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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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Farben, und wenn er beynahe in allen Theilen der
Kunst Blößen gegeben, so geschah es doch vorzüglich
im Colorit und der Harmonie der Farben, wo er
Geschmack und Regeln am frechsten beleidigte.

Romanelli, Cignani, Franceschini, Lutti und
andre haben vielleicht weniger geirrt, doch finden wir
unnöthig etwas weiter von ihnen zu sagen, weil
keiner derselben sich auf eine bedeutende Art aus-
gezeichnet.

In Frankreich blühte vornehmlich die Bildniß-
malerey. Rigaud und Largilliere wurden als große
Meister dieses Faches angeschen, indessen mußten sie
sich nach den grellen rauschenden Farben bequemen,
welche die Mode ihrer Zeit erforderte; doch würden
sie auch, vermöge der allgemeinen Richtung des Ge-
schmacks ihrer Schule, bey völliger Freyheit, in Be-
treff der Harmonie der Farben, wahrscheinlich nur
wenig geleistet haben: wie wir an Coypel, Wateau,
Lancret, Restout und vielen andern wahrnehmen.
Jouvenet, von Anlagen einer der achtungswerthesten
Künstler der französischen Schule, hat in den Ge-
mälden, welche wir von ihm gesehen, bloß die Ueber-
einstimmung, welche ein gelber Ton und sein schmel-
zender Pinsel gewähren können.

Die schöne Zeit der niederländischen Schule war
bereits vorübergegangen. Sie bietet uns nichts be-
merkenswerthes für diese unsre Betrachtungen.

Farben, und wenn er beynahe in allen Theilen der
Kunſt Bloͤßen gegeben, ſo geſchah es doch vorzuͤglich
im Colorit und der Harmonie der Farben, wo er
Geſchmack und Regeln am frechſten beleidigte.

Romanelli, Cignani, Franceschini, Lutti und
andre haben vielleicht weniger geirrt, doch finden wir
unnoͤthig etwas weiter von ihnen zu ſagen, weil
keiner derſelben ſich auf eine bedeutende Art aus-
gezeichnet.

In Frankreich bluͤhte vornehmlich die Bildniß-
malerey. Rigaud und Largilliere wurden als große
Meiſter dieſes Faches angeſchen, indeſſen mußten ſie
ſich nach den grellen rauſchenden Farben bequemen,
welche die Mode ihrer Zeit erforderte; doch wuͤrden
ſie auch, vermoͤge der allgemeinen Richtung des Ge-
ſchmacks ihrer Schule, bey voͤlliger Freyheit, in Be-
treff der Harmonie der Farben, wahrſcheinlich nur
wenig geleiſtet haben: wie wir an Coypel, Wateau,
Lancret, Reſtout und vielen andern wahrnehmen.
Jouvenet, von Anlagen einer der achtungswertheſten
Kuͤnſtler der franzoͤſiſchen Schule, hat in den Ge-
maͤlden, welche wir von ihm geſehen, bloß die Ueber-
einſtimmung, welche ein gelber Ton und ſein ſchmel-
zender Pinſel gewaͤhren koͤnnen.

Die ſchoͤne Zeit der niederlaͤndiſchen Schule war
bereits voruͤbergegangen. Sie bietet uns nichts be-
merkenswerthes fuͤr dieſe unſre Betrachtungen.

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[372/0406] Farben, und wenn er beynahe in allen Theilen der Kunſt Bloͤßen gegeben, ſo geſchah es doch vorzuͤglich im Colorit und der Harmonie der Farben, wo er Geſchmack und Regeln am frechſten beleidigte. Romanelli, Cignani, Franceschini, Lutti und andre haben vielleicht weniger geirrt, doch finden wir unnoͤthig etwas weiter von ihnen zu ſagen, weil keiner derſelben ſich auf eine bedeutende Art aus- gezeichnet. In Frankreich bluͤhte vornehmlich die Bildniß- malerey. Rigaud und Largilliere wurden als große Meiſter dieſes Faches angeſchen, indeſſen mußten ſie ſich nach den grellen rauſchenden Farben bequemen, welche die Mode ihrer Zeit erforderte; doch wuͤrden ſie auch, vermoͤge der allgemeinen Richtung des Ge- ſchmacks ihrer Schule, bey voͤlliger Freyheit, in Be- treff der Harmonie der Farben, wahrſcheinlich nur wenig geleiſtet haben: wie wir an Coypel, Wateau, Lancret, Reſtout und vielen andern wahrnehmen. Jouvenet, von Anlagen einer der achtungswertheſten Kuͤnſtler der franzoͤſiſchen Schule, hat in den Ge- maͤlden, welche wir von ihm geſehen, bloß die Ueber- einſtimmung, welche ein gelber Ton und ſein ſchmel- zender Pinſel gewaͤhren koͤnnen. Die ſchoͤne Zeit der niederlaͤndiſchen Schule war bereits voruͤbergegangen. Sie bietet uns nichts be- merkenswerthes fuͤr dieſe unſre Betrachtungen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/406>, abgerufen am 21.11.2024.