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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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niger die Rede; doch sieht man hie und da, wo das
gar zu Abgeschmackte überliefert wird, den klugen Mann,
der sich eine Hinterthüre offen läßt.

Was die Farben betrifft, so werden sie nur bey-
läufig angeführt, wenn verschieden-gefärbte Blumen
hervorgebracht, falsche Edelsteine verfertigt und die Tu-
genden natürlicher Edelsteine gerühmt werden sollen.

Uebrigens bemerkt man wohl, daß in diesen fünf
und dreyßig Jahren die chemischen Kenntnisse sehr ge-
wachsen, und was die physischen betrifft, besonders die
Eigenschaften des Magnets viel genauer bekannt gewor-
den sind.

Ungern verlassen wir einen Mann, von dem noch
vieles zu sagen wäre: denn eine genauere Beachtung
dessen, womit er sich beschäftigt, würde der Geschichte
der Wissenschaften höchst förderlich seyn. Will man
ihn auch nicht für einen solchen Geist erkennen, der
fähig gewesen wäre, die Wissenschaften in irgend einem
Sinne zur Einheit heran zu rufen; so muß man ihn
doch als einen lebhaften, geistreichen Sammler gelten
lassen. Mit unermüdlicher unruhiger Thätigkeit durch-
forscht er das Feld der Erfahrung; seine Aufmerksam-
keit reicht überall hin, seine Sammlerlust kommt nir-
gends unbefriedigt zurück. Nähme man seine sämmtli-
chen Schriften zusammen, das physiognomische Werk
und die Verheimlichungskunst, und was sonst noch von
ihm übrig ist, so würden wir in ihm das ganze Jahr-
hundert abgespiegelt erblicken.



II. 15

niger die Rede; doch ſieht man hie und da, wo das
gar zu Abgeſchmackte uͤberliefert wird, den klugen Mann,
der ſich eine Hinterthuͤre offen laͤßt.

Was die Farben betrifft, ſo werden ſie nur bey-
laͤufig angefuͤhrt, wenn verſchieden-gefaͤrbte Blumen
hervorgebracht, falſche Edelſteine verfertigt und die Tu-
genden natuͤrlicher Edelſteine geruͤhmt werden ſollen.

Uebrigens bemerkt man wohl, daß in dieſen fuͤnf
und dreyßig Jahren die chemiſchen Kenntniſſe ſehr ge-
wachſen, und was die phyſiſchen betrifft, beſonders die
Eigenſchaften des Magnets viel genauer bekannt gewor-
den ſind.

Ungern verlaſſen wir einen Mann, von dem noch
vieles zu ſagen waͤre: denn eine genauere Beachtung
deſſen, womit er ſich beſchaͤftigt, wuͤrde der Geſchichte
der Wiſſenſchaften hoͤchſt foͤrderlich ſeyn. Will man
ihn auch nicht fuͤr einen ſolchen Geiſt erkennen, der
faͤhig geweſen waͤre, die Wiſſenſchaften in irgend einem
Sinne zur Einheit heran zu rufen; ſo muß man ihn
doch als einen lebhaften, geiſtreichen Sammler gelten
laſſen. Mit unermuͤdlicher unruhiger Thaͤtigkeit durch-
forſcht er das Feld der Erfahrung; ſeine Aufmerkſam-
keit reicht uͤberall hin, ſeine Sammlerluſt kommt nir-
gends unbefriedigt zuruͤck. Naͤhme man ſeine ſaͤmmtli-
chen Schriften zuſammen, das phyſiognomiſche Werk
und die Verheimlichungskunſt, und was ſonſt noch von
ihm uͤbrig iſt, ſo wuͤrden wir in ihm das ganze Jahr-
hundert abgeſpiegelt erblicken.



II. 15
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[225/0259] niger die Rede; doch ſieht man hie und da, wo das gar zu Abgeſchmackte uͤberliefert wird, den klugen Mann, der ſich eine Hinterthuͤre offen laͤßt. Was die Farben betrifft, ſo werden ſie nur bey- laͤufig angefuͤhrt, wenn verſchieden-gefaͤrbte Blumen hervorgebracht, falſche Edelſteine verfertigt und die Tu- genden natuͤrlicher Edelſteine geruͤhmt werden ſollen. Uebrigens bemerkt man wohl, daß in dieſen fuͤnf und dreyßig Jahren die chemiſchen Kenntniſſe ſehr ge- wachſen, und was die phyſiſchen betrifft, beſonders die Eigenſchaften des Magnets viel genauer bekannt gewor- den ſind. Ungern verlaſſen wir einen Mann, von dem noch vieles zu ſagen waͤre: denn eine genauere Beachtung deſſen, womit er ſich beſchaͤftigt, wuͤrde der Geſchichte der Wiſſenſchaften hoͤchſt foͤrderlich ſeyn. Will man ihn auch nicht fuͤr einen ſolchen Geiſt erkennen, der faͤhig geweſen waͤre, die Wiſſenſchaften in irgend einem Sinne zur Einheit heran zu rufen; ſo muß man ihn doch als einen lebhaften, geiſtreichen Sammler gelten laſſen. Mit unermuͤdlicher unruhiger Thaͤtigkeit durch- forſcht er das Feld der Erfahrung; ſeine Aufmerkſam- keit reicht uͤberall hin, ſeine Sammlerluſt kommt nir- gends unbefriedigt zuruͤck. Naͤhme man ſeine ſaͤmmtli- chen Schriften zuſammen, das phyſiognomiſche Werk und die Verheimlichungskunſt, und was ſonſt noch von ihm uͤbrig iſt, ſo wuͤrden wir in ihm das ganze Jahr- hundert abgeſpiegelt erblicken. II. 15

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/259>, abgerufen am 25.11.2024.