und Blau wird Violett, Roth und Gelb Orange, Gelb und Blau Grün hervorbringen.
553.
Man hat sich sehr bemüht, durch Zahl-Maaß- und Gewichtsverhältnisse diese Mischungen näher zu bestim- men, hat aber dadurch wenig Ersprießliches geleistet.
554.
Die Malerey beruht eigentlich auf der Mischung solcher specificirten, ja individualisirten Farbenkörper und ihrer unendlichen möglichen Verbindungen, welche allein durch das zarteste, geübteste Auge empfunden und unter dessen Urtheil bewirkt werden können.
555.
Die innige Verbindung dieser Mischungen ge- schieht durch die reinste Theilung der Körper durch Reiben, Schlemmen u. s. w. nicht weniger durch Säfte, welche das Staubartige zusammenhalten, und das Unorganische gleichsam organisch verbinden; der- gleichen sind die Oele, Harze u. s. w.
556.
Sämmtliche Farben zusammengemischt behalten ih- ren allgemeinen Charakter als skieron, und da sie nicht mehr neben einander gesehen werden, wird keine Totalität, keine Harmonie empfunden, und so ent- steht das Grau, das, wie die sichtbare Farbe, immer etwas dunkler als Weiß, und immer etwas heller als Schwarz erscheint.
und Blau wird Violett, Roth und Gelb Orange, Gelb und Blau Gruͤn hervorbringen.
553.
Man hat ſich ſehr bemuͤht, durch Zahl-Maaß- und Gewichtsverhaͤltniſſe dieſe Miſchungen naͤher zu beſtim- men, hat aber dadurch wenig Erſprießliches geleiſtet.
554.
Die Malerey beruht eigentlich auf der Miſchung ſolcher ſpecificirten, ja individualiſirten Farbenkoͤrper und ihrer unendlichen moͤglichen Verbindungen, welche allein durch das zarteſte, geuͤbteſte Auge empfunden und unter deſſen Urtheil bewirkt werden koͤnnen.
555.
Die innige Verbindung dieſer Miſchungen ge- ſchieht durch die reinſte Theilung der Koͤrper durch Reiben, Schlemmen u. ſ. w. nicht weniger durch Saͤfte, welche das Staubartige zuſammenhalten, und das Unorganiſche gleichſam organiſch verbinden; der- gleichen ſind die Oele, Harze u. ſ. w.
556.
Saͤmmtliche Farben zuſammengemiſcht behalten ih- ren allgemeinen Charakter als σκιερόν, und da ſie nicht mehr neben einander geſehen werden, wird keine Totalitaͤt, keine Harmonie empfunden, und ſo ent- ſteht das Grau, das, wie die ſichtbare Farbe, immer etwas dunkler als Weiß, und immer etwas heller als Schwarz erſcheint.
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[208/0262]
und Blau wird Violett, Roth und Gelb Orange,
Gelb und Blau Gruͤn hervorbringen.
553.
Man hat ſich ſehr bemuͤht, durch Zahl-Maaß- und
Gewichtsverhaͤltniſſe dieſe Miſchungen naͤher zu beſtim-
men, hat aber dadurch wenig Erſprießliches geleiſtet.
554.
Die Malerey beruht eigentlich auf der Miſchung
ſolcher ſpecificirten, ja individualiſirten Farbenkoͤrper
und ihrer unendlichen moͤglichen Verbindungen, welche
allein durch das zarteſte, geuͤbteſte Auge empfunden
und unter deſſen Urtheil bewirkt werden koͤnnen.
555.
Die innige Verbindung dieſer Miſchungen ge-
ſchieht durch die reinſte Theilung der Koͤrper durch
Reiben, Schlemmen u. ſ. w. nicht weniger durch
Saͤfte, welche das Staubartige zuſammenhalten, und
das Unorganiſche gleichſam organiſch verbinden; der-
gleichen ſind die Oele, Harze u. ſ. w.
556.
Saͤmmtliche Farben zuſammengemiſcht behalten ih-
ren allgemeinen Charakter als σκιερόν, und da ſie
nicht mehr neben einander geſehen werden, wird keine
Totalitaͤt, keine Harmonie empfunden, und ſo ent-
ſteht das Grau, das, wie die ſichtbare Farbe, immer
etwas dunkler als Weiß, und immer etwas heller
als Schwarz erſcheint.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/262>, abgerufen am 23.12.2024.
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