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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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dischen Quellen. Von den Heilkräften der Wasser
geht er zu ihrem Schaden über, besonders zu dem,
den sie durch Ueberschwemmung anrichten. Nach den
Quellen des Nils und der weisen Benutzung dieses
Flusses beschäftigen ihn Hagel, Schnee, Eis und
Regen.

Er läßt keine Gelegenheit vorbeygehen, prächtige
und, wenn man den rhetorischen Stil einmal zugeben
will, wirklich köstliche Beschreibungen zu machen, wo-
von die Art, wie er den Nil und was diesen Fluß
betrifft, behandelt, nicht weniger seine Beschreibung
der Ueberschwemmungen und Erdbeben, ein Zeugniß
ablegen mag. Seine Gesinnungen und Meynungen
sind tüchtig. So streitet er z. B. lebhaft gegen die-
jenigen, welche das Quellwasser vom Regen ableiten,
welche behaupten, daß die Cometen eine vorüberge-
hende Erscheinung seyen.

Worin er sich aber vom wahren Physiker am mei-
sten unterscheidet, sind seine beständigen, oft sehr ge-
zwungen herbeygeführten Nutzanwendungen und die
Verknüpfung der höchsten Naturphänomene mit dem Be-
dürfniß, dem Genuß, dem Wahn und dem Ueber-
muth der Menschen.

Zwar sieht man wohl, daß er gegen Leichtgläubig-
keit und Aberglauben im Kampfe steht, daß er den
humanen Wunsch nicht unterdrücken kann, alles was
die Natur uns reicht, möge dem Menschen zum Be-
sten gedeihen; er will, man solle so viel als möglich in

diſchen Quellen. Von den Heilkraͤften der Waſſer
geht er zu ihrem Schaden uͤber, beſonders zu dem,
den ſie durch Ueberſchwemmung anrichten. Nach den
Quellen des Nils und der weiſen Benutzung dieſes
Fluſſes beſchaͤftigen ihn Hagel, Schnee, Eis und
Regen.

Er laͤßt keine Gelegenheit vorbeygehen, praͤchtige
und, wenn man den rhetoriſchen Stil einmal zugeben
will, wirklich koͤſtliche Beſchreibungen zu machen, wo-
von die Art, wie er den Nil und was dieſen Fluß
betrifft, behandelt, nicht weniger ſeine Beſchreibung
der Ueberſchwemmungen und Erdbeben, ein Zeugniß
ablegen mag. Seine Geſinnungen und Meynungen
ſind tuͤchtig. So ſtreitet er z. B. lebhaft gegen die-
jenigen, welche das Quellwaſſer vom Regen ableiten,
welche behaupten, daß die Cometen eine voruͤberge-
hende Erſcheinung ſeyen.

Worin er ſich aber vom wahren Phyſiker am mei-
ſten unterſcheidet, ſind ſeine beſtaͤndigen, oft ſehr ge-
zwungen herbeygefuͤhrten Nutzanwendungen und die
Verknuͤpfung der hoͤchſten Naturphaͤnomene mit dem Be-
duͤrfniß, dem Genuß, dem Wahn und dem Ueber-
muth der Menſchen.

Zwar ſieht man wohl, daß er gegen Leichtglaͤubig-
keit und Aberglauben im Kampfe ſteht, daß er den
humanen Wunſch nicht unterdruͤcken kann, alles was
die Natur uns reicht, moͤge dem Menſchen zum Be-
ſten gedeihen; er will, man ſolle ſo viel als moͤglich in

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[125/0159] diſchen Quellen. Von den Heilkraͤften der Waſſer geht er zu ihrem Schaden uͤber, beſonders zu dem, den ſie durch Ueberſchwemmung anrichten. Nach den Quellen des Nils und der weiſen Benutzung dieſes Fluſſes beſchaͤftigen ihn Hagel, Schnee, Eis und Regen. Er laͤßt keine Gelegenheit vorbeygehen, praͤchtige und, wenn man den rhetoriſchen Stil einmal zugeben will, wirklich koͤſtliche Beſchreibungen zu machen, wo- von die Art, wie er den Nil und was dieſen Fluß betrifft, behandelt, nicht weniger ſeine Beſchreibung der Ueberſchwemmungen und Erdbeben, ein Zeugniß ablegen mag. Seine Geſinnungen und Meynungen ſind tuͤchtig. So ſtreitet er z. B. lebhaft gegen die- jenigen, welche das Quellwaſſer vom Regen ableiten, welche behaupten, daß die Cometen eine voruͤberge- hende Erſcheinung ſeyen. Worin er ſich aber vom wahren Phyſiker am mei- ſten unterſcheidet, ſind ſeine beſtaͤndigen, oft ſehr ge- zwungen herbeygefuͤhrten Nutzanwendungen und die Verknuͤpfung der hoͤchſten Naturphaͤnomene mit dem Be- duͤrfniß, dem Genuß, dem Wahn und dem Ueber- muth der Menſchen. Zwar ſieht man wohl, daß er gegen Leichtglaͤubig- keit und Aberglauben im Kampfe ſteht, daß er den humanen Wunſch nicht unterdruͤcken kann, alles was die Natur uns reicht, moͤge dem Menſchen zum Be- ſten gedeihen; er will, man ſolle ſo viel als moͤglich in

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/159>, abgerufen am 21.11.2024.