Das Bedürfniß des Malers, der in der bisheri- gen Theorie keine Hülfe fand, sondern seinem Gefühl, seinem Geschmack, einer unsichern Ueberlieferung in Absicht auf die Farbe völlig überlassen war, ohne ir- gend ein physisches Fundament gewahr zu werden, worauf er seine Ausübung hätte gründen können, dieses Bedürfniß war der erste Anlaß, der den Verfasser ver- mochte, in eine Bearbeitung der Farbenlehre sich ein- zulassen. Da nichts wünschenswerther ist, als daß diese theoretische Ausführung bald im Praktischen ge- nutzt und dadurch geprüft und schnell weiter geführt werde; so muß es zugleich höchst willkommen seyn, wenn wir finden, daß Künstler selbst schon den Weg einschlagen, den wir für den rechten halten.
Ich lasse daher zum Schluß, um hiervon ein Zeugniß abzugeben, den Brief eines talentvollen Ma- lers, des Herrn Philipp Otto Runge, mit Ver- gnügen abdrucken, eines jungen Mannes, der ohne von meinen Bemühungen unterrichtet zu seyn, durch Naturel, Uebung und Nachdenken sich auf die glei- chen Wege gefunden hat. Man wird in diesem Briefe, den ich ganz mittheile, weil seine sämmtlichen Glie- der in einem innigen Zusammenhange stehen, bey auf- merksamer Vergleichung gewahr werden, daß mehrere Stellen genau mit meinem Entwurf übereinkommen,
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Zugabe.
Das Beduͤrfniß des Malers, der in der bisheri- gen Theorie keine Huͤlfe fand, ſondern ſeinem Gefuͤhl, ſeinem Geſchmack, einer unſichern Ueberlieferung in Abſicht auf die Farbe voͤllig uͤberlaſſen war, ohne ir- gend ein phyſiſches Fundament gewahr zu werden, worauf er ſeine Ausuͤbung haͤtte gruͤnden koͤnnen, dieſes Beduͤrfniß war der erſte Anlaß, der den Verfaſſer ver- mochte, in eine Bearbeitung der Farbenlehre ſich ein- zulaſſen. Da nichts wuͤnſchenswerther iſt, als daß dieſe theoretiſche Ausfuͤhrung bald im Praktiſchen ge- nutzt und dadurch gepruͤft und ſchnell weiter gefuͤhrt werde; ſo muß es zugleich hoͤchſt willkommen ſeyn, wenn wir finden, daß Kuͤnſtler ſelbſt ſchon den Weg einſchlagen, den wir fuͤr den rechten halten.
Ich laſſe daher zum Schluß, um hiervon ein Zeugniß abzugeben, den Brief eines talentvollen Ma- lers, des Herrn Philipp Otto Runge, mit Ver- gnuͤgen abdrucken, eines jungen Mannes, der ohne von meinen Bemuͤhungen unterrichtet zu ſeyn, durch Naturel, Uebung und Nachdenken ſich auf die glei- chen Wege gefunden hat. Man wird in dieſem Briefe, den ich ganz mittheile, weil ſeine ſaͤmmtlichen Glie- der in einem innigen Zuſammenhange ſtehen, bey auf- merkſamer Vergleichung gewahr werden, daß mehrere Stellen genau mit meinem Entwurf uͤbereinkommen,
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Zugabe.
Das Beduͤrfniß des Malers, der in der bisheri-
gen Theorie keine Huͤlfe fand, ſondern ſeinem Gefuͤhl,
ſeinem Geſchmack, einer unſichern Ueberlieferung in
Abſicht auf die Farbe voͤllig uͤberlaſſen war, ohne ir-
gend ein phyſiſches Fundament gewahr zu werden,
worauf er ſeine Ausuͤbung haͤtte gruͤnden koͤnnen, dieſes
Beduͤrfniß war der erſte Anlaß, der den Verfaſſer ver-
mochte, in eine Bearbeitung der Farbenlehre ſich ein-
zulaſſen. Da nichts wuͤnſchenswerther iſt, als daß
dieſe theoretiſche Ausfuͤhrung bald im Praktiſchen ge-
nutzt und dadurch gepruͤft und ſchnell weiter gefuͤhrt
werde; ſo muß es zugleich hoͤchſt willkommen ſeyn,
wenn wir finden, daß Kuͤnſtler ſelbſt ſchon den Weg
einſchlagen, den wir fuͤr den rechten halten.
Ich laſſe daher zum Schluß, um hiervon ein
Zeugniß abzugeben, den Brief eines talentvollen Ma-
lers, des Herrn Philipp Otto Runge, mit Ver-
gnuͤgen abdrucken, eines jungen Mannes, der ohne
von meinen Bemuͤhungen unterrichtet zu ſeyn, durch
Naturel, Uebung und Nachdenken ſich auf die glei-
chen Wege gefunden hat. Man wird in dieſem Briefe,
den ich ganz mittheile, weil ſeine ſaͤmmtlichen Glie-
der in einem innigen Zuſammenhange ſtehen, bey auf-
merkſamer Vergleichung gewahr werden, daß mehrere
Stellen genau mit meinem Entwurf uͤbereinkommen,
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/393>, abgerufen am 23.12.2024.
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