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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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nannt, vorgetragen. Unsere chemischen Farben finden
sich bey ihm unter dem Titel der permanenten oder
natürlichen.

Zum Grunde von allen Farbenerscheinungen legt
er, wie schon oben bemerkt, dasjenige was wir unter
der Lehre von trüben Mitteln begreifen. Er nennt
diese Farben die variirenden, weil ein trübes Mittel,
je nachdem es Bezug auf eine helle oder dunkle Unter-
lage hat, verschiedene Farben zeigt. Auf diesem Wege
erklärt er auch die Farben der Körper, wie wir es
auf eine ähnliche Weise gethan haben.

Die apparenten leitet er gleichfalls davon ab, und
nähert sich dabey unserer Darstellung vom Doppelbild;
weil er aber das Doppelbild nicht als Factum stehen läßt,
sondern die Ursache desselben zugleich mit erklären will:
so muß er seine Dispersion herbeybringen, wodurch
donn die Sache sehr mühselig wird.

So sind auch seine Figuren höchst unerfreulich und
beschwerlich zu entziffern; da hingegen die New-
tonischen, obgleich meistens falsch, den großen Vor-
theil haben, bequem zu seyn und deshalb faßlich zu
scheinen.

Bey den physiologischen, seinen imaginären, be-
merkt er recht gut den Unterschied der abklingenden
Farbenerscheinung auf dunklem und hellem Grunde;
weil ihm aber das wichtige, von Plato anerkannte

30 *

nannt, vorgetragen. Unſere chemiſchen Farben finden
ſich bey ihm unter dem Titel der permanenten oder
natuͤrlichen.

Zum Grunde von allen Farbenerſcheinungen legt
er, wie ſchon oben bemerkt, dasjenige was wir unter
der Lehre von truͤben Mitteln begreifen. Er nennt
dieſe Farben die variirenden, weil ein truͤbes Mittel,
je nachdem es Bezug auf eine helle oder dunkle Unter-
lage hat, verſchiedene Farben zeigt. Auf dieſem Wege
erklaͤrt er auch die Farben der Koͤrper, wie wir es
auf eine aͤhnliche Weiſe gethan haben.

Die apparenten leitet er gleichfalls davon ab, und
naͤhert ſich dabey unſerer Darſtellung vom Doppelbild;
weil er aber das Doppelbild nicht als Factum ſtehen laͤßt,
ſondern die Urſache deſſelben zugleich mit erklaͤren will:
ſo muß er ſeine Diſperſion herbeybringen, wodurch
donn die Sache ſehr muͤhſelig wird.

So ſind auch ſeine Figuren hoͤchſt unerfreulich und
beſchwerlich zu entziffern; da hingegen die New-
toniſchen, obgleich meiſtens falſch, den großen Vor-
theil haben, bequem zu ſeyn und deshalb faßlich zu
ſcheinen.

Bey den phyſiologiſchen, ſeinen imaginaͤren, be-
merkt er recht gut den Unterſchied der abklingenden
Farbenerſcheinung auf dunklem und hellem Grunde;
weil ihm aber das wichtige, von Plato anerkannte

30 *
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[467/0501] nannt, vorgetragen. Unſere chemiſchen Farben finden ſich bey ihm unter dem Titel der permanenten oder natuͤrlichen. Zum Grunde von allen Farbenerſcheinungen legt er, wie ſchon oben bemerkt, dasjenige was wir unter der Lehre von truͤben Mitteln begreifen. Er nennt dieſe Farben die variirenden, weil ein truͤbes Mittel, je nachdem es Bezug auf eine helle oder dunkle Unter- lage hat, verſchiedene Farben zeigt. Auf dieſem Wege erklaͤrt er auch die Farben der Koͤrper, wie wir es auf eine aͤhnliche Weiſe gethan haben. Die apparenten leitet er gleichfalls davon ab, und naͤhert ſich dabey unſerer Darſtellung vom Doppelbild; weil er aber das Doppelbild nicht als Factum ſtehen laͤßt, ſondern die Urſache deſſelben zugleich mit erklaͤren will: ſo muß er ſeine Diſperſion herbeybringen, wodurch donn die Sache ſehr muͤhſelig wird. So ſind auch ſeine Figuren hoͤchſt unerfreulich und beſchwerlich zu entziffern; da hingegen die New- toniſchen, obgleich meiſtens falſch, den großen Vor- theil haben, bequem zu ſeyn und deshalb faßlich zu ſcheinen. Bey den phyſiologiſchen, ſeinen imaginaͤren, be- merkt er recht gut den Unterſchied der abklingenden Farbenerſcheinung auf dunklem und hellem Grunde; weil ihm aber das wichtige, von Plato anerkannte 30 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/501>, abgerufen am 22.11.2024.