen-Aufgang und so reinlich musste man auch die Feuer ent- zünden und hewahren, wenn sie heilig, sonnenähnlich seyn und bleiben sollten.
Zoroaster scheint die edle, reine Na- turreligion zuerst in einen umständlichen Cultus verwandelt zu haben. Das mentale Gebet, das alle Religionen einschliesst und ausschliesst, und nur bey wenigen, gottbe- günstigten Menschen den ganzen Lebens- wandel durchdringt, entwickelt sich bey den meisten nur als flammendes, beseeligen- des Gefühl des Augenblicks; nach dessen Verschwinden sogleich der sich selbst zu- rückgegebene, unbefriedigte, unbeschäftigte Mensch in die unendlichste Langeweile zu- rückfällt.
und Sterne erhellten die Nacht, ebenfalls unerreichbar, dem Gränzenlosen angehörig. Dagegen stellt sich das Feuer ihnen zur Seite; erleuchtend, erwärmend, nach sei- nem Vermögen. In Gegenwart dieses Stell- vertreters Gebete zu verrichten, sich vor dem unendlich Empfundenen zu beugen wird an- genehme fromme Pflicht. Reinlicher ist nichts als ein heiterer Sonnen-Aufgang und so reinlich muſste man auch die Feuer ent- zünden und hewahren, wenn sie heilig, sonnenähnlich seyn und bleiben sollten.
Zoroaster scheint die edle, reine Na- turreligion zuerst in einen umständlichen Cultus verwandelt zu haben. Das mentale Gebet, das alle Religionen einschlieſst und ausschlieſst, und nur bey wenigen, gottbe- günstigten Menschen den ganzen Lebens- wandel durchdringt, entwickelt sich bey den meisten nur als flammendes, beseeligen- des Gefühl des Augenblicks; nach dessen Verschwinden sogleich der sich selbst zu- rückgegebene, unbefriedigte, unbeschäftigte Mensch in die unendlichste Langeweile zu- rückfällt.
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und Sterne erhellten die Nacht, ebenfalls
unerreichbar, dem Gränzenlosen angehörig.
Dagegen stellt sich das Feuer ihnen zur
Seite; erleuchtend, erwärmend, nach sei-
nem Vermögen. In Gegenwart dieses Stell-
vertreters Gebete zu verrichten, sich vor dem
unendlich Empfundenen zu beugen wird an-
genehme fromme Pflicht. Reinlicher ist
nichts als ein heiterer Sonnen-Aufgang und
so reinlich muſste man auch die Feuer ent-
zünden und hewahren, wenn sie heilig,
sonnenähnlich seyn und bleiben sollten.
Zoroaster scheint die edle, reine Na-
turreligion zuerst in einen umständlichen
Cultus verwandelt zu haben. Das mentale
Gebet, das alle Religionen einschlieſst und
ausschlieſst, und nur bey wenigen, gottbe-
günstigten Menschen den ganzen Lebens-
wandel durchdringt, entwickelt sich bey
den meisten nur als flammendes, beseeligen-
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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/273>, abgerufen am 22.12.2024.
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