Kammer hermetisch verfinstert, die vortrefflichsten Prismen ausgewählt; und dann will er sich hinter Zufälligkeiten flüchten, daß Wolken vor der Sonne gestanden, daß durch eine schlechte Politur das Prisma unsicher geworden sey. Der homogenen nie zu homo- genisirenden Lichter nicht zu gedenken, welche sich ein- ander verwirren, verunreinigen, in einander greifen, sich stören und niemals das sind noch werden können, was sie seyn sollen. Mehr als einmal muß uns daher jener berühmte theatralische Hetmann der Cosacken ein- fallen, welcher sich ganz zum Newtonianer geschickt hätte. Denn ihn würde es vortrefflich kleiden, mit großer Behaglichkeit auszurufen: wenn ich Zirkel sage, so meyn' ich eben, was nicht rund ist; sage ich gleich- artig, so heißt das immer noch zusammengesetzt; und sag' ich Weiß, so kann es fürwahr nichts anders hei- ßen als schmutzig.
179.
Betrachten wir nunmehr die Erscheinung nach un- serer Anstalt, so finden wir die schwarzen Züge deutli- cher oder undeutlicher, nicht in Bezug auf die Farben, sondern aufs Hellere oder Dunklere derselben; und zwar sind die Stufen der Deutlichkeit folgende: Gelb, Grün, Blau, Gelbroth und Blauroth; da denn die beyden letztern, je mehr sie sich dem Rande, dem Dunklen nä- hern, die Züge immer undeutlicher darstellen.
180.
Ferner ist hierbey ein gewisser Bildpunct offenbar,
Kammer hermetiſch verfinſtert, die vortrefflichſten Prismen ausgewaͤhlt; und dann will er ſich hinter Zufaͤlligkeiten fluͤchten, daß Wolken vor der Sonne geſtanden, daß durch eine ſchlechte Politur das Prisma unſicher geworden ſey. Der homogenen nie zu homo- geniſirenden Lichter nicht zu gedenken, welche ſich ein- ander verwirren, verunreinigen, in einander greifen, ſich ſtoͤren und niemals das ſind noch werden koͤnnen, was ſie ſeyn ſollen. Mehr als einmal muß uns daher jener beruͤhmte theatraliſche Hetmann der Coſacken ein- fallen, welcher ſich ganz zum Newtonianer geſchickt haͤtte. Denn ihn wuͤrde es vortrefflich kleiden, mit großer Behaglichkeit auszurufen: wenn ich Zirkel ſage, ſo meyn’ ich eben, was nicht rund iſt; ſage ich gleich- artig, ſo heißt das immer noch zuſammengeſetzt; und ſag’ ich Weiß, ſo kann es fuͤrwahr nichts anders hei- ßen als ſchmutzig.
179.
Betrachten wir nunmehr die Erſcheinung nach un- ſerer Anſtalt, ſo finden wir die ſchwarzen Zuͤge deutli- cher oder undeutlicher, nicht in Bezug auf die Farben, ſondern aufs Hellere oder Dunklere derſelben; und zwar ſind die Stufen der Deutlichkeit folgende: Gelb, Gruͤn, Blau, Gelbroth und Blauroth; da denn die beyden letztern, je mehr ſie ſich dem Rande, dem Dunklen naͤ- hern, die Zuͤge immer undeutlicher darſtellen.
180.
Ferner iſt hierbey ein gewiſſer Bildpunct offenbar,
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[459/0513]
Kammer hermetiſch verfinſtert, die vortrefflichſten
Prismen ausgewaͤhlt; und dann will er ſich hinter
Zufaͤlligkeiten fluͤchten, daß Wolken vor der Sonne
geſtanden, daß durch eine ſchlechte Politur das Prisma
unſicher geworden ſey. Der homogenen nie zu homo-
geniſirenden Lichter nicht zu gedenken, welche ſich ein-
ander verwirren, verunreinigen, in einander greifen,
ſich ſtoͤren und niemals das ſind noch werden koͤnnen,
was ſie ſeyn ſollen. Mehr als einmal muß uns daher
jener beruͤhmte theatraliſche Hetmann der Coſacken ein-
fallen, welcher ſich ganz zum Newtonianer geſchickt
haͤtte. Denn ihn wuͤrde es vortrefflich kleiden, mit
großer Behaglichkeit auszurufen: wenn ich Zirkel ſage,
ſo meyn’ ich eben, was nicht rund iſt; ſage ich gleich-
artig, ſo heißt das immer noch zuſammengeſetzt; und
ſag’ ich Weiß, ſo kann es fuͤrwahr nichts anders hei-
ßen als ſchmutzig.
179.
Betrachten wir nunmehr die Erſcheinung nach un-
ſerer Anſtalt, ſo finden wir die ſchwarzen Zuͤge deutli-
cher oder undeutlicher, nicht in Bezug auf die Farben,
ſondern aufs Hellere oder Dunklere derſelben; und zwar
ſind die Stufen der Deutlichkeit folgende: Gelb, Gruͤn,
Blau, Gelbroth und Blauroth; da denn die beyden
letztern, je mehr ſie ſich dem Rande, dem Dunklen naͤ-
hern, die Zuͤge immer undeutlicher darſtellen.
180.
Ferner iſt hierbey ein gewiſſer Bildpunct offenbar,
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/513>, abgerufen am 23.12.2024.
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