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Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819.

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zum Stellvertreter der höchsten Macht, in
und mit ihm ist die Majestät gegenwärtig.
Dabey aber lässt man's nicht bewenden,
Gedichte werden hinzugefügt, die, nach
orientalischer Weise, in glänzenden Meta-
phern und Hyperbeln, Fahne, Sonne und
Ebenbild erst verherrlichen.

Zum bessern Verständnisse des Einzel-
nen fügen wir wenige Bemerkungen hinzu.
Der Kaiser nennt sich einen Türken, als
aus dem Stamme Katschar entsprungen, wel-
cher zur türkischen Zunge gehört. Es wer-
den nämlich alle Hauptstämme Persiens,
welche das Kriegsheer stellen, nach Spra-
che und Abstammung getheilt in die Stäm-
me der Türkischen, Kurdischen, Lurischen
und Arabischen Zunge.

Er vergleicht sich mit Dschemschid,
wie die Perser ihre mächtigen Fürsten mit
ihren alten Königen, in Beziehung auf ge-
wisse Eigenschaften, zusammen stellen.
Feridun an Würde, ein Dschemschid an
Glanz, Alexander an Macht, ein Darius
an Schutz. Schirm ist der Kaiser selbst,
Schatten Gottes auf Erden, nur bedarf er
freilich am heissen Sommertage eines Schirms,

zum Stellvertreter der höchsten Macht, in
und mit ihm ist die Majestät gegenwärtig.
Dabey aber läſst man’s nicht bewenden,
Gedichte werden hinzugefügt, die, nach
orientalischer Weise, in glänzenden Meta-
phern und Hyperbeln, Fahne, Sonne und
Ebenbild erst verherrlichen.

Zum bessern Verständnisse des Einzel-
nen fügen wir wenige Bemerkungen hinzu.
Der Kaiser nennt sich einen Türken, als
aus dem Stamme Katschar entsprungen, wel-
cher zur türkischen Zunge gehört. Es wer-
den nämlich alle Hauptstämme Persiens,
welche das Kriegsheer stellen, nach Spra-
che und Abstammung getheilt in die Stäm-
me der Türkischen, Kurdischen, Lurischen
und Arabischen Zunge.

Er vergleicht sich mit Dschemschid,
wie die Perser ihre mächtigen Fürsten mit
ihren alten Königen, in Beziehung auf ge-
wisse Eigenschaften, zusammen stellen.
Feridun an Würde, ein Dschemschid an
Glanz, Alexander an Macht, ein Darius
an Schutz. Schirm ist der Kaiser selbst,
Schatten Gottes auf Erden, nur bedarf er
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[543/0553] zum Stellvertreter der höchsten Macht, in und mit ihm ist die Majestät gegenwärtig. Dabey aber läſst man’s nicht bewenden, Gedichte werden hinzugefügt, die, nach orientalischer Weise, in glänzenden Meta- phern und Hyperbeln, Fahne, Sonne und Ebenbild erst verherrlichen. Zum bessern Verständnisse des Einzel- nen fügen wir wenige Bemerkungen hinzu. Der Kaiser nennt sich einen Türken, als aus dem Stamme Katschar entsprungen, wel- cher zur türkischen Zunge gehört. Es wer- den nämlich alle Hauptstämme Persiens, welche das Kriegsheer stellen, nach Spra- che und Abstammung getheilt in die Stäm- me der Türkischen, Kurdischen, Lurischen und Arabischen Zunge. Er vergleicht sich mit Dschemschid, wie die Perser ihre mächtigen Fürsten mit ihren alten Königen, in Beziehung auf ge- wisse Eigenschaften, zusammen stellen. Feridun an Würde, ein Dschemschid an Glanz, Alexander an Macht, ein Darius an Schutz. Schirm ist der Kaiser selbst, Schatten Gottes auf Erden, nur bedarf er freilich am heiſsen Sommertage eines Schirms,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: West-östlicher Divan. Stuttgart, 1819, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_divan_1819/553>, abgerufen am 14.05.2024.