Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Erfahrung begründet seyn müssen, so bitte ich nur,
daß Sie auf Ihr eignes Gefühl sich reduciren möchten,
um zu verstehen, wie ich meynte, daß ein Maler mit
keinen andern Elementen zu thun hätte, als mit de-
nen, die Sie hier angegeben finden.

1) Drey Farben, Gelb, Roth und Blau, gibt
es bekanntlich nur, wenn wir diese in ihrer ganzen
Kraft annehmen, und stellen sie uns wie einen Cirkel
vor, z. B. (siehe die Tafeln).

[Abbildung]

so bilden sich aus den drey Farben, Gelb, Roth
und Blau drey Uebergänge, Orange, Violett und
Grün (ich heiße alles Orange, was zwischen Gelb und
Roth fällt, oder was von Gelb oder Roth aus sich
nach diesen Seiten hinneigt) und diese sind in ihrer
mittleren Stellung am brillantesten und die reinen Mi-
schungen der Farben.

2) Wenn man sich ein bläuliches Orange, ein
röthliches Grün oder ein gelbliches Violett denken will,
wird einem so zu Muthe wie bey einem südwestlichen

Erfahrung begruͤndet ſeyn muͤſſen, ſo bitte ich nur,
daß Sie auf Ihr eignes Gefuͤhl ſich reduciren moͤchten,
um zu verſtehen, wie ich meynte, daß ein Maler mit
keinen andern Elementen zu thun haͤtte, als mit de-
nen, die Sie hier angegeben finden.

1) Drey Farben, Gelb, Roth und Blau, gibt
es bekanntlich nur, wenn wir dieſe in ihrer ganzen
Kraft annehmen, und ſtellen ſie uns wie einen Cirkel
vor, z. B. (ſiehe die Tafeln).

[Abbildung]

ſo bilden ſich aus den drey Farben, Gelb, Roth
und Blau drey Uebergaͤnge, Orange, Violett und
Gruͤn (ich heiße alles Orange, was zwiſchen Gelb und
Roth faͤllt, oder was von Gelb oder Roth aus ſich
nach dieſen Seiten hinneigt) und dieſe ſind in ihrer
mittleren Stellung am brillanteſten und die reinen Mi-
ſchungen der Farben.

2) Wenn man ſich ein blaͤuliches Orange, ein
roͤthliches Gruͤn oder ein gelbliches Violett denken will,
wird einem ſo zu Muthe wie bey einem ſuͤdweſtlichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0397" n="343"/>
Erfahrung begru&#x0364;ndet &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o bitte ich nur,<lb/>
daß Sie auf Ihr eignes Gefu&#x0364;hl &#x017F;ich reduciren mo&#x0364;chten,<lb/>
um zu ver&#x017F;tehen, wie ich meynte, daß ein Maler mit<lb/>
keinen andern Elementen zu thun ha&#x0364;tte, als mit de-<lb/>
nen, die Sie hier angegeben finden.</p><lb/>
          <p>1) Drey Farben, <hi rendition="#g">Gelb, Roth</hi> und <hi rendition="#g">Blau</hi>, gibt<lb/>
es bekanntlich nur, wenn wir die&#x017F;e in ihrer ganzen<lb/>
Kraft annehmen, und &#x017F;tellen &#x017F;ie uns wie einen Cirkel<lb/>
vor, z. B. (&#x017F;iehe die Tafeln).</p><lb/>
          <figure/>
          <p>&#x017F;o bilden &#x017F;ich aus den drey Farben, <hi rendition="#g">Gelb, Roth</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">Blau</hi> drey Ueberga&#x0364;nge, Orange, Violett und<lb/>
Gru&#x0364;n (ich heiße alles Orange, was zwi&#x017F;chen Gelb und<lb/>
Roth fa&#x0364;llt, oder was von Gelb oder Roth aus &#x017F;ich<lb/>
nach die&#x017F;en Seiten hinneigt) und die&#x017F;e &#x017F;ind in ihrer<lb/>
mittleren Stellung am brillante&#x017F;ten und die reinen Mi-<lb/>
&#x017F;chungen der Farben.</p><lb/>
          <p>2) Wenn man &#x017F;ich ein bla&#x0364;uliches Orange, ein<lb/>
ro&#x0364;thliches Gru&#x0364;n oder ein gelbliches Violett denken will,<lb/>
wird einem &#x017F;o zu Muthe wie bey einem &#x017F;u&#x0364;dwe&#x017F;tlichen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[343/0397] Erfahrung begruͤndet ſeyn muͤſſen, ſo bitte ich nur, daß Sie auf Ihr eignes Gefuͤhl ſich reduciren moͤchten, um zu verſtehen, wie ich meynte, daß ein Maler mit keinen andern Elementen zu thun haͤtte, als mit de- nen, die Sie hier angegeben finden. 1) Drey Farben, Gelb, Roth und Blau, gibt es bekanntlich nur, wenn wir dieſe in ihrer ganzen Kraft annehmen, und ſtellen ſie uns wie einen Cirkel vor, z. B. (ſiehe die Tafeln). [Abbildung] ſo bilden ſich aus den drey Farben, Gelb, Roth und Blau drey Uebergaͤnge, Orange, Violett und Gruͤn (ich heiße alles Orange, was zwiſchen Gelb und Roth faͤllt, oder was von Gelb oder Roth aus ſich nach dieſen Seiten hinneigt) und dieſe ſind in ihrer mittleren Stellung am brillanteſten und die reinen Mi- ſchungen der Farben. 2) Wenn man ſich ein blaͤuliches Orange, ein roͤthliches Gruͤn oder ein gelbliches Violett denken will, wird einem ſo zu Muthe wie bey einem ſuͤdweſtlichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/397
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/397>, abgerufen am 03.07.2024.