Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

fallen alsdann meistentheils in die schattige Atmo-
sphäre.

19.

Auch das Meer erscheint purpurähnlich, wenn die
erregten Wellen beym Niederbeugen beschattet werden,
indem die Sonnenstrahlen nur schwach in die Biegung
einfallen können.

20.

Ein gleiches erblicken wir auch auf den Federn,
denn wenn sie in einem gewissen Sinne gegen das
Licht ausgebreitet werden, so haben sie eine Purpur-
farbe, wenn aber weniger Licht einfällt, eine dunkle,
die man orphninos nennt.

21.

Wird aber das Licht, durch ein häufiges und rei-
nes Schwarz, gemäßigt, so erscheint ein Gelbroth,
das, so wie es lebhaft wird und leuchtet, in Flam-
menfarbe übergeht.

22.

Diese Erscheinungen können wir daher als die
wechselseitigen Wirkungen des gewissermaßen verkör-
perten Schwarzen und Weißen von der einen, und des
Lichts von der andern Seite, recht wohl annehmen,
ohne zu behaupten, daß gedachte Farben immer auf
dieselbe Weise entstehen müssen.

23.

Denn es ist bey den Farben nicht allein das ein-
fache Verhältniß zu betrachten, sondern es giebt auch

fallen alsdann meiſtentheils in die ſchattige Atmo-
ſphaͤre.

19.

Auch das Meer erſcheint purpuraͤhnlich, wenn die
erregten Wellen beym Niederbeugen beſchattet werden,
indem die Sonnenſtrahlen nur ſchwach in die Biegung
einfallen koͤnnen.

20.

Ein gleiches erblicken wir auch auf den Federn,
denn wenn ſie in einem gewiſſen Sinne gegen das
Licht ausgebreitet werden, ſo haben ſie eine Purpur-
farbe, wenn aber weniger Licht einfaͤllt, eine dunkle,
die man orphninos nennt.

21.

Wird aber das Licht, durch ein haͤufiges und rei-
nes Schwarz, gemaͤßigt, ſo erſcheint ein Gelbroth,
das, ſo wie es lebhaft wird und leuchtet, in Flam-
menfarbe uͤbergeht.

22.

Dieſe Erſcheinungen koͤnnen wir daher als die
wechſelſeitigen Wirkungen des gewiſſermaßen verkoͤr-
perten Schwarzen und Weißen von der einen, und des
Lichts von der andern Seite, recht wohl annehmen,
ohne zu behaupten, daß gedachte Farben immer auf
dieſelbe Weiſe entſtehen muͤſſen.

23.

Denn es iſt bey den Farben nicht allein das ein-
fache Verhaͤltniß zu betrachten, ſondern es giebt auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0063" n="29"/>
fallen alsdann mei&#x017F;tentheils in die &#x017F;chattige Atmo-<lb/>
&#x017F;pha&#x0364;re.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>19.</head><lb/>
              <p>Auch das Meer er&#x017F;cheint purpura&#x0364;hnlich, wenn die<lb/>
erregten Wellen beym Niederbeugen be&#x017F;chattet werden,<lb/>
indem die Sonnen&#x017F;trahlen nur &#x017F;chwach in die Biegung<lb/>
einfallen ko&#x0364;nnen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>20.</head><lb/>
              <p>Ein gleiches erblicken wir auch auf den Federn,<lb/>
denn wenn &#x017F;ie in einem gewi&#x017F;&#x017F;en Sinne gegen das<lb/>
Licht ausgebreitet werden, &#x017F;o haben &#x017F;ie eine Purpur-<lb/>
farbe, wenn aber weniger Licht einfa&#x0364;llt, eine dunkle,<lb/>
die man <hi rendition="#g">orphninos</hi> nennt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>21.</head><lb/>
              <p>Wird aber das Licht, durch ein ha&#x0364;ufiges und rei-<lb/>
nes Schwarz, gema&#x0364;ßigt, &#x017F;o er&#x017F;cheint ein Gelbroth,<lb/>
das, &#x017F;o wie es lebhaft wird und leuchtet, in Flam-<lb/>
menfarbe u&#x0364;bergeht.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>22.</head><lb/>
              <p>Die&#x017F;e Er&#x017F;cheinungen ko&#x0364;nnen wir daher als die<lb/>
wech&#x017F;el&#x017F;eitigen Wirkungen des gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen verko&#x0364;r-<lb/>
perten Schwarzen und Weißen von der einen, und des<lb/>
Lichts von der andern Seite, recht wohl annehmen,<lb/>
ohne zu behaupten, daß gedachte Farben immer auf<lb/>
die&#x017F;elbe Wei&#x017F;e ent&#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>23.</head><lb/>
              <p>Denn es i&#x017F;t bey den Farben nicht allein das ein-<lb/>
fache Verha&#x0364;ltniß zu betrachten, &#x017F;ondern es giebt auch<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0063] fallen alsdann meiſtentheils in die ſchattige Atmo- ſphaͤre. 19. Auch das Meer erſcheint purpuraͤhnlich, wenn die erregten Wellen beym Niederbeugen beſchattet werden, indem die Sonnenſtrahlen nur ſchwach in die Biegung einfallen koͤnnen. 20. Ein gleiches erblicken wir auch auf den Federn, denn wenn ſie in einem gewiſſen Sinne gegen das Licht ausgebreitet werden, ſo haben ſie eine Purpur- farbe, wenn aber weniger Licht einfaͤllt, eine dunkle, die man orphninos nennt. 21. Wird aber das Licht, durch ein haͤufiges und rei- nes Schwarz, gemaͤßigt, ſo erſcheint ein Gelbroth, das, ſo wie es lebhaft wird und leuchtet, in Flam- menfarbe uͤbergeht. 22. Dieſe Erſcheinungen koͤnnen wir daher als die wechſelſeitigen Wirkungen des gewiſſermaßen verkoͤr- perten Schwarzen und Weißen von der einen, und des Lichts von der andern Seite, recht wohl annehmen, ohne zu behaupten, daß gedachte Farben immer auf dieſelbe Weiſe entſtehen muͤſſen. 23. Denn es iſt bey den Farben nicht allein das ein- fache Verhaͤltniß zu betrachten, ſondern es giebt auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/63
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/63>, abgerufen am 25.11.2024.