zwar als beschwerlich und verdrießlich (troublesome) angegeben und, wie auch Newton schon gethan, mit einer bequemern ausgetauscht, und man glaubt nun es solle direct auf den Gegner losgehen, es werde dasje- nige was er behauptet, umgestoßen, dasjenige was er geläugnet, bewiesen werden.
Allein Desaguliers verfährt völlig auf die Newtoni- sche Manier und bringt ganz unschuldig bey: er wolle auch noch einige begleitende Versuche (concomitant) vorführen. Nun ist aber an diesem elften Experiment gar nichts zu begleiten: wenn es bestehen könnte, müßte es für sich bestehen. Desaguliers Absicht aber ist, wie man wohl einsieht, die ganze Newtonische Lehre von vorn herein festzusetzen, damit das was am elften Versuche fehlt, gegen die schon gegründete Lehre unbedeutend scheinen möge: eine Wendung, deren sich die Schule fortdauernd bedient hat. Er bringt daher nicht Einen sondern neun Versuche vor, welche sämmt- lich mit gewissen Versu[ch]en der Optik correspondiren, die wir deswegen nur kürzlich anzeigen, und unsern Lesern dasjenige was wir bey jedem einzelnen im pole- mischen Theile zur Sprache gebracht, zur Erinnerung empfehlen.
1) Versuch mit einem rothen und blauen Bande nebeneinander, durchs Prisma angesehn. Der erste Versuch des ersten Theils mit einigen Veränderungen. Dieser wegen seiner Scheinbarkeit Newtonen so wich- tige Versuch, daß er seine Optik damit eröffnet, steht
zwar als beſchwerlich und verdrießlich (troublesome) angegeben und, wie auch Newton ſchon gethan, mit einer bequemern ausgetauſcht, und man glaubt nun es ſolle direct auf den Gegner losgehen, es werde dasje- nige was er behauptet, umgeſtoßen, dasjenige was er gelaͤugnet, bewieſen werden.
Allein Desaguliers verfaͤhrt voͤllig auf die Newtoni- ſche Manier und bringt ganz unſchuldig bey: er wolle auch noch einige begleitende Verſuche (concomitant) vorfuͤhren. Nun iſt aber an dieſem elften Experiment gar nichts zu begleiten: wenn es beſtehen koͤnnte, muͤßte es fuͤr ſich beſtehen. Desaguliers Abſicht aber iſt, wie man wohl einſieht, die ganze Newtoniſche Lehre von vorn herein feſtzuſetzen, damit das was am elften Verſuche fehlt, gegen die ſchon gegruͤndete Lehre unbedeutend ſcheinen moͤge: eine Wendung, deren ſich die Schule fortdauernd bedient hat. Er bringt daher nicht Einen ſondern neun Verſuche vor, welche ſaͤmmt- lich mit gewiſſen Verſu[ch]en der Optik correſpondiren, die wir deswegen nur kuͤrzlich anzeigen, und unſern Leſern dasjenige was wir bey jedem einzelnen im pole- miſchen Theile zur Sprache gebracht, zur Erinnerung empfehlen.
1) Verſuch mit einem rothen und blauen Bande nebeneinander, durchs Prisma angeſehn. Der erſte Verſuch des erſten Theils mit einigen Veraͤnderungen. Dieſer wegen ſeiner Scheinbarkeit Newtonen ſo wich- tige Verſuch, daß er ſeine Optik damit eroͤffnet, ſteht
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zwar als beſchwerlich und verdrießlich (troublesome)
angegeben und, wie auch Newton ſchon gethan, mit
einer bequemern ausgetauſcht, und man glaubt nun es
ſolle direct auf den Gegner losgehen, es werde dasje-
nige was er behauptet, umgeſtoßen, dasjenige was er
gelaͤugnet, bewieſen werden.
Allein Desaguliers verfaͤhrt voͤllig auf die Newtoni-
ſche Manier und bringt ganz unſchuldig bey: er wolle
auch noch einige begleitende Verſuche (concomitant)
vorfuͤhren. Nun iſt aber an dieſem elften Experiment
gar nichts zu begleiten: wenn es beſtehen koͤnnte,
muͤßte es fuͤr ſich beſtehen. Desaguliers Abſicht aber
iſt, wie man wohl einſieht, die ganze Newtoniſche
Lehre von vorn herein feſtzuſetzen, damit das was am
elften Verſuche fehlt, gegen die ſchon gegruͤndete Lehre
unbedeutend ſcheinen moͤge: eine Wendung, deren ſich
die Schule fortdauernd bedient hat. Er bringt daher
nicht Einen ſondern neun Verſuche vor, welche ſaͤmmt-
lich mit gewiſſen Verſuchen der Optik correſpondiren,
die wir deswegen nur kuͤrzlich anzeigen, und unſern
Leſern dasjenige was wir bey jedem einzelnen im pole-
miſchen Theile zur Sprache gebracht, zur Erinnerung
empfehlen.
1) Verſuch mit einem rothen und blauen Bande
nebeneinander, durchs Prisma angeſehn. Der erſte
Verſuch des erſten Theils mit einigen Veraͤnderungen.
Dieſer wegen ſeiner Scheinbarkeit Newtonen ſo wich-
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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/492>, abgerufen am 22.11.2024.
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